"Die Leiche von Britta Cloetens wurde nach fast zwölf Jahren gefunden", so die Schlagzeile auf Seite eins von De Standaard, Het Laatste Nieuws, Het Nieuwsbald und Gazet van Antwerpen. Die damals 25-jährige Frau aus dem Antwerpener Stadtteil Wilrijk war im April 2011 spurlos verschwunden. 2015 wurde ein Mann festgenommen und später auch wegen des Mordes vor Gericht gestellt. Er wurde schuldig gesprochen und zu 30 Jahren Haft verurteilt. Der Täter hat aber nie preisgegeben, wo er die Leiche versteckt hatte. Ende vergangenen Jahres haben Jäger aber in einem Wald bei Dinant menschliche Überreste entdeckt. Ein DNA-Abgleich hat ergeben, dass es sich tatsächlich um die Leiche von Britta Cloetens handelte.
Die meisten Zeitungen beschäftigen sich aber auch mit dem Brüsseler Terrorprozess. "Endlich werden die Angeklagten verhört", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins. "Abrini relativiert seine Beteiligung, Abdeslam wusste von nichts", so fasst L'Avenir die Aussagen der beiden wichtigsten Angeklagten zusammen. "Die Angeklagten machen sich selbst zum Opfer", so resümiert Le Soir die gestrige Anhörung.
Al Capone 2.0
Einige Blätter blicken aber auch in die USA, wo der Auftakt des Verfahrens gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump für Aufsehen sorgt. "Donald Trump wandelt auf den Spuren von Al Capone", analysiert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Und der Vergleich beschränkt sich nicht darauf, dass Al Capone ebenfalls ein Luxusanwesen in Palm Beach besaß. Auch Al Capone wurde letztlich wegen Steuerhinterziehung vor Gericht gestellt, weil man ihn offensichtlich wegen seiner zahlreichen anderen Verbrechen nicht verurteilen konnte. Natürlich sähe man es lieber, wenn die Justiz Donald Trump wegen seiner schlimmeren Vergehen den Prozess machen würde, etwa seiner Verantwortung beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 oder seiner wiederholten Versuche, das Wahlergebnis zu drehen. Aber vielleicht ist das New Yorker Verfahren ja erst der Anfang.
Die meisten Leitartikler beschäftigen sich aber mit der China-Reise des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Der wird insbesondere begleitet von der EU-Kommissionsvorsitzenden Ursula von der Leyen.
"Good Cop, Bad Cop"
In diesen Tagen geben sich europäische Staats- und Regierungschefs in Peking fast schon die Klinke in die Hand, kann Het Belang van Limburg nur feststellen. Nach dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez geben sich also Macron und von der Leyen die Ehre. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping widmet beiden aber gleich einen ganzen Tag, was zeigt, welchen Stellenwert die Visite für beide Seiten hat.
Denn in China wächst die Besorgnis über die Zukunft der Handelsbeziehungen mit Europa. Der Alte Kontinent steht nämlich am Scheideweg: Entweder Europa entscheidet sich für die amerikanische Strategie der Konfrontation oder die EU sucht einen eigenen Weg in diesem neuen Kalten Krieg. Noch ist Europa in dieser Frage gespalten. Deswegen wird Macron wohl von Ursula von der Leyen begleitet. Beide spielen wohl "guter Bulle, schlechter Bulle": Frankreich plädiert wie auch Deutschland für Mäßigung in der Haltung gegenüber Peking, von der Leyen repräsentiert ihrerseits diejenigen, die für eine härtere Gangart stehen.
Für die Wirtschaftszeitung L'Echo liegt der Ball im Feld der Chinesen. Dass sich die Beziehungen zwischen dem Reich der Mitte und der EU verschlechtert haben, dafür trägt in erster Linie das Regime in Peking die Schuld. Kritische Stimmen und Minderheiten werden noch entschlossener zum Schweigen gebracht; die Drohungen in Richtung Taiwan werden immer unverhohlener. Und China weigert sich außerdem, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausdrücklich zu verurteilen. Klar, dass die Welt auf diese neue chinesische Gangart reagiert. Doch während Washington auf Konfrontation zu setzen scheint, wollen die Europäer offensichtlich die Brücken nach Peking erstmal nicht abschlagen. Jetzt muss China allerdings beweisen, dass es Interesse an diesen Brücken hat.
Europa muss sich emanzipieren
Dabei sollte man aber die Lehren aus der Vergangenheit ziehen, mahnt De Tijd. Die Strategie, die man mit dem Schlagwort "Wandel durch Handel" zusammenfassen könnte, hat sich als Illusion erwiesen. Gleiches gilt für die Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation, was doch eigentlich dazu führen sollte, dass sich Peking an die Regeln des Welthandels hält. Inzwischen ist die Welt nochmal wesentlich komplexer geworden und entsprechend dünn ist das Seil, auf dem die Europäer balancieren müssen. Fest steht allein, dass die beiden extremsten Alternativen keine Optionen sind: Man kann China nicht einfach widerstandslos gewähren lassen, man darf aber auch den Amerikanern nicht gehorsam und willenlos folgen. Der Mittelweg ist allerdings schwer zu finden.
Besagter Mittelweg ist ein resolut europäischer, ist L'Avenir überzeugt. Nur ist die Waagschale im Moment noch gefährlich leer. In allererster Linie muss sich der Alte Kontinent aus seiner viel zu großen Abhängigkeit von anderen großen Nationen lösen. Die Rede ist von Russland und China, aber auch den USA. Amerika ist über die Nato unsere Schutzmacht, was Washington den Europäern aber auch regelmäßig unter die Nase reibt und einen entsprechend hohen wirtschaftlichen Preis verlangt. Aber hat Europa wirklich die Mittel, sich zu emanzipieren? Angesichts des aktuellen Zustands der Streitkräfte auf dem Alten Kontinent kann man da durchaus seine Zweifel haben.
Roger Pint