Überflutete Keller und Wohnungen, ein Schicksal, das landesweit viele Menschen bereits zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit erleben und das die meisten Blätter in Wort und Bild ausgiebig dokumentieren. Die meisten Zeitungen sind jedoch der Ansicht, dass die Situation letztlich nicht so schlimm war wie viele befürchtet hatten, und Het Belang van Limburg zufolge haben wir das Schlimmste jetzt hinter uns.
Leider scheint dies noch lange nicht für die innenpolitische Krise zuzutreffen, für die auch zu Beginn des siebten Monats nach den Wahlen eine Lösung nach wie vor nicht in Sicht ist.
Regierungsbildung: Neuer Stolperstein Regionalisierung der Arbeitslosenunterstützung
Le Soir verweist diesbezüglich auf den jüngsten Vorschlag der N-VA, die Beschäftigungspolitik und damit auch die Arbeitslosenunterstützung nicht länger national zu handhaben, sondern den Regionen zu übertragen. Die Frankophonen sind der Zeitung zufolge geschockt und verlieren immer mehr Vertrauen in die Partei De Wevers. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der königliche Vermittler Vande Lanotte sein nächstes Zusammentreffen mit Di Rupo und De Wever in einem Klima der politischen Hochspannung über die Bühne bringen muss.
Vor diesem Hintergrund hatte der aus den Reihen der flämischen Liberalen stammende EU-Kommissar Karel De Gucht bei einem Vortrag vor belgischen Unternehmern die Meinung vertreten, falls die N-VA sich weiterhin mit übertriebenen Forderungen querstelle, sollte man möglichst bald eine Regierung ohne sie bilden, eine Regierung aus den drei traditionellen Parteien und eventuell noch den Grünen. Het Laatste Nieuws spricht diesbezüglich von einer harten, aber korrekten Analyse. Natürlich wäre es besser, die N-VA als größte flämische Partei mit in der Föderalregierung zu haben, doch wenn sich das als unmöglich erweist, wird man wohl oder übel auf die von De Gucht vorgeschlagene Alternative zurückgreifen müssen.
Regierung ohne N-VA?
Allerdings steht Het Laatste Nieuws mit dieser Meinung zumindest unter den flämische Zeitungen ziemlich alleine da. So heißt es beispielsweise in De Morgen, eine Koalition der drei traditionellen Parteien unter Einschluss der Grünen würde über eine Zweidrittelmehrheit verfügen. Der Haken ist allerdings, dass diese Formel dem Wahlergebnis in Flandern nicht im Geringsten Rechnung tragen würde. Die flämischen Christlichsozialen werden dem im Übrigen niemals zustimmen, weil sie nur allzu gut wissen, dass dies politischer Selbstmord wäre.
La Libre Belgique träumt in ihrem Leitartikel von einer Koalition ohne De Wever und seine N-VA. Vielleicht wäre das die Alternative um an einer gerechteren, humaneren, offeneren und menschlicheren Gesellschaft politisch zu arbeiten. Das Problem ist nur, dass in Flandern keine Partei bereit ist, das Wagnis einer Regierung ohne die N-VA einzugehen. Die Frage ist allerdings: Wie lange noch?
La Dernière Heure gibt im gleichen Kontext zu bedenken, dass die Regionalisierung der Beschäftigungspolitik seit jeher schwarz auf weiß im Parteiprogramm der N-VA nachzulesen ist. Dass PS, cdH und Ecolo förmlich aus den Wolken fallen, wenn De Wever diese Forderung auf den Verhandlungstisch legt, ist also politisch total unglaubwürdig. Richtig war es allerdings, dieser Forderung eine kategorische Absage zu erteilen. Die frankophonen Parteien wären übriges gut beraten, die gleiche Haltung auch in anderen Punkten einzunehmen.
An N-VA und Staatsreform führt kein Weg vorbei
De Standaard hofft in seinem Leitartikel, sich zu täuschen mit der Vermutung, dass man zurzeit alles versucht, um die N-VA ins Abseits zu drängen. Für die frankophonen Parteien ist diese Versuchung besonders groß, weil sie ohne De Wever in Sachen Staatsreform kaum nennenswerte Zugeständnisse machen müssten. Man sollte allerdings nicht vergessen, so De Standaard sinngemäß, dass dies langfristig keinen Sinn hat, denn ohne einen tiefgreifenden Umbau Belgiens ist dieses Land nicht mehr zu regieren.
Ähnlich äußert sich auch Gazet van Antwerpen, wenn sie schreibt, natürlich brauchen wir eine neue Regierung. Je schneller, umso besser, doch nicht um jeden Preis. Eine neue Regierung ohne tiefgreifende Staatsreform, so die Überzeugung der Zeitung, ist verlorene Zeit.
Zum Schluss noch ein Blick auf Het Nieuwsblad, wo es bilanzierend heißt, die politische Realität sieht so aus, dass N-VA und PS durch das Wahlergebnis dazu verpflichtet wurden, trotz ihrer abgrundtiefen Gegensätze eine Lösung zu finden und eine Regierung zu bilden. Ein De Wever in der Opposition, davon mögen viele zwar träumen, doch könnte er sich dann genüsslich zurücklehnen - und bei den nächsten Wahlen mit noch mehr Stimmen rechnen. Eine stabile Regierung wäre unter diesen Umständen eine Illusion.