"Tote durch Unwetter", titelt Het Laatste Nieuws. "Den Atem anhalten angesichts der Überschwemmungen", so die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. "An vier von zehn Messpunkten sind die Pegelstände schon extrem hoch", schreibt De Tijd auf Seite eins.
Der Neujahrssturm mit seinen ergiebigen Regenfällen hat auch Belgien fest im Griff. Im ostflämischen Lembeke ist am Abend eine 59-jährige Frau ums Leben gekommen, nachdem sie von Bruchstücken eines umgewehten Zauns getroffen worden war. Und an vielen Flussläufen ist die Lage derzeit sehr angespannt. Das gilt vor allem für den Westen des Landes. In den Provinzen Ostflandern und Flämisch-Brabant wurde der Katastrophenplan in Kraft gesetzt. "Und es wird noch mehr Regen erwartet", so die bedrohliche Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Sandkasten-Querelen bei Vivaldi sorgen für "suboptimale Situation"
Ein weiteres Thema ist das Chaos an der Spitze der Nationalbank. "Pierre Wunsch bleibt vorerst BNB-Gouverneur", notiert nüchtern das GrenzEcho. "Die Nationalbank hat jetzt einen 'diensttuenden Gouverneur'", stellt De Tijd auf ihrer Titelseite fest; "Und es herrscht großer Ärger über die Frickelei an der Spitze der BNB", fügt die Zeitung kritisch hinzu.
Die Föderalregierung hat es versäumt, das Mandat von BNB-Gouverneur Pierre Wunsch fristgerecht zu verlängern. Hintergrund waren interne Streitigkeiten innerhalb der Vivaldi-Koalition. Der Regentenrat, also das Aufsichtsgremium der Nationalbank, hat nun beschlossen, Pierre Wunsch vorläufig im Amt zu halten.
"So etwas gibt es wirklich nur in Belgien", echauffiert sich Le Soir in seinem Leitartikel. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Der Gouverneur der Nationalbank, der also eine Schlüsselposition in der belgischen Wirtschafts- und Finanzwelt einnimmt, muss sich jetzt selbst "ad interim" nachfolgen, bis er dann doch irgendwann definitiv in diesem Amt bestätigt wird. Entschieden hat das der Regentenrat, der dafür eigentlich gar nicht zuständig ist. Reine Flickschusterei also! Und das beklagt sogar die altehrwürdige Institution selbst, wenn sie von einer "suboptimalen Situation" spricht.
Und was ist der Grund für diesen faulen Zauber? Nicht irgendein unvorhergesehenes Ereignis! Keine wohldurchdachte Dringlichkeits-Maßnahme! Keine berechtigten Zweifel an den Fähigkeiten von Pierre Wunsch! Nein! Schuld sind Sandkasten-Querelen innerhalb der Vivaldi-Koalition! Dass man dafür das Image des Landes aufs Spiel setzt, sogar dessen finanzielle Stabilität, das ist einfach nur ein schlechter Witz!
Keine Staatsführung, die diesen Namen verdient
"Wie ist es möglich?", fragt sich auch empört La Libre Belgique. Die Benennung beziehungsweise Mandatsverlängerung des Gouverneurs der Nationalbank, so etwas entscheidet man doch nicht zwischen Tür und Angel! Eine solche Entscheidung will doch von langer Hand vorbereitet sein! Es kann doch nicht wahr sein, dass das am Ende zum Gegenstand eines bloßen Kuhhandels, eines politischen Spielchens wird. Wann kriegen wir endlich eine Staatsführung, die diesen Namen auch verdient?
Das Schauspiel an der Spitze der Nationalbank ist jedenfalls völlig unangemessen, meint De Tijd. Dass eine solche Personalie zum Gegenstand politischer Ränkespiele wird, das ist eine regelrechte Schande. Hier fällt vor allem der Name Frank Vandenbroucke. Es heißt, der Vooruit-Vizepremier habe auf stur geschaltet, weil die Koalitionspartner eins seiner Steckenpferde blockiert haben. Nun, wer zu solchen Mitteln greift, weil er seinen Willen nicht durchsetzen kann, der ist für ein Ministeramt nicht geeignet.
Schlechte Werbung für Belgien
Das ganze Theater ist jedenfalls eine denkbar schlechte Werbung für das Land, ist L'Echo überzeugt. Dass sich die Vivaldi-Partner gegenseitig Knüppel zwischen die Beine werfen, das kennen wir ja längst. Dass das Ganze aber solche Ausmaße annimmt, dass selbst die internationale Außenwelt die Augen verdreht, das geht dann doch zu weit. Und das ausgerechnet jetzt, wo doch Belgien den EU-Ratsvorsitz übernimmt.
Die Vivaldi-Regierung hat sich jetzt jedenfalls selbst die Krone aufgesetzt, giftet Het Nieuwsblad. Im negativen Sinne versteht sich. Wirklich harmoniert hat diese Equipe nie. Dieser würdelose Hahnenkampf schlägt dem Fass allerdings den Boden aus. Jetzt ist wirklich auch noch der letzte Zweifel ausgeräumt: Vivaldi ist tot und begraben. Zeit für die Wahlen.
Chronik einer angekündigten Silvesternacht: Und die Prävention?
Einige Leitartikler kommen auch nochmal zurück auf die Silvesterkrawalle, die sich ja diesmal nicht mehr ausschließlich auf Brüssel beschränkt haben. Es ist gewissermaßen die Chronik einer angekündigten Nacht, meint Het Laatste Nieuws. Ausgebrannte Autos, verwüstete Straßenzüge, das Ganze hat inzwischen schon traurige Tradition. Unbegreiflich ist und bleibt aber, mit welcher Vehemenz sich die Randalierer an den Rettungsdiensten vergreifen. Da wurden Notarztwagen blockiert oder gar geplündert, Feuerwehrleute am Löschen gehindert. Aber das eigentlich Schlimme ist, dass es immer noch Politiker gibt, die derlei Vorfälle relativieren. Vielleicht wollen sie damit Rechtsextremen nicht noch zusätzlich Auftrieb geben. Vielleicht wollen sie schlichtweg nur Wähler mit Migrationshintergrund nicht brüskieren. Nur machen sie das Ganze dadurch nicht besser.
Angesichts der teilweise unfassbaren Bilder wird der Ruf nach strengeren Strafen immer lauter. Und das ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, meint nachdenklich De Morgen. Doch sehen wir hier nur die Spitze des Eisbergs. Solche Gewaltexplosionen kommen nicht aus heiterem Himmel. Im Grunde zeigt sich hier, was passiert, wenn die Prävention versagt. Um junge Menschen mit Risikoprofil muss man sich zeitig genug kümmern. Sie müssen schon bei den ersten Anzeichen von auffälligem Verhalten an Psychologen oder Psychiater weiterverwiesen oder in geeigneten Strukturen untergebracht werden können. Strenge Strafen allein werden das Problem nicht lösen; es bedarf vor allem einer angemessenen Betreuung.
Roger Pint