"Wieder nichts", mit dieser Balkenüberschrift fasst De Standaard das Scheitern der Vermittlermission von Johan Vande Lanotte zusammen. Zu wenig Offenheit bei den Verhandlungspartnern hätte auch den flämischen Sozialisten scheitern lassen.
Viele würden jetzt mit Bitterkeit auf die sovielste Enttäuschung, 228 Tage nach den Wahlen, reagieren. Das Aus nach 99 Tagen des Vermittelns zeige erneut, so der Leitartikler in De Standaard, dass kein Weg an einer Wiederherstellung der Achse De Wever-Di Rupo vorbeiführe und es zu diesem Tandem keine Alternative gebe.
Das Nachdenken über eine Regierung unter dem scheidenden Premier Leterme, deren Handlungsspielraum man ausdehnen würde, sei keine Alternative. Auch Neuwahlen würden ein zu großes Risiko bedeuten. Bis auf weiteres wird das Kräfteverhältnis durch das Wahlergebnis vom 13. Juni 2010 bestimmt. Die Gewinner dieses Urnenganges müssen ihre Ketten sprengen. Hierzu gebe es schlichtweg keine Alternative.
Jetzt noch Scheinverhandlungen mit den Liberalen…
Die letzte Hoffnung des Königs habe sich zerschlagen, meint Het Laatste Nieuws. Auch Johan Vande Lanotte habe die Waffen gestreckt, schreibt Belgien auflagenstärkste Zeitung. Di Rupo habe die Zügel zuletzt schleifen und De Wever habe die Verhandlungen scheitern lassen. Was nun, fragt sich das Blatt. Vermittler Vande Lanotte habe zum Ende seiner Mission eine wichtige Aussage gemacht: Nur durch Verhandlungen können einander gegenüberstehende Ideen zu einem Kompromiss geführt werden. Dies, so der Leitartikler in Het Laatste Nieuws, müsse ein ausreichender Fingerzeig sein, die derzeitige Politikergeneration scheint jedoch schwer von Begriff zu sein.
Vande Lanotte stoppt und das Land steht seit 228 Tagen still, so der Titel in Het Belang van Limburg. Die Gespräche in einer Konstellation zu siebt seine endgültig vom Tisch, heißt es im Leitartikel der Zeitung. Wollen die Französischsprachigen überhaupt noch mit der N-VA verhandeln? Sie sagen ja, aber denken nein. Die Alternative seien Neuwahlen - eventuell nach Scheinverhandlungen mit den Liberalen, um so sagen zu können, man habe wirklich alles probiert. Selbst wenn die Parteien behaupten würden, keine Neuwahlen zu wünschen, könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die französischsprachigen Parteien doch hierauf hinarbeiten, so der Leitartikler, der vor einem neuen Urnengang warnt.
...oder gleich sinnlose Neuwahlen?
Auch für Gazet van Antwerpen sind die Gespräche zu siebt mausetot. Was jeder schon länger befürchtet habe, sei gestern eingetreten: Die Verhandlungen über eine neue Regierung und eine gründliche Staatsreform seien wieder mal gescheitert. Den Grund hierfür sieht der Leitartikler der Antwerpener Tageszeitung in der Haltung der Französischsprachigen, die es deutlich an Willen zu Reformen für das Land hätten mangeln lassen.
"Müde gekämpft", mit diesem Titel beschreibt Het Nieuwsblad das Ende der Mission von Johan Vande Lanotte, und notiert, dass keiner wisse, wie es weitergehen solle.
De Morgen titelt heute auf Seite 1 "Shame" und verweist damit auf die Demonstration vom letzten Sonntag. Die Formel zu dritt, das Triumvirat, sei gescheitert, und mit ihr die less is more - Strategie, so der Leitartikler in De Morgen. Vorläufig wage niemand den Schritt zu Neuwahlen zu tun, da die Unzufriedenheit mit der Politik derzeit besonders groß sei. Man müsse also erst beweisen, dass wirklich alles versucht wurde, um aus der Sackgasse herauszukommen. Jetzt sei der König wieder am Zuge, doch keiner wisse, wie der eine Lösung finden könne.
Ohne Kompromiss kein Land, ohne Zugeständnisse kein Kompromiss
"Kein Kompromiss = kein Land", so die Balkenüberschrift in Le Soir. Im Leitartikel heißt es in der Brüsseler Tageszeitung, man könne alle diejenigen verschleißen, die guten Willens seien, doch eine ihnen aufgetragene Mission sei selbstmörderisch, solange einige Politiker in diesem Land nicht verstehen würden, dass man, um Ergebnisse zu erreichen, Zugeständnisse machen muss. Das Land verdiene eine Lösung. Der Konflikt, der die politische Landschaft Belgiens vermine, gleiche einem führerlosen Zug, der ohne Rücksicht auf Verluste gegen die Wand fahre. Diese Blindheit spiegele Arroganz, aber auch Geringschätzung des Allgemeingutes wieder, so der Leitartikler.
Notregierung + Verhandlungen zur Staatsreform als mögliche Formel?
Auch für La Libre Belgique ist alles "total blockiert", und deshalb, so meint der Leitartikler, müsse man die Methode verändern. Selbstverständlich brauche Belgien institutionelle Reformen, doch zuerst gelte es, Belgien wieder zu regieren. Dies könne die scheidende Regierung Leterme bei Unterstützung durch das Parlament tun, während parallel an einer Staatsreform gearbeitet werde.
Justine Henin beendet Profikarriere
Neben dem Aus für Vande Lanotte habe einige Blätter heute auch das Ende der Profitenniskarriere von Justin Henin auf der Titelseite und berichten über die Gründe und Hintergründe, die die Tennisdame bewogen haben, den Schläger endgültig an die Wand zu hängen.
Bild:belga