"Bpost bekam in zehn Jahren vier Milliarden Euro an Steuergeldern", so heute die exklusive Aufmachergeschichte von De Standaard. Im Grunde handelt es sich hier erstmal um die Bezahlung für die zahlreichen Dienstleistungen, die die Post für die Behörden erledigt. Man spricht da von "Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse". Die Frage ist allerdings, wieviel Geld da zu viel geflossen ist. In den letzten Tagen war ja bekannt geworden, dass Bpost dem Staat in einigen Bereichen zu hohe Summen in Rechnung gestellt hat.
Die Zahl der bewilligten Wohnungskredite ist so niedrig wie seit 13 Jahren nicht mehr", so derweil die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Le Soir formuliert es anders: "Die steigenden Zinsen lähmen den Immobilienmarkt". In den ersten drei Monaten des Jahres wurden nur 68.000 Kreditanfragen gestellt. Das ist der niedrigste Stand seit 2010. Und schuld sind eben in erster Linie die steigenden Zinsen.
La Dernière Heure dröselt auf ihrer Titelseite auf, was das in der Praxis bedeutet: "500 Euro monatlich mehr als vor einem Jahr". Das gilt für ein Darlehen von 300.000 Euro, was heutzutage keine Seltenheit mehr ist.
Das Gespenst einer Rezession geht wieder um
Die steigenden Zinsen, das ist nur ein Zeichen der sich rasend schnell verändernden Zeit, analysiert De Standaard nachdenklich in seinem Leitartikel. Was war die Welt doch bis vor kurzem noch stabil. Die Zinsen und auch die Inflation waren niedrig, im Grunde fast verschwindend gering. Es gab ein anständiges Wachstum, der Handel verlief zu aller Zufriedenheit, die geopolitische Lage war stabil. Von dieser Welt ist nicht viel übriggeblieben. Es war zunächst die Pandemie, die ihr ein abruptes Ende bereitete. Der Krieg in der Ukraine verschlimmerte dann noch den Schock. Unmittelbare Folge war ein Höhenflug der Energiepreise. Im Fahrwasser davon folgten die Lebensmittelpreise und insgesamt eine galoppierende Inflation. Jetzt geistert das Gespenst einer Rezession wieder durch die Welt. Aber das Schlimmste ist: Der Staat ist nicht mehr das Fangnetz, das den Menschen Ruhe und Sicherheit bieten kann. Insbesondere in Belgien hat er aufgrund der aufeinanderfolgenden Krisen sein Pulver verschossen.
Und das wird wohl erstmal nicht besser, orakelt Het Belang van Limburg. Im Gegenteil. Es sieht schwer danach aus, dass Belgien schon sehr bald unter europäische Vormundschaft gestellt wird. Ab dem kommenden Jahr will die EU die Haushaltsregeln spürbar verschärfen. Für Belgien, einen der schlechtesten Schüler der Klasse, liegt da wohl die Zwangsjacke schon bereit. Sollten die Pläne durchkommen, dann wird das Land pro Jahr fünf Milliarden Euro einsparen müssen. Das ist ein spektakulärer Betrag. Sparmaßnahmen eines solchen Ausmaßes werden alle Bürger treffen. Daran besteht kein Zweifel. Zu verdanken haben wir das ausnahmslos allen Parteien, die in den letzten 20 Jahren an der Föderalregierung beteiligt waren, insbesondere deren permanenter Nachlässigkeit.
Vooruit-Vorstoß: Erstmal eine Lösung für gleich zwei Probleme
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch mit einem Vorstoß der flämischen Sozialisten Vooruit. Parteichef Conner Rousseau schlägt die Einführung sogenannter "Basis-Jobs" vor. Zielgruppe sind hier in erster Linie Langzeitarbeitslose.
Auf den ersten Blick würde man damit gleich zwei Probleme lösen, führt De Morgen in seinem Leitartikel aus. Nicht nur, dass man diesen Leuten einen Wiedereinstieg in die Arbeitswelt ermöglicht; außerdem sollen diese Basis-Jobs ja vor allem in Bereichen geschaffen werden, wo sie einen gesellschaftlichen Mehrwert darstellen: Aufsicht in Schulen, Gesprächspartner für Altenheim-Bewohner. In gewisser Weise ist das die sozialistische Version eines "Dienstes für die Allgemeinheit": Man würde zwar zur Arbeit verpflichtet, bekäme aber zumindest ein vollwertiges Gehalt und auch ein wirkliches Berufsstatut. Nichtsdestotrotz stellen sich auch parteiinterne Kritiker die Frage, ob das noch eine linke Idee ist. Ein anderes Problem ist, dass eine solche Maßnahme sehr teuer wäre.
Arbeitslosen-Unterstützung darf kein dauerhaftes Schicksal sein
Aber immerhin, meint La Dernière Heure: Bei den Sozialisten scheint sich was zu bewegen. Das gilt aber erstmal nur für die Roten im Norden des Landes. Die frankophone PS ging ihrerseits gleich wieder auf die Barrikaden. Jegliche Form von Zwangsrekrutierung von Langzeitarbeitslosen ist für die Parti Socialiste nach wie vor tabu. Dazu nur so viel: Zu arbeiten, das ist tatsächlich keine Pflicht. Aber diejenigen, die wirklich partout nicht arbeiten wollen, die dürfen nicht erwarten, dass die Gesellschaft diese Lebensentscheidung finanziert. Zumindest nicht, wenn jemand zwei Jahre lang sämtliche Job-Angebote ausschlägt. Die Arbeitslosen-Unterstützung ist ein soziales Fangnetz, kann aber kein dauerhaftes Schicksal sein. Das sollte allen klar sein, ob nun rechts oder links.
Einfach mal neue Wege gehen
Über die Vooruit-Idee kann man durchaus diskutieren, glaubt La Libre Belgique. Wobei man dabei aber den Fokus erweitern müsste. Die Diagnose ist unstrittig: Die Beschäftigungsrate ist hierzulande zu niedrig. Man vergisst allerdings viel zu oft, dass die Ursache dafür weniger die Langzeitarbeitslosen sind, sondern vor allem die Langzeitkranken. Das nur um zu sagen, dass man das Problem global anpacken muss.
Man sollte den Basis-Jobs aber in jedem Fall eine Chance geben, findet Gazet van Antwerpen. Die Frage lautet natürlich: Muss der Staat wirklich Jobs schaffen für Langzeitarbeitslose, wenn es doch 70.000 freie Stellen für niedrig Qualifizierte gibt? Muss man dafür Millionen ausgeben? Sollte man das Geld nicht besser in die Begleitung von Langzeitarbeitslosen stecken? Nun, das machen wir gerade, das Resultat kann aber nicht wirklich einen Erfolg nennen. Man kann also durchaus mal neue Wege ausprobieren.
Roger Pint