"Joe Biden öffnet den Weg für die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen an die Ukraine", meldet La Libre Belgique auf Seite eins. "USA reihen sich in F-16-Allianz ein", so die Überschrift beim GrenzEcho. "Selenskyj sieht die Lieferung von F-16 immer näher rücken", liest man in De Standaard.
Im Prinzip hat sich an den grundsätzlichen Überlegungen zu westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine nichts geändert seit Beginn des Krieges, kommentiert De Standaard. Nach wie vor will und muss Europa ein Land in Zentraleuropa unterstützen, das zu einem freien Europa gehören will. Ein Land, das unprovoziert durch das imperialistische Russland angegriffen worden ist.
Aber paradoxerweise macht die Tatsache, dass die Ukraine heute militärisch viel besser dasteht, als man vor einem Jahr hätte hoffen können, die nächsten Schritte umso schwieriger. Denn die westlichen Alliierten müssen sich nun entscheiden, welche Ziele sie eigentlich erreichen wollen, wobei alle Szenarien hohe Risiken mit sich bringen: Liefern sie zu wenig und kann die Ukraine dadurch nicht deutlich gewinnen, droht ein eingefrorener Konflikt mit einem Russland, das immer weiter zündeln wird, und eine Entfremdung zwischen der Ukraine und Europa. Eine Entwicklung, die auf Polen und andere osteuropäische Staaten übergreifen könnte. Aber treten die westlichen Verbündeten zu stark aufs Gaspedal, könnte das Putins Ende bedeuten. Mit allen möglichen Konsequenzen.
Vielleicht ist es unvermeidlich, dass der Westen militärisch immer tiefer in den Konflikt hineingezogen wird, vielleicht machen aber auch wir selbst diese Entwicklung unvermeidlich. Eines ist aber sicher: Dafür muss es dann eine breite, gemeinsame Basis geben. Und diese Debatte ist noch nicht geführt worden, so De Standaard.
Frieden und Klimawandel ernster nehmen
Das GrenzEcho blickt auf den gerade stattfindenden G7-Gipfel: Im japanischen Hiroshima stehen die Konflikte der westlichen Industriestaaten mit Russland und China ganz oben auf der Tagesordnung. Die Staatenlenker der G7 sollten deshalb Maßnahmen ergreifen, damit die aktuelle geopolitische Epoche nicht als ein Zeitalter der Gewalt in die Geschichte eingeht. Die Chancen dafür stehen leider schlecht – dabei könnte der Standort des Gipfels symbolträchtiger nicht sein.
Des Weiteren müssen primär die führenden Industriestaaten darauf hinarbeiten, die globalen Reaktionen auf den Klimawandel so zu gestalten, dass sie gewaltsame Konflikte mindern, nicht anheizen. Die aktuellen Kriegszeiten verlangen von den G7 eine zielgerichtete Betrachtung und aufrichtige Anstrengung zum Frieden. Kurzum ist es höchste Zeit, den Frieden ernster zu nehmen, appelliert das GrenzEcho.
De Morgen greift den Klimawandel im Kontext der gesellschaftlichen Debatte auf: Auch jetzt wieder, nach den verheerenden Überschwemmungen in Italien, reden viele lieber um den heißen Brei herum, als klar den Zusammenhang herzustellen zwischen diesen extremen Wetterphänomen und den abstrakten Modellen, die seit Langem beharrlich auf Klimawandel und Erderwärmung stehen. Zu groß ist die Angst, eingeschüchtert zu werden, als Klima-Alarmist oder -Aktivist abgestempelt zu werden, als Ideologe verunglimpft zu werden, der menschliches Leid ausnutzen will. Dabei ist doch absolut unbestreitbar, dass der Klimawandel zu mehr extremen Wetterphänomenen führt. Der Klimawandel vollzieht sich gerade vor unseren Augen und viele schauen lieber weg. Eine Haltung, die psychologisch vielleicht noch nachvollziehbar ist. Aber sie kann auch riskant sein, wenn sie die Gesellschaft zu Passivität verleitet, beklagt De Morgen.
