"Die Legende", titelt Le Soir über einem großen Foto von Lionel Messi. "Mythisch", so La Dernière Heure. "Der Größte aller Zeiten", schreibt Het Laatste Nieuws. "Messi(as): Argentinien schlägt Frankreich im Elfmeterschießen", liest man bei Gazet van Antwerpen.
"Me(r)ssi für dieses unglaubliche Finale", bedankt sich L'Avenir mit einem weiteren Wortspiel. "Der Vollendete: Messi führt Argentinien zum WM-Titel", greift das GrenzEcho die Tatsache auf, dass Lionel Messi jetzt wirklich alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt. "Gott gegen Frankreich", fasst Het Belang van Limburg auf seiner Titelseite das Endspiel zusammen.
Nicht zur Tagesordnung übergehen
Die Weltmeisterschaft ist vorbei, schreibt Le Soir in seinem Leitartikel. Und bis zur allerletzten Minute hat quasi die ganze Aufmerksamkeit und Leidenschaft dem Fußball und dem Spiel gegolten. Es war eine Begegnung für die Geschichtsbücher, zwei Mannschaften auf ihrem Zenit, mit ihrer jeweiligen Legende, die um ihren dritten Weltmeistertitel gespielt haben. Aber ist es am Ende wirklich immer der Fußball, der gewinnt? Kann er die Toten auf den Baustellen begraben? Die Ausbeutung der Migrantenarbeiter? Die Drohungen und Verbote gegen Homosexuelle? Die Ausgrenzung der Frauen? All die Klimaanlagen für die Stadien? Der Ball rollte und wir waren bereit, alles aus Katar zu schlucken – vor allem sein Gas-Geld, das schon vor und auch während der WM so viel gekauft hat, von Museen über Firmen bis hin zu ganzen Fußballmannschaften. Haben all die Empörung und Kampagnen über Missstände wirklich nichts gebracht? Ja und nein. Zumindest kann niemand mehr behaupten, nicht zu wissen, was in diesem Land vor sich geht.
Die Herausforderung für die Fußball-Funktionäre, die politisch Verantwortlichen, die Medien, die Nichtregierungsorganisationen lautet: Die Liste mit Vorwürfen darf jetzt nicht einfach ad acta gelegt werden, man darf nicht zur Tagesordnung übergehen, man darf nicht wieder die gleichen Fehler begehen, sich wieder den gleichen Kompromissen beugen. Auch und gerade wegen des Korruptionsskandals im Europäischen Parlament. Wie müssen die Augen mehr denn je aufhalten – für das, was dort und hier geschieht, fordert Le Soir.
Die Weltmeisterschaft ist zu Ende – und damit ein Monat voller Polemiken, kommentiert La Dernière Heure. Wir haben es bereits oft geschrieben: Von Anfang an, seit der Vergabe dieser Weltmeisterschaft, ist das Ganze schiefgelaufen. Der Bau der Stadien hat einen schweren Tribut gefordert von Tausenden von Arbeitern, die meisten von ihnen Ausländer. Zum humanitären Desaster kam dann noch das ökologische. Dann waren da noch die Bestechungsgelder aus Katar für verschiedene EU-Parlamentarier. Und nicht vergessen, dass ja schon bei der Vergabe der Weltmeisterschaft der Verdacht der Korruption im Raum stand. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es schon lange nicht mehr rund läuft im Fußball, zahllos sind die Korruptionsskandale, wettert La Dernière Heure.
"Selbst in Katar kann man sich keine Ehre kaufen"
Die weltweite Empörung hat Katar gezwungen, den Alltag für die etwa eine Million ausländischer Arbeiter weniger schlimm zu machen, hält La Libre Belgique fest. Fast könnte sich das Emirat jetzt schon rühmen, die am wenigsten unmenschliche Gesetzgebung zu haben unter den Golfstaaten. Es sind zwar große Fortschritte gemacht worden, aber der Weg ist dennoch noch lang. Katar belegt bei der Umweltverschmutzung pro Einwohner mit Abstand den Spitzenplatz. Der Staat schränkt auch Menschenrechte und individuelle Freiheiten ein. Aber alle Boykott-Aufrufe sind wirkungslos geblieben, sie sind von der Fußballbegeisterung hinweggefegt worden. Hierzulande und auch anderswo waren die Zuschauerzahlen rekordverdächtig. Fast scheint es also so, als ob Katar seine kostspielige Wette gewonnen hätte. Wenn da nicht mitten in der letzten Woche des Wettbewerbs die Bombe des EU-Korruptionsskandals geplatzt wäre. Die Weltmeisterschaft des Übermaßes hat es deswegen nicht geschafft, das Ansehen dieser autoritären Monarchie zu vergolden, sie trägt jetzt den zweifelsfreien Stempel eines Bestecher-Staates. Selbst in Katar kann man sich keine Ehre kaufen, stichelt La Libre Belgique.
Aus sportlicher und praktischer Sicht war diese Weltmeisterschaft im Großen und Ganzen gut organisiert, gesteht L'Avenir zu. Das bedeutet aber keinesfalls, dass wir die Augen verschließen sollten vor dem, was sich außerhalb dieser magischen Klammer getan hat. Der Korruptionsskandal im Europäischen Parlament hat gezeigt, dass die alten Gewohnheiten nie weit weg sind. Wir sollten in drei Jahren schauen, ob sich in Katar tatsächlich etwas verändert hat. Das Gleiche gilt für die FIFA. Aber ehrlich gesagt sind wir nicht sehr optimistisch, meint L'Avenir.
Wichtigkeit von Cybersicherheit verinnerlichen
De Morgen befasst sich mit einem ganz anderen "Weckruf", nämlich dem groß angelegten Hackerangriff auf die Informatiksysteme der Stadt Antwerpen: Harte Lehren muss zunächst einmal die Stadtverwaltung selbst ziehen aus diesem "digitalen Überfall mit Geiselnahme". Denn schon beim letzten Audit vor zweieinhalb Jahren wurde vor schweren Cyber-Defiziten gewarnt. Die Stadt investiere viel zu wenig in diesen Bereich, hieß es. Hinzu kamen dann noch zahlreiche Informatiklücken und veraltete Systeme. Das sollte auch anderen Verwaltungen als Warnung dienen – von der lokalen bis hin zur nationalen Ebene. Der digitale Angriff auf Antwerpen zeigt einmal mehr, wie verwundbar wir wären, wenn uns mal ein Staat ins Visier nehmen sollte. Was in der Vergangenheit ja bereits passiert ist. Der Ukraine-Krieg zeigt, dass russische Cyberangriffe auf das Stromnetz manchmal genauso verheerend sein können wie ein Raketeneinschlag in einen Transformator. Auch jeder einzelne von uns sollte verinnerlichen, wie wichtig Cybersicherheit ist. Überprüfen Sie doch noch heute, ob Sie irgendwo ein Backup ihrer Daten sicher untergebracht haben. Denn vielleicht sind die Einbrecher digital ja auch schon in Ihrem Haus, warnt De Morgen.
Boris Schmidt