"Meister!", titelt in einem Wort Gazet van Antwerpen. "Herzschlag-Finale", thront frei übersetzt auf der Titelseite von Het Nieuwsblad. "Überragender Alderweireld schießt Antwerpen zur Meisterschaft", heißt es bei De Standaard auf Seite eins.
Die Entscheidung der belgischen Fußball-Meisterschaft gestern Abend ist für die Zeitungen das Topthema auf den Titelseiten. Drei Mannschaften hatten noch Chancen auf den Titel. Durch ein Tor in der 94. Minute krönte sich der FC Antwerpen zum neuen Meister.
Gazet van Antwerpen jubelt: Der älteste Fußballclub des Landes ist nach 66 Jahren wieder belgischer Meister. Das ist fantastisch. Nicht nur für den Club und seine Fans, sondern für die ganze Stadt. Antwerpen hat so viel, auf das es stolz sein kann. Aber einen Fußballmeister hatte die Metropole schon lange nicht mehr. Bis gestern Abend, freut sich Gazet van Antwerpen.
Der Verdienst eines steinreichen Bauunternehmers
La Dernière Heure notiert: Man konnte sicher sein, dass dieses Saison-Finale verrückt werden würde. Aber nicht so verrückt, wie es wurde. Gestern Abend hat der belgische Fußball sein unglaublichstes Finale aller Zeiten erlebt. Während der letzten fünf Minuten waren zunächst Union Saint-Gilles, dann Genk und schließlich Antwerpen virtuelle Meister. Selbst Netflix hätte sich so ein Drama nicht ausdenken können. Mit so viel Emotionen wie sie nur der Fußball erzeugen kann, begeistert sich La Dernière Heure.
L'Avenir analysiert: Diese Meisterschaft des FC Antwerpen ist das Werk des Bauunternehmers Paul Gheysens. Ihm und seinen Millionen ist es zu verdanken, dass der Club in den vergangenen Jahren aus den Tiefen des belgischen Fußballs wieder an die Spitze zurückgekommen ist. Profitiert hat er dabei von dem chaotischen Saisonverlauf für Anderlecht, den FC Brügge und Standard Lüttich. Die Frage wird sein, wie lange sich der FC Antwerpen an der Spitze halten kann, überlegt L'Avenir.
Sanda-Dia-Prozess: Der Volkszorn als Chance
Het Laatste Nieuws kommt auf das Urteil im Prozess um den Tod des Studenten Sanda Dia zurück und erinnert: Trotz aller Aufregung wegen des Urteils verdienen auch diese Täter natürlich eine neue Chance. Die öffentliche Bloßstellung in den Sozialen Medien, die Verschwörungstheorien und die billige politische Profilierung brauchen wird nicht. Richtig ist allerdings: Die Richter und ihre Gilde sollten sich mal vor den Spiegel stellen und sich zu ihrer Verantwortung befragen. Könnte es sein, dass ihre Frau Justitia immer noch ein bisschen zu blind ist? Vor allem, wenn es darum geht, über Mitglieder der eigenen Klasse und vielleicht sogar die eigenen Kinder zu richten, mahnt Het Laatste Nieuws.
De Morgen hingegen findet: Der Volkszorn gegen das Urteil, der sich gerade bemerkbar macht, könnte eine Chance sein. Denn laut der Menschen, die jetzt auf die Straße gehen, ist in dem Fall Sanda Dia kein gerechtes Urteil gefällt worden. Das ist ein durchaus berechtigtes Gefühl und sollte, wie gesagt, zum Anlass genommen werden, die ganze Sache kritisch zu analysieren. Das Urteil genauso wie die die Vorgänge, die damals zu dem Tod des Studenten geführt haben. Nicht hilfreich dabei ist es, mit Pauschalurteilen um sich zu werfen, wie das gerade auch passiert. Das sollten sich die Kritiker doch bitte sparen, unterstreicht De Morgen.
Zinspolitik: Funktioniert der Markt noch?
Het Nieuwsblad bemerkt zur Zinspolitik der belgischen Banken: In einer normalen Konkurrenzsituation auf dem freien Markt hätte mittlerweile mindestens eine Großbank die Zinsen auf Spareinlagen deutlich erhöht, aber bislang ist das nicht passiert bei uns. Selbst die Nationalbank sagt, dass man dazu nicht unbedingt raten kann. Die Gefahren für die Banken seien zu groß.
Das ist nicht wirklich nachvollziehbar. Gerade die Großbanken machen gerade an zwei Fronten massiv Gewinne durch die hohen Zinsen. Einmal durch das Einlagern ihres Geldes bei der europäischen Zentralbank und zum anderen durch die hohen Zinsen für Baukredite. Man kann sich des Eindrucks nicht wehren, dass das Spiel der Marktwirtschaft hier nicht funktioniert. Es ist richtig, dass unsere Politiker und sogar auch aus den Reihen der Liberalen mittlerweile dazu aufrufen, die Zinsen auf Spareinlagen zu erhöhen. Auch wenn das schon ein bisschen nach Wahlkampf klingt, applaudiert Het Nieuwsblad.
Ein diplomatischer Coup
Nach der Freilassung von vier europäischen Geiseln aus dem Iran stellt La Libre Belgique fest: Unsere Diplomatie kann einen großen Erfolg feiern. In mehreren europäischen Hauptstädten freut man sich über die belgische Fähigkeit zum kreativen Kompromiss. Doch nicht alles in der belgischen Außenpolitik funktioniert. Oft hat Belgien keine Meinung, wenn es international um Sachen wie zum Beispiel das Klima geht. Das liegt daran, dass die Regionen und Gemeinschaften sich nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen können. In der Außendarstellung des Landes ist das ein Nachteil. Abhilfe dafür könnte eine bessere Arbeit im Konzertierungsausschuss sein. Premierminister Alexander De Croo sollte dort die Vertreter der Regionen und Gemeinschaften auf eine Linie bringen. Dem Land täte das gut, glaubt La Libre Belgique.
Kay Wagner