Das perverse Sparzins-System der Banken
Het Laatste Nieuws greift die schwelende Debatte um zu niedrige Bankzinsen auf und rechnet vor: Wenn Sie 10.000 Euro bei Ihrer Bank deponieren, bekommt sie dafür 325 Euro, wenn sie das Geld bei der Europäischen Zentralbank parkt. Sie als Sparer bekommen von diesen 325 Euro aber gerade mal 100 Euro Zinsen. Gleichzeitig sind die Zinsen für Wohnkredite in den vergangenen Monaten immer schneller gestiegen, bei manchen Banken um bis zu fünf Prozent. Die Banken verbuchen also Rekordgewinne, weigern sich aber gleichzeitig, Sie als Sparer auch davon profitieren zu lassen. Ein perverses System. Höchste Zeit, die Banken zu mehr zu verpflichten. Zum Beispiel, indem höhere Zinsen auf Wohnkredite an höhere Sparzinsen gekoppelt werden, fordert Het Laatste Nieuws.
Wir Bürger sind mal wieder die Dummen, nach den Preiserhöhungen in den Supermärkten und der Energiekrise nun also auch bei den Bankzinsen, ärgert sich Gazet van Antwerpen. Man muss wahrlich kein Rechengenie sein, um zu verstehen, dass hier hohe Gewinne auf Kosten der Bürger eingefahren werden. Es ist eindeutig, dass der Wettbewerb zwischen den Banken nicht funktioniert, für sie ist am gleichen Strang ziehen der Jackpot. Eine beklagenswerte und ungesunde Situation. Die Politik sollte also alle Register ziehen, um dagegen etwas zu tun, denn die Banken lassen nicht die geringsten Anzeichen erkennen, irgendwann umdenken zu wollen, giftet Gazet van Antwerpen.
La Dernière Heure freut sich derweil in ihrem Leitartikel: Bei den steuerlich bedingten Kosten für Arbeit sind wir die schlechtesten Schüler Europas und auch die jüngste Studie über die Qualität unseres Schulunterrichts ist alarmierend, aber laut OECD sind wir in einem gut, sehr gut sogar: Belgien ist das Land Europas, in dem die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Qualifikation und Erfahrung am geringsten ausfallen. Nur 1,2 Prozent beträgt der Gehaltsunterschied hierzulande, der europäische Durchschnitt liegt bei fast elf Prozent. Auch 1,2 Prozent Unterschied sind natürlich noch zu viel, aber trotzdem ist der Befund ein Grund, um sich zu beglückwünschen. Das heißt aber nicht, dass der Kampf gewonnen ist, es bleibt noch viel zu tun, um die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz zu beenden, unterstreicht La Dernière Heure.
KI: nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen
Het Nieuwsblad befasst sich ebenfalls mit dem Arbeitsmarkt, allerdings im Zusammenhang mit der Evolution der Künstlichen Intelligenz: Der britische Telekom-Konzern BT Group hat angekündigt, bis 2030 zehntausend Menschen weniger beschäftigen zu wollen. Nicht etwa, weil es weniger zu tun gäbe, sondern weil ihre Jobs im Kundendienst von Künstlicher Intelligenz übernommen werden sollen. Diese Ankündigung macht erneut unmissverständlich klar, in welche Richtung die Entwicklung geht – KIs sind weder eine Mode, die wieder vergeht, noch werden ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft begrenzt bleiben. Und wir stehen erst am Beginn der Entwicklung, die Evolution wird zu immer intelligenteren Systemen führen, die immer komplexere Aufgaben vom Menschen übernehmen können.
Deshalb ist auch jetzt der Zeitpunkt, um nicht die Fehler zu wiederholen, die wir in der Vergangenheit bei anderen technologischen Entwicklungen gemacht haben – Gesetzgeber, Regierungen, Schulen, Universitäten und auch Arbeitgeber dürfen nicht wieder warten, bis die Situation entgleist ist, jetzt ist der Zeitpunkt, um Grenzen zu ziehen und klare Regeln aufzustellen, warnt Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt