"Israel weitet am Abend seine Angriffe im Gazastreifen aus – Safadi: Bodenkrieg gegen Gaza gestartet", meldet das GrenzEcho mit einem Zitat des jordanischen Außenministers. "Die Bombardierungen in Gaza werden intensiver, Israel gibt an, seine Bodenoffensive 'auszuweiten'", schreibt L'Echo auf Seite eins. "Israel verstärkt seine Angriffe auf Gaza weiter", titeln Het Belang van Limburg und Het Nieuwsblad.
Die EU stellt im Hinblick auf den Nahostkonflikt erneut unter Beweis, dass ihre gemeinsame Außenpolitik an Grenzen stößt, weil sie keine einheitliche Linie verfolgt, kommentiert das GrenzEcho zur gemeinsamen Erklärung der 27 EU-Mitgliedsstaaten zum Nahostkonflikt.
Um allen gerecht zu werden, hat man auf EU-Ebene wieder einmal einen Kompromisstext ausgearbeitet, bei dem jedes Wort und Komma zählt. So gibt es keine Forderung nach einem weitgehenden Waffenstillstand, wohl aber ruft die EU zu "humanitären Pausen" bei den Kampfhandlungen und zur Einrichtung von "humanitären Korridoren" auf. Mit der Verwendung des Wortes "Pausen" im Plural verzichtet die EU darauf, von Israel zu verlangen, den Kampf gegen die Hamas sofort und dauerhaft einzustellen.
Es spricht nicht für die Glaubwürdigkeit der EU, wenn man selbst als Moralapostel auftritt und mit dem erhobenen Zeigefinger unterwegs ist, selber aber solche semantischen Klimmzüge unternehmen muss, statt klar und deutlich die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern, kritisiert das GrenzEcho.
Quo vadis, EU?
Die Erklärung der EU-Staaten beinhaltet die Vorstellung, dass der Schutz von Zivilisten absolute Priorität haben muss bei allen politischen und militärischen Entscheidungen, schreibt De Standaard. Außerdem wird auch betont, dass alle Leben gleich viel wert sind. Das bedeutet, dass unsere Führer sich die Sicherheit und Zukunft sowohl von israelischen, palästinensischen als auch libanesischen Bürgern auf die Fahnen schreiben.
Wichtige Worte, mit denen die europäischen Verantwortlichen nun zwei Dinge tun können: Entweder sie klopfen sich gegenseitig auf die Schultern angesichts der Tatsache, dass sie doch wieder einen Kompromiss hinbekommen haben, fliegen wieder nach Hause und kümmern sich um ihre jeweiligen innenpolitischen Probleme. Oder sie können ihr verbales Engagement ernstnehmen und wirklich versuchen, noch mehr Blutvergießen in Nahost zu verhindern. Das könnte zumindest beinhalten, die humanitäre Hilfe massiv hochzufahren und schärfer zu reagieren auf die extrem schweren Bombardierungen und die Risiken der zu erwartenden Bodenoffensive, meint De Standaard.
Statt sich wirklich zu engagieren für eine dauerhafte Waffenruhe und für eine strukturelle Lösung, die sowohl Israelis als auch Palästinensern Sicherheit, Freiheit und Wohlstand bringen könnte, hat sich die EU zu nachdrücklich und einseitig auf die Seite Israels gestellt, stellt De Morgen fest.
Natürlich waren Mitgefühl und Solidarität richtig und wichtig nach den Gräueltaten der Hamas, muss gerade Europa unmissverständlich Judenhass und Antisemitismus in all seinen Formen verurteilen und bekämpfen. Aber das hätte nicht verhindern dürfen, sich hinter die Forderung für einen klaren Waffenstillstand zu stellen.
Die Hamas ist auch das Ergebnis jahrzehntelanger Netanjahu-Politik. Für Frieden bräuchte es eine deradikalisierte palästinensische Führung, die vertrauenswürdig und legitimiert wäre und die das Existenzrecht des Staates Israel anerkennt.
Es bräuchte aber auch eine deradikalisierte israelische Regierung, die den Palästinensern Selbstbestimmung erlaubt in einem eigenen, lebensfähigen Staat. Weder das eine noch das andere ist heute gegeben.
