"Maximaler Druck auf Belgien": Mit dieser Balkenüberschrift macht das Wirtschaftsblatt L'Echo auf und meint, dass belgische Banken, die an der Börse notiert sind, immer stärkere Einbußen wegstecken müssen. Gleichzeitig, so heißt es im Leitartikel, würde sich die innenpolitische Krise in Belgien immer mehr auch mit den Problemen, die durch die Staatsschuld entstehen, vermischen. Hierdurch könne ein Schneeballeffekt entstehen, der die Krise noch verschlimmert und Ratingagenturen dazu veranlassen könnte, Belgiens Bewertung, die einen direkten Einfluss auf die Kosten von Darlehen für den Staat hat, möglicherweise herabzustufen.
Die Spekulanten, so schreibt De Morgen zu diesem Thema, würden den scheidenden Premier Yves Leterme jedenfalls dazu zwingen, zu sparen. Leterme wolle ein Haushaltsdefizit von 3,7 % des Bruttoinlandsproduktes dieses Jahr schaffen. Um das Etat-Loch auf diesen Wert zu begrenzen, müssen allerdings vier Milliarden Euro eigespart werden. Eine Empfehlung, die auch der Internationale Währungsfonds ausgesprochen hatte. Im Leitartikel heißt es, eine Finanzierung der Staatsschuld werde immer teurer. Das Fehlen eines deutlichen Signals, dass dieses Land noch regierbar ist, werde allen im Land deshalb noch übel aufstoßen, so der Kommentar in De Morgen.
Deshalb lasse der König den scheidenden Premier an der Vorbereitung eines Etats für das gerade begonnene Jahr arbeiten, meint Het Nieuwsblad und schreibt, dass Spezialisten warnen: Die politische Krise koste das Land Extra-Millionen. Im Leitartikel heißt es hierzu, dass die scheidende Regierung dann doch einen Etat für 2011 in Angriff nimmt. Da die Regierungsverhandlungen 212 Tage nach den Wahlen noch weit von einem Durchbruch entfernt sind, sei dies eine bittere Notwendigkeit geworden.
Geschäftsführender Premier soll Etatentwurf vorlegen
"Gescheiterter Premier muss das Land retten", so die Schlagzeile in Het Laatste Nieuws. Für diese Zeitung ist der scheidende Regierungschef allerdings "nur" auf der Suche nach zwei Milliarden Euro an möglichen Einsparungen. Wie dem auch sei, der Mann, der als Premier scheiterte, entpuppe sich ein Jahr später als Retter des Vaterlandes und Hüter der Staatsfinanzen. Der Leitartikler meint hierzu, dass die Zeit um sei. Die Kreditwürdigkeit Belgiens nehme rasant ab. Es werde nicht mehr lange dauern, und Belgien müsse doppelt so hohe Zinsen zahlen wie Deutschland. Premier Leterme stehe vor der Herausforderung, einen Etatentwurf vorzulegen, und den trotz seiner nur geschäftsführend amtierenden Regierung durchs Parlament zu lotsen. Das Heft in die Hand zu nehmen und zu sparen, also ein deutliches Signal zu geben, nur das könne jetzt noch helfen, meint der Kommentator.
Doch noch Arbeit für Vande Lanotte?
Gazet van Antwerpen sieht derweil die Chancen von Vermittler Johan Vande Lanotte, seinen Auftrag doch noch fortzusetzen, als leicht gestiegen. Bereits von einem Durchstarten des königlichen Vermittlers zu reden, sei aber verfrüht. Doch der Umstand, dass Bart De Wever die Tür noch nicht endgültig zugeschlagen habe, zeige, so die Antwerpener Tageszeitung, dass die Verhandlungen zu siebt doch noch nicht begraben sind.
Macht finanzielle Solidarität verantwortungslos?
Auch De Standaard titelt heute zum wachsenden Druck der Spekulanten und dem gestiegenen Misstrauen gegenüber Belgien. Im Leitartikel vergleicht De Standaard unser Land in Sachen finanzielle Solidarität mit dem Nachbarn Deutschland. Man sei nicht alleine. Auch die deutschen Bundesländer würden um ihren Finanzausgleich kämpfen, der mit dem Finanzierungsgesetz, über das Flamen und Wallonen sich streiten, vergleichbar sei. Auch in Deutschland stelle man fest, dass Solidarität nicht unbedingt mehr Verantwortungsbewusstsein fördert, ärmere Bundesländer also nicht motiviert werden, wirtschaftliche Reformen durchzuführen, da deren Ausbleiben ja durch die reicheren Bundesländer und den Finanzausgleich wettgemacht werden.
La Libre Belgique geht im Leitartikel heute auf die finanzielle Situation Belgiens ein und bemerkt hierzu, dass im derzeitigen Kontext einige sich wie Brandstifter benehmen würden. Wer jetzt Studien vorlege, die den Bankrott Belgiens vorhersagen, oder die Haushaltslage mit der in anderen, deutlich schlechter dastehenden, europäischen Ländern vergleiche, handele unverantwortlich. Die Realität der Zahlen zeige nämlich, dass die belgische Wirtschaft im Grunde gar nicht so schlecht sei wie ihr Ruf. Dennoch sei dies kein Rundumversicherungsschutz. Der Wettlauf gegen die Zeit und die Finanzmärkte habe begonnen. Das zu ignorieren, sei selbstmörderisch.
Klassenkampf
Le Soir widmet heute Aufmacherthema und Leitartikel dem Vorhaben des wallonischen Arbeitsamtes, Erwerbslose in vier Klassen einzuteilen und so die Arbeitslosenzahlen um 100.000 Einheiten zu drücken. Im Leitartikel warnt das Blatt allerdings, dass das Vorhaben nicht ganz ungefährlich sei und einige Arbeitslose schlussendlich sich selbst überlassen würden.
Bild: belga