"Verhandeln ohne die N-VA wäre unrealistisch", mit dieser Balkenüberschrift macht La Libre Belgique heute auf und zitiert dabei aus einem Interview mit MR-Spitzenpolitiker Armand De Decker, das die Brüsseler Tageszeitung heute veröffentlicht. De Decker geht davon aus, dass die Liberalen in die Verhandlungen mit einbezogen werden müssten, ohne die N-VA gleichzeitig auszuschließen.
Dahingehend hatte sich Charles Michel geäußert, der derzeit die Nachfolge von MR-Parteichef Didier Reynders anstrebt. Für diese Position an der Parteispitze des französischsprachigen Liberalen sieht Armand De Decker hingegen eher den zweiten Bewerber um dieses hohe Parteiamt, nämlich Daniel Bacquelaine, als geeigneten Kandidaten. Unterdessen gehen die Verhandlungen zur Staatsreform, mit der Absicht, auch die Regierungsbildung in Gang zu bringen, heute weiter.
Im Leitartikel heißt es hierzu in De Morgen, dass damit die soundsovielste Woche der Regierungsverhandlungen heute voller Pessimismus startet. Nach dem Elend, das durch das Abschießen des Vorschlags von Vermittler Johan Vande Lanotte enstand und dem Funken Hoffnung, der durch die Verlängerung des Auftrags des flämischen Sozialisten aufkeimte, ist jetzt wieder Pessimismus Trumpf. Das Denkmodell einer kleineren, aber mehr Tiefgang aufweisenden Staatsreform, ist auch wieder auf dem Abstellgleis, seit deutlich wurde, dass die N-VA hiermit das Fundament des Sozialsystems aufbrechen wollte. Für den Leitartikler reden die verhandelnden Parteien über mehr Verantwortungsbewusstsein, zeigen dieses aber nicht.
Open VLD will Oppositionskur abbrechen
Auch Het Belang van Limburg geht im Leitartikel auf die politische Situation ein und meint, dass die Liberalen am Wochenende für Ironie gesorgt hätten. Nachdem EU-Kommissar Karel De Gucht (Open VLD) letzte Woche erklärte, Regierungsverhandlungen sollten möglicherweise ohne die N-VA geführt werden, habe man im Parteihauptquartier der flämischen Liberalen erkannt, dass die Position der Open VLD zu verdeutlichen sei. Parteichef de Croo ließ wissen, dass die Open VLD zu Verhandlungen über die Staatsreform bereit sei, um anschließend auch in einer Regierung unter Beteiligung der N-VA mitzuwirken. Sieben Monate nach der Wahlschlappe dreht die Open VLD also bei, so der Leitartikler, von Oppositionskur schwenkt man in Richtung Regierungsbeteiligung ein. Derweil habe MR-Thronanwärter Charles Michel am Wochenende sein Veto gegenüber der N-VA geäußert. Verhandlungen zur Staatsreform ja, aber ohne die N-VA, hieß es da.
Mitarbeiterstäbe in Ministerien bröckeln
Het Nieuwsblad meint zum heutigen Treffen des Triumvirats Vande Lanotte, Di Rupo & De Wever, dass, während die einen wieder verhandeln, die scheidende Regierung sich an die Arbeit mache, um das Loch im Staatsetat zu schließen. Flexibilität und Überstunden seien deshalb in den Mitarbeiterstäben der geschäftsführenden Regierung in den kommenden Wochen an der Tagesordnung. Derweil sehe es so aus, als würden die Minister der scheidenden Regierung immer mehr ihrer Mitarbeiter verlieren. Gut 14 Prozent der Beschäftigten in den Stäben der 15 föderalen Ressortchefs hätten ihre Position bereits aufgegeben, und Neueinstellungen sind für eine Regierung, die nur noch die Amtsgeschäfte führt, nicht möglich.
Kinder in Engis in die Maas gefallen
L'Avenir macht mit dem vermutlichen Ertrinkungstod zweier Kinder auf, der am Ort des Geschehens, in der Nähe von Huy, für Bestürzung sorgt. Ein sechsjähriges Mädchen war gestern in die wegen der Hochwasserlage stark angeschwollene Maas gestürzt. Ihre zwölfjährige Schwester, die ihr zur Hilfe kommen wollte und der Sechsjährigen hinterher sprang, überlebte diesen Rettungsversuch vermutlich nicht. Die Feuerwehr geht davon aus, dass beide Mädchen ertranken.
In Het Laatste Nieuws heißt es hierzu: "Bruder sieht seine beiden Schwestern ertrinken". Auch diese Zeitung geht davon aus, dass beide Mädchen ertrunken sind, da alle Suchaktionen von Feuerwehr und Zivilschutz erfolglos blieben.
Europa muss in Tunesien Flagge zeigen
Le Soir hat die Situation nach dem Ende der Ära Ben Ali in Tunesien auf der Titelseite. Nach der Flucht des Staatschefs hätten sich Anhänger des gestürzten Präsidenten weitere Scharmützel mit den Sicherheitskräften geliefert. Im Leitartikel der Brüsseler Tageszeitung heißt es hierzu, Europa könne sein Image aufpolieren, wenn man anstatt leerer Worte zur Tat schreiten und den Demokratisierungsprozess in Tunesien mit allen zur Verfügung stehenden Hilfen unterstützen würde. Tunesien und seine Bürger wären nicht die Einzigen, die diese klare Vorgehensweise bemerken würden. Die gesamte arabische Welt würde aufmerksam werden und gleichzeitig feststellen, dass Europa politisch und finanziell eine solche Demokratiebewegung unterstützt.
Home is where the heart is
De Standaard bringt ein ganz anderes Thema auf die Titelseite: Hier geht es um Gesundheitstourismus und niederländische Patienten, die für eine Herztransplantation allzu gern nach Belgien ausweichen. Hiesige Patienten würden deshalb auf längeren Wartelisten enden, meinte das Blatt. Eine besonders ernste Situation, da europaweit auch weiterhin Spenderorgane Mangelware sind.
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