"Lebensmittel sind um ein Fünftel billiger als im vergangenen Jahr, aber nicht in unserem Einkaufswagen", titelt Het Nieuwsblad. An den Weltmärkten sind die Preise für Lebensmittel in den letzten Monaten stetig gesunken. Für die Verbraucher an den belgischen Supermarktkassen war es aber genau umgekehrt: Der Einkaufswagen wurde Monat für Monat teurer. Laut Het Nieuwsblad hat das damit zu tun, dass in die Verbraucherpreise noch andere Kosten einfließen, nämlich die für Verpackung, Transport und Personal. Und die sind in den letzten Monaten nun mal stark gestiegen.
Einige Zeitungen trauern um Paul Furlan. "Paul Furlan hat seinen letzten Kampf verloren", titelt L'Avenir. "Paul Furlan, engagiert und populär", schreibt La Dernière Heure. Der PS-Politiker und frühere wallonische Minister ist am Wochenende an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Er wurde gerade einmal 60 Jahre alt.
Banken – Was ist der Kunde noch wert?
"Der Zugang zu Bargeld wird sich noch verschlechtern", so derweil die Aufmachergeschichte von Le Soir. "Trotz eines Abkommens mit dem Bankensektor werden Geldautomaten weiter verschwinden", schreibt auch De Standaard auf Seite eins. Die Föderalregierung hat mit dem Finanzsektor eine Vereinbarung getroffen, wonach in jeder Gemeinde mindestens ein Geldautomat stehen muss. Unterm Strich wird die Zahl der verfügbaren Bankautomaten aber nach den derzeitigen Plänen in den nächsten Jahren weiter abnehmen.
Diese Entwicklung ist nur ein Symptom, meint Le Soir sinngemäß in seinem Leitartikel. Im Grunde geht es hier um die immer gleiche Gretchenfrage, die da lautet: Welchen Platz nimmt der Kunde noch in den Planspielen der Banken ein? Was ist er den Geldhäusern noch wert? Dem neuen Abkommen zufolge sollen die Geldautomaten in Zukunft von ATM, also einer externen Betreiberfirma verwaltet werden. Die einzelnen Banken werden also im Grunde nichts mehr damit zu tun haben. Damit fällt wieder ein Stück Kundenbindung weg, wird das Ganze noch ein bisschen unpersönlicher. "Wir sind nun mal Geschäftsleute und müssen unsere Brötchen verdienen", wird sich die Finanzbranche rechtfertigen. Nun mal langsam! Banken sind zwar kommerzielle Betriebe, dafür aber immer noch keine Unternehmen wie alle anderen. Sie verrichten ihre Tätigkeit auf der Grundlage eines Monopols, das ihnen der Staat überlassen hat. Die Banken müssen ihrer gesellschaftlichen Rolle gerecht werden.
Zeit für eine Partei, die sich für Singles einsetzt
L'Echo macht ebenfalls mit einer Meldung aus der Finanzbranche auf: "Die sinkende Zahl von Hypothekenkrediten sorgt für schärferen Wettbewerb unter Banken", schreibt das Blatt. Die Zahl der Hypothekendarlehen ist in den ersten Monaten des Jahres um rund die Hälfte zurückgegangen. Entsprechend kämpfen die Banken um das übrigbleibende Kuchenstück. Hintergrund sind zunächst die steigenden Zinsen. Hinzu kommt, dass sich junge Paare und erst recht Alleinstehende den Kauf einer Wohnung nicht mehr leisten können.
Die Situation der Alleinstehenden in diesem Land verdient eine genauere Betrachtung, meint De Morgen in seinem Leitartikel. Das erst recht, wenn man sich die neuesten Zahlen des Nationalen Statistikamts Statbel anschaut. Demnach bestehen 1,8 der insgesamt fünf Millionen Haushalte in Belgien aus Singles. 36 Prozent, also fast vier von zehn Belgiern, leben allein. Heißt: Sie müssen alle Kosten allein tragen. Und auch der Fiskus ist ihnen gegenüber unbarmherzig: Mit 52,6 Prozent an Steuern und Abgaben werden Alleinstehende ohne Kinder nirgendwo auf der Welt so stark besteuert wie in Belgien. Vielleicht ist es Zeit für eine Partei, die sich ausschließlich für die Belange von Singles einsetzt. Da wäre der Erfolg wohl garantiert.
Grundlegende Reformen sind nötig
Alleinwohnende sind die Norm in diesem Land, konstatiert auch Het Nieuwsblad. In 90 Prozent der Städte und Gemeinden stellen sie die Mehrheit. Parallel dazu steht für Politik und Gesellschaft immer noch die klassische Familie im Mittelpunkt. Und die Folgen davon bekommen die Single-Haushalte zu spüren. In allen Belangen: Die Wohnungen auf dem Immobilienmarkt sind zu groß und damit zu teuer. In Supermärkten gibt es die attraktivsten Rabatte für Familienpackungen, Fixkosten wie die für Fernsehen oder Internet sind die gleichen. Wenn sich die Gesellschaft verändert, sollten sich die Politik und der Markt der neuen Situation eigentlich anpassen.
Gazet van Antwerpen sieht das genauso. Alleinwohnende werden mit all ihren Kosten buchstäblich alleine gelassen: Feuerversicherung, Internetverbindung, Privatwagen. All diese Kosten muss man alleine tragen. Und auch der Fiskus schlägt unverhältnismäßig hart zu: Die Immobiliensteuer etwa ist immer die gleiche, ob in der Wohnung nun eine oder vier Personen leben. Auch die Provinzsteuer ist in der Regel eine Pauschalsumme. Ganz zu schweigen von der Einkommensteuer. Das politische Bewusstsein für diese Situation geht aber gegen Null.
Wir sind mal wieder Europameister, meint sarkastisch Het Laatste Nieuws. Nirgendwo werden Singles so hoch besteuert wie in Belgien. Und es gibt noch einen Bereich, in dem wir EU-weit Spitzenreiter sind: Nirgendwo sind so wenige nicht-EU-Ausländer im Arbeitsleben wie in Belgien. In diesem Land tut man sich offensichtlich schwer damit, Chancen zu ergreifen. Selbst dann, wenn die Wirtschaft händeringend nach Arbeitskräften sucht. Hier trägt die Politik eine Mitschuld: Arbeit muss sich wieder lohnen. Beide Feststellungen hängen denn auch zusammen: Der Arbeitsmarkt und auch das Steuersystem müssen von Grund auf überdacht werden.
Roger Pint