"Schwerste Vorwürfe gegen Trump", fasst das GrenzEcho auf Seite eins zusammen. "Donald Trump angeklagt: 'Er war fest entschlossen, an der Macht zu bleiben", schreibt De Standaard. "'Noch nie dagewesen': Das Strafverfahren, das Trump wirklich treffen kann", so der Aufmacher von De Morgen. "Donald Trump drohen 20 Jahre Gefängnis für Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten", so Gazet van Antwerpen. "Wegen 'Verschwörung gegen den amerikanischen Staat' angeklagt liegt Donald Trump in den Umfragen vorne", hebt La Libre Belgique hervor.
Ein Präsident, der sein eigenes Land verrät - so etwas haben die Vereinigten Staaten noch nicht erlebt, kommentiert Gazet van Antwerpen die jüngste Anklageerhebung gegen Ex-US-Präsident Donald Trump. Donald Trump ist nun offiziell angeklagt wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung der Beglaubigung des Wahlsieges von Präsident Joe Biden und wegen Behinderung und Verschwörung gegen das Wahlrecht. Und dennoch will dieser Mann weiterhin wieder Präsident werden. Noch unfassbarer ist allerdings, dass es noch immer Menschen gibt, die ihn darin unterstützen.
Niemand weiß, wie es weitergehen wird, selbst falls Donald Trump verurteilt werden und ins Gefängnis kommen sollte, er ist eine Herausforderung für die amerikanische Demokratie und das Rechtssystem. Die Vereinigten Staaten müssen nun beweisen, dass sie stark genug sind, um ihre demokratischen Prinzipien zu verteidigen gegen diesen Narzissten und seine Anhänger. Die noch größere Herausforderung wird allerdings sein, die Trump-Anhänger erneut vom Wert der Demokratie zu überzeugen, befürchtet Gazet van Antwerpen.
Der "ultimative Teflon-Politiker"
Egal was auch passieren wird, Trump wird weiter an seiner Selbstdarstellung als ewiges Opfer festhalten, schreibt L'Avenir. Und man braucht keine Kristallkugel um vorherzusagen, dass er auch dieses neue Verfahren wieder als Bühne nutzen wird, um seine größenwahnsinnige Mission der Rückkehr ins Weiße Haus voranzutreiben. Trotz der beispiellosen Schwere der neuen Anklage genießt Trump weiter das unerschütterliche Vertrauen der Republikaner, er liegt in den Umfragen vorne, sein Schicksal scheint also schon vorgezeichnet. Aber wer weiß, vielleicht wird dieser Mann, der Premieren ja geradezu sammelt, ja der erste Präsident werden, der sein Amt aus dem Gefängnis ausüben wird, stichelt L'Avenir.
Für De Morgen ist Trump der "ultimative Teflon-Politiker": Seine Antihaftbeschichtung ist so dick, dass selbst der klebrigste Dreck mühelos an ihm abzugleiten scheint. Ob ihm das auch dieses Mal gelingen wird, bleibt abzuwarten. Aber der Ausgang des Verfahrens wird die Antwort liefern auf die Frage, ob Führer in Demokratien straflos Lügen verbreiten und das Wahlsystem behindern dürfen, nachdem sie abgewählt worden sind. Entscheidend wird dabei das Timing sein: Fällt noch vor den Wahlen im November 2024 ein Urteil, dann kann das das Ende bedeuten für die Illusion, dass man mit Trump-Taktiken die Demokratie nach seiner Pfeife tanzen lassen kann. Gewinnt Trump die Wahlen bevor er verurteilt wird, dann werden selbst diese unglaublichen Anklagen einfach wieder an ihm abgleiten, prophezeit De Morgen.
Düstere Aussichten
L'Echo warnt ebenfalls davor, Trump und seine Anhänger zu unterschätzen: Die Gefahr der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus ist real. Die Folgen wären weitreichend: Vom Ukrainekrieg über den Kampf gegen den Klimawandel und die Beziehungen zu China bis hin zur Zukunft von Amerika selbst wäre das Schlimmste zu befürchten. Allein diese Aussichten sollten ausreichen, um Demokraten aller Couleur zu mobilisieren, um so etwas zu verhindern, meint L'Echo.
In der einen Ecke: Ein Kandidat, der wegen Verschwörung gegen die amerikanische Demokratie angeklagt ist, hält Het Nieuwsblad zum möglicherweise anstehenden Präsidentschaftsduell fest. In der anderen Ecke: ein 80-Jähriger, von dem zwei Drittel der Amerikaner nicht glauben, dass er geistig und körperlich noch fit genug ist für eine zweite Amtszeit. Wie viel trauriger kann der Kampf um die politische Zukunft einer Weltmacht eigentlich noch werden? Die gesamte Strategie der Demokraten scheint darauf hinauszulaufen, Trump als personifizierter Spaltung einen Biden entgegenzusetzen, der möglichst wenige Menschen vor den Kopf stoßen kann - je weniger Charisma, desto größer die Chance, möglichst viele Anti-Trump-Stimmen auf sich zu vereinigen.
Zynischer kann Politik kaum noch werden. Am Vorabend der vielleicht wichtigsten Wahlen der jüngeren amerikanischen Geschichte geht es nicht mehr um die Wahl zwischen dem Besten aus zwei Welten, sondern um die Wahl zwischen zwei unbefriedigenden Extremen - ein ultimativer Ausdruck für eine Demokratie in der Krise, beklagt Het Nieuwsblad.
Niger: Die moralische Keule gehört in die koloniale Mottenkiste
Das GrenzEcho blickt in seinem Kommentar auf den Niger, die Sahelzone und Afrika allgemein: Die EU insgesamt braucht Nordafrika, vor allem, um seinen wachsenden Hunger nach "sauberer" Energie zu decken. Statt die Region zu entwickeln, tun die EU-Länder dort aber gerade mal das Notwendigste. Man subventioniert lieber die eigene Bevölkerung und die eigene Industrie. Gegen afrikanische Flüchtlinge baut man lieber einen Schutzwall, unter anderem mit fragwürdigen Abkommen mit noch fragwürdigeren Regimen.
Die gegen den Westen gerichtete Stimmung in der Region und die Zuwendung zu China und Russland ist also nicht vom Himmel gefallen. Der "Alte Kontinent" hat immer noch nicht begriffen, dass im 21. Jahrhundert Außenpolitik auf Augenhöhe funktioniert und auf Respekt aufbaut. Die moralische Keule gehört in die Mottenkiste der Kolonialzeit. Vor allem, wenn man jedes Recht verwirkt hat, sie zu schwingen, so das GrenzEcho.
Boris Schmidt