"Historische Goldmedaille", titelt Gazet van Antwerpen. "Evenepoel rast zu WM-Gold", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Remco, der Goldjunge", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Remco Evenepoel hat gestern bei den Radweltmeisterschaften im schottischen Stirling die Goldmedaille gewonnen. Und er ist "der erste belgische Zeitfahrweltmeister aller Zeiten", bemerkt De Standaard auf Seite eins. Außerdem ist er mit 23 Jahren auch der jüngste überhaupt. Le Soir spricht seinerseits von der "Revanche von Evenepoel". Denn nach zweimal Bronze und einmal Silber stand er nun endlich auf dem Siegertreppchen.
Verschwendung von Wissen und Fähigkeiten
"Sehr wenige ukrainische Flüchtlinge haben schon einen Job gefunden", so derweil die Aufmachergeschichte von Le Soir. Demnach konnte bislang erst ein Fünftel der als Arbeitssuchende registrierten Ukrainer in den Arbeitsmarkt integriert werden. Die größten Hindernisse sind die mangelnden Sprachkenntnisse der Kandidaten und auch Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Diplomen.
Hier bedarf es dringend eines pragmatischeren Ansatzes, fordert Le Soir sinngemäß in seinem Leitartikel. Denn man muss den Realitäten ins Auge sehen: Der Krieg in der Ukraine kann noch lange dauern, sogar sehr lange. Die 72.000 Ukrainer, die in Belgien Schutz gesucht haben, auch die haben das inzwischen verstanden. Ihre Koffer haben sie schon unters Bett oder auf den Kleiderschrank geräumt. Und sie wissen, dass sie, wenn sie schon hierbleiben, sie sich auch integrieren und arbeiten müssen. Dass das schon gleich zu Beginn an der Anerkennung der Diplome scheitert, ist eine enorme Verschwendung von Wissen und Fähigkeiten. Das können wir uns auf Dauer nicht erlauben.
Bevor Löhne steigen, werden Tickets billiger
"Die Ryanair-Piloten drohen damit, noch ein Jahr weiter zu streiken", notiert derweil Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Die Ryanair-Gewerkschaften haben sich in einem Brief an Premierminister De Croo und den Wallonischen Ministerpräsidenten Di Rupo gewandt. Darin beklagen sie, dass sich die Billigfluggesellschaft systematisch über die belgische Sozialgesetzgebung hinwegsetze. Und das werde man sich nicht gefallen lassen.
Ob sie damit die Airline am Ende in die Knie zwingen können, das ist aber mehr als fraglich, unkt Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar. Ryanair ist nämlich kein Betrieb wie jeder andere. Das Unternehmen hat schon so manchen Streit überlebt, selbst massive Protestaktionen mitten in der Hochsaison. Ryanair ist ein einziges Paradox: Noch keiner dürfte jemanden getroffen haben, der sich selbst als einen Fan des Billigfliegers bezeichnen würde. In quasi sämtlichen Studien zur Kundenzufriedenheit steht Ryanair einsam auf dem letzten Platz. Das allerdings kann das Unternehmen mit einem einzigen Trumpf wieder wettmachen: Es bietet nun mal die billigsten Tickets an. Und eben dieses Argument lässt die Kunden dann doch immer wieder zu Ryanair zurückkehren. Und für die belgischen Piloten ist das eine schlechte Neuigkeit: Bevor bei Ryanair die Löhne steigen, werden eher die Ticketpreise sinken.
"Blind vor Habsucht in die Falle getappt"
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch mit der jüngsten Schimpftirade des KBC-Geschäftsführers Johan Thijs gegen die geplante Staatsanleihe. "Den Schneid muss man haben", meint sinngemäß Het Belang van Limburg. Johan Thijs beklagt angeblich unlauteren Wettbewerb. Und das genau in dem Moment, in dem seine Bank einen stattlichen Gewinn vermelden kann: Beinahe eine Milliarde in nur einem Quartal, ein Plus von – mal eben – neun Prozent. Ein wütender Boss einer reichen Bank also, eine bessere Werbung für die Staatsanleihe kann man sich nicht wünschen. Und für den Vater der Idee, nämlich den föderalen Finanzminister Vincent Van Peteghem, kann das Ganze zum Erfolgserlebnis werden. Denn ein Politiker, der sich zum Robin Hood aufschwingt, der kann mit Sympathien rechnen.
Ganz unrecht hat Johan Thijs aber nun auch wieder nicht, gibt die Wirtschaftszeitung De Tijd zu bedenken. Beispiel: Im Normalfall werden 30 Prozent Quellensteuer fällig, für die Staatsanleihe werden das 15 Prozent sein. Hier wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen: Hohe Abgaben für die anderen, während man sich selbst einen Abschlag gewährt. Das sieht unglücklich aus und ist auch nicht schönzureden. Das Ziel des Finanzministers mag nachvollziehbar sein: Er will die Banken dazu bringen, ihre Sparzinsen anzuheben. Doch der Zweck heiligt nicht die Mittel. Unlauterer Wettbewerb ist nicht okay.
Het Nieuwsblad sieht das wiederum anders: Die Banken sitzen hier doch im Glashaus. Und Johan Thijs, der ob seiner Position doch eigentlich ein intelligenter Mann sein dürfte, ist geradewegs in die Falle des Finanzministers getappt. Denn seine Kritik an der Staatsanleihe klingt wie ein regelrechter Offenbarungseid. Blind vor Habsucht wollen die Banken niemandem auch nur ein Stückchen des Kuchens abtreten. Anteilseigner sind nun mal wichtiger als Sparer. Der Sektor sollte eigentlich vor Scham im Erdboden versinken. Als die Banken im Zuge der Finanzkrise eine nach der anderen ins Taumeln gerieten, da musste der Kunde/Sparer/Steuerzahler dafür die Zeche zahlen.
Hawaii brennt: Beispiellos, abnormal, extrem
Einige Leitartikler schließlich blicken besorgt auf die Brandkatastrophe auf Hawaii. Wir sind im Moment verzweifelt auf der Suche nach Synonymen, meint De Morgen. Synonyme für das Wort "beispiellos". In unserem Werkzeugkasten gibt es da noch Begriffe wie "außergewöhnlich", "abnormal" oder schlicht und einfach "extrem". Aber dieser Sommer gibt uns schon das Gefühl, dass die Sprache nicht mehr genug hergibt, um in Worte zu fassen, was gerade auf dem Globus passiert. Hitzewellen, Wald- und Buschbrände, Überschwemmungen, Sommerstürme ... Dieser Sommer war eine einzige Katastrophe. Doch so schockierend all das auch sein mag, überraschend kommt das nicht. All das wurde schon vor Jahrzehnten von Klimawissenschaftlern vorhergesagt. Viele reagieren jetzt mit resigniertem Schulterzucken, nach dem Motto: "Jetzt ist es ohnehin zu spät." Ein solcher Defätismus ist aber fehl am Platz. Jetzt muss man retten, was noch zu retten ist.
La Libre Belgique sieht das ähnlich. Hawaii, Rhodos, Kanada, Slowenien, nicht zu vergessen die Wallonie vor zwei Jahren: Worauf um alles in der Welt warten wir noch? Warten wir darauf, dass die anderen aktiv werden, die Chinesen oder die Inder? Der Autofahrer, der hierzulande tagtäglich im Stau steht, muss einsehen, dass er auch Teil des Problems ist. Jeder für sich mag nicht viel bewegen können. Aber je mehr Menschen sich klimabewusst verhalten, desto eher werden die Staaten zum Handeln bewegt.
Roger Pint