An der Kundgebung sollen nach Schätzungen der Veranstalter bis zu 30.000 Menschen teilnehmen, um für ein Ende des politischen Stillstandes zu demonstrieren.
Ebenfalls im Fokus: Der Vorschlag eines flämische Abgeordneten, straffällig gewordene Jugendliche zwischenzeitlich in die Obhut der Armee zu geben.
Einige Blätter blicken mit Sorge auf die steigende Zahl der Menschen, die ihre Kredite nicht mehr abzahlen können. Und schließlich verbreitet im Raum Antwerpen ein Pyromane Angst und Schrecken.
Viele Zeitungen blicken heute gespannt auf den kommenden Sonntag. Dann findet in Brüssel eine Kundgebung statt. Die Veranstalter - fünf Studenten der Freien Universität Brüssel - rufen die Menschen auf, endlich ein Zeichen zu setzen und gegen die inzwischen seit sieben Monaten andauernde politische Pattstellung zu protestieren. Auf der Grundlage von entsprechenden Absichtserklärungen auf "Facebook" rechnen die Veranstalter mit bis zu 30.000 Teilnehmern, wie unter anderem L'Avenir hervorhebt. Das Ganze sei schon jetzt ein unglaublicher Erfolg, zitiert Le Soir die fünf flämischen Studenten.
La Dernière Heure nimmt die Demo zum Anlass, um einige Prominente nach ihrer Meinung zu befragen. Die sind sich nahezu alle einig: Die Kundgebung ist eine willkommene Initiative.
Apolitische Kundgebung gegen politischen Stillstand
Ein Misston sei allerdings aus der Politik gekommen, beklagen gleichermaßen De Standaard und De Morgen: In einem Rundfunkinterview hatte cdH-Chefin Joëlle Milquet den Eindruck vermittelt, die Kundgebung als Marsch gegen die N-VA umdeuten zu wollen. Die Veranstalter reagierten empört und verwiesen auf den durch und durch apolitischen Charakter der Kundgebung.
Wenn auch die Bildung einer neuen Regierung erwiesenermaßen schwierig ist, so sollten die Politiker doch in der Zwischenzeit wenigstens den Mund halten, fordert denn auch Het Nieuwsblad in seinem Kommentar. Im vorliegenden Fall gilt das für Frau Milquet. Sie macht schon wieder den Fehler, die N-VA zum alleinigen Sündenbock zu stempeln. Dabei ist längst deutlich: Das Scheitern ist kollektiv. Und mit Blick auf die Kundgebung vom Sonntag sollten alle Akteure es tunlichst vermeiden, den Marsch für ihre Zwecke instrumentalisieren zu wollen.
Was wollen die Demonstranten eigentlich genau?
Het Belang van Limburg stellt sich angesichts des ausdrücklich apolitischen Charakters der Kundgebung die Frage, welche denn die Botschaft der Demonstration vom Sontag sein soll. Man will schnellstens eine Regierung. Na gut, aber welche soll das denn sein? Zu welchem Preis? Mit oder ohne Staatsreform? Dass die Jugend sich Sorgen macht, angesichts von sieben Monaten Stillstand, ist zwar nachvollziehbar und respektabel, aber man darf bei all dem nicht vergessen, wie hoch der Einsatz bei den Brüsseler Verhandlungen ist.
Le Soir hingegen hat vollstes Verständnis für die Wut der Bürger auf die Politik. In vielen Bereichen, insbesondere bei der Justiz, bleiben wichtige Akten einfach liegen. Die Krise lähmt den Staat auf allen Stockwerken. Die Wahlsieger vom 13. Juni müssen diesen Brand nun endlich löschen ...
Financial Times warnt Belgien
... zumal Belgien schon wieder eine Schuss vor den Bug bekommen hat. Gestern hat das angesehene britische Finanzblatt 'Financial Times' Belgien einen bemerkenswerten Leitartikel gewidmet. Die Botschaft: Das politische Theater in Belgien muss schnellstens aufhören. Ansonsten droht trotz eigentlich positiver Wirtschafts- und Finanzdaten ein Angriff von Spekulanten.
Und eine Regierung alleine würde nicht mal ausreichen, bemerkt dazu La Libre Belgique in ihrem Leitartikel, sie müsste nämlich auch noch entschlossene Maßnahmen ergreifen, um endlich den Finanzmärkten zu signalisieren, dass Belgien sich den Herausforderungen resolut stellt.
Es ist in jedem Fall eine letzte Warnung, meint Het Laatste Nieuws. Wenn man die jetzt auch wieder in den Wind schlägt, dann drohen möglicherweise bald dramatische Folgen. Und in diesem Fall trägt die politische Klasse eine gigantische Verantwortung. Insofern ist es wirklich nur nachvollziehbar, dass die Bürger sich langsam aber sicher ernsthaft Sorgen machen.
Die Armee als Erziehungsanstalt?
Vor allem in Flandern diskutiert man derzeit über einen verwegen anmutenden Vorschlag des SP.A-Kammerabgeordneten David Geerts. Der plädiert dafür, straffällig gewordene Jugendliche zwischenzeitlich in die Obhut der Armee zu geben. Dadurch könnte man dafür sorgen, dass wieder Ordnung in das Leben der jungen Menschen kommt. Gazet van Antwerpen und De Standaard halten das für keine gute Idee. Eine solche Maßnahme wäre eine Beleidigung für das Streben nach Professionalität innerhalb der Streitkräfte, meinen beide Blätter nahezu gleichlautend. Die Armee ist gar nicht eingestellt auf eine solche Aufgabe. Und es ist auch nicht ihre Zweckbestimmung, Jugendliche zu erziehen. Kreativität ist eine Sache, sie darf aber nicht in Improvisation ausarten.
Belgier mit Schuldensorgen
Le Soir und De Morgen widmen ihre Titelseite heute einer beängstigenden Feststellung: Immer mehr Belgier können ihre Kredite nicht mehr tilgen. Über 350.000 Menschen können demnach mindestens für ein Darlehen nicht mehr aufkommen. Insgesamt stehen Zahlungen in Höhe von knapp 2,5 Milliarden Euro aus. Beide Blätter sind sich einig: Ursache für die steigende Zahl der überschuldeten Mitbürger ist die Wirtschaftskrise.
Das Problem betrifft offenbar vor allem Hauskredite. Gerade in diesem Bereich wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer, warnt De Morgen in seinem Leitartikel. Ungeachtet der diversen Krisen sind die Immobilienpreise in Belgien in den letzten Jahren stetig gestiegen. Wer ein Eigenheim besitzt, der darf sich freuen: Er ist damit reicher geworden. Im Umkehrschluss ist es für Normalbürger ohne reiche Erbtante inzwischen viel schwieriger geworden, den belgischen Traum der eigenen vier Wände zu verwirklichen.
Autopyromane im Kempenland
Die meisten flämischen Zeitungen schließlich blicken auf ihrer Titelseite ins Kempenland. In Essen (nördlich von Antwerpen) treibt ein Pyromane sein Unwesen. Innerhalb einer Woche gingen zwölf Autos in Flammen auf. Insbesondere Gazet van Antwerpen und Het Nieuwsblad widmen der Geschichte ihre Titelseite. In einem Fall schlugen die Flammen auf ein naheliegendes Wohnhaus über. Schlagzeile von Gazet van Antwerpen: "Der Pyromane bringt jetzt auch Leben in Gefahr".
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