"Gaza – die israelische Armee intensiviert ihre Offensive", titeln Le Soir und La Libre Belgique. "Die Bodenoffensive in Gaza weitet sich stündlich aus", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Chaos und Verzweiflung in Gaza", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins.
Die israelische Armee rückt schrittweise in den Gazastreifen vor. Der Vormarsch wird begleitet von massiven Luftangriffen. "Dabei geraten auch mehr und mehr Krankenhäuser ins Visier", notiert De Morgen. Und "die ganze Welt geht inzwischen auf die Straße für die Palästinenser", titelt Gazet van Antwerpen. "Weltweit Proteste und Aufrufe zu Feuerpause", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Der Krieg im Nahen Osten geht jetzt in eine neue Phase, analysiert De Morgen in seinem Leitartikel. Unklar ist noch, ob dies nun der Beginn der großangelegten Bodenoffensive ist, mit der Israel schon seit längerer Zeit droht. Fest steht aber, dass diese neue Phase noch mehr menschliches Leid bringen wird, und das insbesondere für die zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens, die festsitzen zwischen Hammer und Amboss. Nicht nur aus militärischer Sicht birgt eine Invasion große Risiken, auch politisch gesehen ist diese Unternehmung heikel. Im Grunde kann die Hamas diesen Krieg nicht verlieren. Selbst wenn der Großteil der Terrororganisation ausgeschaltet wird, so wird dadurch doch der Nährboden für die Hamas nur fruchtbarer. Nicht vergessen: Die Invasion in Afghanistan und den Irak, in der Folge der Terroranschläge vom 11. September, war die Geburtsstunde der Terrororganisation IS. Selbst in den USA hat man diese Lektion inzwischen gelernt.
Israel tappt in die Falle der Hamas
Was da gerade im Gazastreifen passiert, ist schlicht und einfach unannehmbar, findet auch Gazet van Antwerpen. So grausam und unmenschlich der Terrorangriff der Hamas auch gewesen sein mag: Zwei Millionen Menschen einzusperren, ohne Wasser, ohne Lebensmittel, ohne medizinische Hilfe, und sie dann auch noch tagelang mit einem regelrechten Bombenteppich zu überziehen, ist in keiner Weise zu rechtfertigen.
Israel tut genau das, was die Hamas gehofft hatte, ist Het Belang van Limburg überzeugt. Natürlich war eine israelische Reaktion nach dem Blutbad vom 7. Oktober unvermeidlich. Durch die Art und Weise, wie Israel Vergeltung üben will, droht das Ganze aber nur noch schlimmer zu werden. Nicht nur durch die Vorgeschichte, die geprägt ist von mitunter brutaler Unterdrückung, sondern jetzt erst recht durch die unverhältnismäßige Gewalt mit Hunderten palästinensischen Zivilopfern, setzt sich Israel letztlich auf dieselbe Stufe wie die Hamas. Genau das ist die Falle, die die Hamas Israel gestellt hatte. Und Israel ist sehenden Auges hineingetappt.
Wie viele Zivilopfer muss es geben?
Genau davor hatten die USA die israelische Regierung gewarnt, konstatiert La Libre Belgique. Washington hatte Israel wärmstens empfohlen, den Unterschied zu machen, zwischen legitimen militärischen Zielen und Zivilisten. Israel hat tatsächlich viele gute Gründe, mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Stattdessen wird die Liste mutmaßlicher Kriegsverbrechen immer länger.
Natürlich hat Israel das Recht, sich zu verteidigen, findet Het Laatste Nieuws. "Erst recht Israel", möchte man sagen. Kein Volk hat in seiner langen Geschichte mehr gelitten als das jüdische. Das Unrecht, das die Menschheit dieser Bevölkerungsgruppe angetan hat, übersteigt unser Fassungsvermögen. Und auch nach dem Holocaust blieb den Juden externe Gewalt nie wirklich erspart. Und dann kamen die monströsen Anschläge der Hamas. Israel hat also wirklich jedes Recht auf Selbstverteidigung, gar Vergeltung. Aber wie viele Zivilopfer muss es geben, bis man nicht mehr von Kollateralschäden sprechen kann? Wie weit reicht der Blankoscheck, über den der israelische Ministerpräsident Netanjahu zu verfügen glaubt? Wie viele palästinensische Zivilopfer ist ein israelisches Terroropfer wert? Will da jemand eine Zahl draufsetzen? Wann hört das auf? Bei 10.000 Toten? Bei 50.000? Bei sechs Millionen? Bei jedem Einzelnen dieser Zivilopfer wird der Antisemitismus größer und wird die Welt noch ein bisschen unsicherer.
Eine weitere Eskalation scheint unabwendbar
Die schrecklichen Bilder aus dem Gazastreifen sind unerträglich, meint auch Le Soir. Und nein! Das ist nicht mehr hinnehmbar! Diese Gewaltspirale muss gestoppt werden! Denn all das sorgt nur für mehr Hass, einen Zyklus ewiger Blutrache. Doch leider wird es immer schwieriger, diese Überzeugungen auszusprechen, ohne den Eindruck zu erwecken, für eine Seite Partei zu ergreifen. Mehr noch: Das ist inzwischen sogar gefährlich geworden. Auch diese immer weiter zunehmende Polarisierung muss durchbrochen werden. Wir brauchen eine breite Mobilisierung, um beide Seiten zur Mäßigung aufzurufen: Ein Ende der Gewalt, eine sofortige humanitäre Feuerpause, die unverzügliche Freilassung der Geiseln. Damit stellt man sich nicht auf eine der beiden Seiten, man entscheidet sich nur für das Lager derer, die ungerecht behandelt werden, unabhängig von deren Herkunft oder Religion. Im Moment mag es so aussehen, als wäre eine immer weitere Eskalation quasi ein unabwendbares Schicksal, fast schon eine notwendige Episode, um begangene Verbrechen zu sühnen. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, dürfen nicht wie gelähmte Augenzeugen an der Seitenlinie stehen bleiben.
Roger Pint