Das Grenz-Echo titelt auf Seite 1 "Land unter in Belgien", während Het Nieuwsblad "Die Wallonie unter Wasser" als Schlagzeile bringt.
Le Soir meldet Alarmzustand insbesondere entlang der Maas und kündigt den höchsten Pegel für heute Nachmittag an. Es ist selbst nicht ausgeschlossen, dass das Wasser in den wallonischen Überschwemmungsgebieten diesmal noch höher ansteigt als bei dem Rekordniveau vom Januar 2003.
Regierungsbildung: Was nun?
Die Kommentare der meisten Zeitungen konzentrieren sich allerdings auf die total verworrene innenpolitische Lage, nachdem diese Woche der Vermittlungsauftrag von Johan Vande Lanotte vorerst gescheitert ist. Das allgemeine Fazit der Kommentare lautet: Im Grunde weiß jetzt niemand, wie es weitergehen soll.
La Libre Belgique und De Morgen beginnen mit der Veröffentlichung einer siebenteiligen Serie über sieben Monate Krise. Der heutige erste Teil behandelt die Geheimgespräche zwischen De Wever und den frankophonen Liberalen. Dazu stellt De Morgen in seinem Kommentar fest, dass der N-VA-Vorsitzende die Siebenparteiengespräche bei einem Treffen mit der liberalen MR bereits Ende Augst für gescheitert erklärt hat. Vier Monate später muss man feststellen, dass wir erneut an dem gleichen Punkt angelangt sind.
Mangel an Willen und Vertrauen - Elio Di Rupo hat enttäuscht
Für La Libre Belgique ist der Kern der Krise bei den Verhandlungen über die Staatsreform der fehlende Wille und das fehlende Vertrauen. Letzteres gilt vor allen Dingen für das Verhältnis zwischen den Wahlsiegern De Wever und Di Rupo. Niemand weiß, wie es nun weitergehen soll, so stellt La Libre Belgique fest, die den belgischen Bürgern bescheinigt, dass sie eine Engelsgeduld haben, ohne die Belgien wahrscheinlich längst explodiert wäre.
Auch Gazet van Antwerpen geht der Frage nach dem Grund für das Scheitern der Verhandlungen nach. Dabei stellt sie fest, dass PS-Chef Di Rupo zwar in jedem Interview und in jeder Rede seine Bereitschaft erklärt, alles zu tun, um endlich zu einem Abkommen zu gelangen, doch in Wirklichkeit fürchtet er sich vor einer grundlegenden Staatsreform, weil er daraus finanzielle Verluste für die Wallonie befürchtet. Deshalb weigert er sich jetzt bereits seit sechs Monaten beharrlich, mit De Wever über einen tief greifenden Umbau Belgiens zu verhandeln. Offenbar befürchtet er, dass das Ergebnis von den anderen frankophonen Parteien abgeschossen werden könnte und die PS ihre Vorherrschaft in der Wallonie verlieren würde. Daraus schlussfolgert die Zeitung, dass Di Rupo als Politiker enttäuscht hat. Mangels politischer Führungsqualitäten ist er kein geeigneter Kandidat für das Amt des Premierministers.
Ökonomische Folgen der politischen Krise
Le Soir lässt eine Reihe belgischer Wirtschaftskapitäne zu Wort kommen, die vor allen Dingen vor der wachsenden Spekulation gegen die belgische Staatsschuld warnen. Schon jetzt bezahlen wir deutlich mehr für Staatsanleihen als zum Beispiel Deutschland. Le Soir zufolge war diese Entwicklung nicht nur vorhersehbar, sondern wäre auch zu vermeiden gewesen. Wenn Belgien jetzt nicht zeigt, dass es noch zur Bildung einer neuen Regierung imstande ist, könnte die Spekulation schon sehr bald ein dramatisches Ausmaß annehmen.
Ähnlich sieht es auch De Standaard in seinem Leitartikel. Unter anderem heißt es: Die politische Krise beginnt uns immer mehr Geld zu kosten. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, bei der Regierungsbildung Nägel mit Köpfen zu machen, denn sonst werden wir die Reaktion der Finanzmärkte durch eine deutliche Zinsanhebung auf die belgische Staatsschuld knallhart zu spüren bekommen.
Noch ein bisschen Vande Lanotte - und dann die Notregierung?
Als einen möglichen, zumindest provisorischen, Ausweg aus der Krise kommentiert Het Laatste Nieuws den Vorschlag von MR-Chef und Finanzminister Reynders, eine Notregierung zu bilden, die die Finanzmärkte beruhigen würden. Sie würde sich vornehmlich mit den dringendsten Problemen im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich befassen und sich nebenher um eine weitere Staatsreform bemühen. Ohne eine entsprechende Einigung bis zum Sommer wären Neuwahlen wohl der letzte Ausweg. Ähnlich hat es Jean-Luc Dehaene in den frühen neunziger Jahren gemacht und damit Erfolg gehabt. Schon deshalb ist der Reynders-Vorschlag es wert, näher in Betracht gezogen zu werden, meint Het Laatste Nieuws.
Abschließend noch ein Blick auf Het Belang van Limburg, das sich so gut wie sicher ist, dass Vande Lanotte am Montag vom König noch eine letzte Chance erhält. Mit Ausnahme von Bart De Wever haben sich in den vergangenen Tagen alle Parteichefs dafür ausgesprochen. Was der königliche Vermittler allerdings noch tun kann, um eine Einigung doch noch möglich zu machen, ist auch für Het Belang van Limburg ein großes Rätsel.