Dieser Konflikt ist so festgefahren, dass ein starker, unabhängiger Vermittler von außen notwendig wäre. Aber wo finden wir so einen Friedensvermittler? Vorläufig leider sicher nicht in der Europäischen Union, seufzt De Morgen.
Welchen Preis wird Katar verlangen?
Von europäischer Seite wird betont, dass die Freilassung der Geiseln weiterhin höchste Priorität haben muss, konstatiert L'Avenir. Das ist nur logisch, schließlich haben einige von ihnen ja auch europäische Pässe.
Aber welche Hebel hat die EU, um mit der Hamas darüber zu verhandeln? Eigentlich keine, um ehrlich zu sein. Und es hilft auch nicht, dass die europäischen Staaten die Hamas zu Recht und ohne zu zögern als Terrorgruppe einstufen.
Um aus diesem diplomatischen Schlamassel herauszukommen, setzen die Europäer deshalb auf verschiedene Golfstaaten, beispielsweise auf die Vereinigten Arabischen Emirate und besonders auf Katar. Katar finanziert die Hamas in Gaza und bietet ihrem wichtigsten Anführer Unterschlupf. Gleichzeitig unterhält das Land gute Beziehungen sowohl zu den Vereinigten Staaten als auch zu Europa.
Selbst in Israel wird Katar von manchen als wichtiger diplomatischer Verbündeter betrachtet. Bleibt nur eine beunruhigende Frage: Falls es Katar gelingt, die israelischen und europäischen Geiseln freizubekommen, was wird es dann im Gegenzug verlangen?, so L'Avenir.
Das Damoklesschwert der Zensur
Le Soir greift in seinem Leitartikel die jüngste richterliche Entscheidung im Fall Conner Rousseau auf: Am Donnerstag hatte ein Richter in Dendermonde einen Antrag der Mediengruppe DPG Media abgewiesen, Berichte mit Details aus den Protokollen über mutmaßlich rassistische Äußerungen des Vooruit-Vorsitzenden dürfen damit weiterhin nicht veröffentlicht werden.
Die Pressefreiheit ist einer der Grundpfeiler unserer Demokratie, betont die Zeitung. Aber dieses Grundrecht gerät mittlerweile in Bedrängnis, dieses Mal vonseiten einer demokratischen Partei und der Justiz. Dieses Urteil ist extrem beunruhigend, denn die Pressefreiheit war bisher sowohl von der belgischen Verfassung als auch von der europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten geschützt.
Wenn dieses Urteil nicht gekippt wird, dann würde das potenziell bedeuten, dass jede Macht, Organisation oder Person die Veröffentlichung unliebsamer Informationen zensieren und sich das Recht vorbehalten könnte, zunächst nur eine eigene Darstellung zuzulassen. Das wäre nicht nur eine große Gefahr für Journalisten, sondern auch für die Demokratie in diesem Land und für jeden Bürger, warnt Le Soir.
Zeitumstellung: die chronische Unfähigkeit der EU
La Dernière Heure beschäftigt sich mit einem deutlich trivialeren Thema: der Zeitumstellung. Auch in dieser Nacht werden die Europäer wieder etwas tun müssen, was sie zwar verabscheuen, was aber seit Jahrzehnten zu ihrer halbjährlichen Routine gehört.
83 Prozent der Belgier lehnen die Zeitumstellung ab, was früher noch irgendwie Sinn hatte, wird heutzutage weitgehend als Anachronismus betrachtet. Als die Europäische Kommission im Sommer 2018 die Bürger diesbezüglich befragt hat, haben 4,6 Millionen von ihnen geantwortet. Aber fünfeinhalb Jahre später verstaubt die angeregte Abschaffung der Zeitumstellung.
Sicher, in dieser Zeit sind viele andere, wichtigere Dinge passiert - wie Covid, Inflation und Kriege, aber dennoch illustriert das wieder einmal die chronische Unfähigkeit der EU, etwas für alle zu entscheiden. Wie soll Europa je zu einem Konsens finden etwa in puncto Migration, wenn man noch nicht einmal eine Einigung hinbekommt hinsichtlich einer verdammten Zeigerumdrehung auf der Uhr, wettert La Dernière Heure.
Boris Schmidt