"Hitze und Trockenheit können die Welt 'destabilisieren'", warnt De Morgen in seinem Aufmacher. "Klimaerwärmung: Uns stehen neue Krankheiten bevor", befürchtet La Dernière Heure. "Brände halten Einsatzkräfte in Atem: Feuerwehr musste am Wochenende in der DG häufig ausrücken – alleine elf Einsätze wegen Feuer", so die große Überschrift beim GrenzEcho. "Die Wälder Europas brennen weiter: bald eine Million Hektar Wald vernichtet", liest man auf Seite eins von De Standaard.
L'Echo vermisst beim Kampf gegen den Klimawandel Motivation auf allen Ebenen unserer Gesellschaft, angefangen bei den Staaten selbst: Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Deutschland, es spielt eigentlich keine Rolle, auf politischer Ebene fehlt es entweder an Führungskraft oder am Willen, sich wirklich zu engagieren. Aber leider ist Apathie keine Option, der Klimawandel zwingt uns schlicht und ergreifend dazu, alle verfügbaren Kräfte zu mobilisieren. Dafür braucht es eine neue Allianz zwischen den Bürgern und ihren gewählten Vertretern, eine Allianz, in der die Politik Verantwortung und die Rolle des Wegbereiters übernimmt, die Rolle eines visionären Sherpas, fordert L'Echo.
Jeder Tropfen zählt
Der Klimawandel und die Trockenheit der letzten Jahre haben unsere jahrhundertealten Gewissheiten verdampfen lassen und drücken uns mit der Nase auf die neue Wirklichkeit, kommentiert Het Nieuwsblad insbesondere mit Blick auf den Norden des Landes: Vielen Flamen ist es schon bewusst geworden, wie sehr wir uns um unsere Versorgung mit Wasser Gedanken machen müssen. Schon jetzt gehen wir viel behutsamer mit dem kostbaren Nass um als früher, selbst an diesen Hundstagen. Und das mit gutem Grund: Wasser wird ein immer knapperes Gut in unseren Breiten. Mangels großer Flussläufe und anderer natürlicher Wasserquellen ist gerade Flandern vollständig von Regenwasser abhängig. Nur damit es auch die Letzten verstehen: Ab jetzt zählt wirklich jeder Tropfen, unterstreicht Het Nieuwsblad.
Der deutsche Gas-Sonderweg
Wer hätte gedacht, dass wir in Westeuropa mal zum Spielball der Wettergötter werden würden, so Gazet van Antwerpen. Die Zeitung bezieht sich hierbei einerseits auf die Trockenheit und ihre Folgen, aber vor allem auch auf den kommenden Winter und dessen Auswirkungen auf die Gasversorgung Europas und genauer gesagt auf die neue Gasumlage in Deutschland. Die neue Abgabe bei unseren östlichen Nachbarn soll auf Basis des Verbrauchs berechnet werden.
Möglicherweise führt das dazu, dass die Menschen so ihren Gasverbrauch noch weiter reduzieren werden. Das ist ein großer Unterschied zum Vorgehen hierzulande: Der Fokus der belgischen Politik liegt nach wie vor auf Unterstützung. Und das lassen wir uns viel kosten, egal wie groß das Loch in der Haushaltskasse ohnehin schon ist. Diese belgische Politik ermuntert auch nicht zu Investitionen in alternative Energiequellen. Und die Unterstützungsmaßnahmen kommen auch denjenigen zugute, die das gar nicht nötig haben. Sinnvoller wäre eine zielgerichtete Hilfe. Und ja, was Gas betrifft, ist Belgien in einer komfortableren Lage als Deutschland. Aber was die Preissteigerungen angeht, sind wir genauso verwundbar, mahnt Gazet van Antwerpen.
De Tijd hebt hervor, wie auffällig es ist, dass Deutschland zur Senkung seines Gasverbrauchs die Abgabenkeule aus dem Sack holt: Die meisten Länder tun das genaue Gegenteil. Deutschland bezahlt jetzt den hohen Preis für seine enorme Abhängigkeit von russischem Gas. Jahrelang konnten die Industrie und damit der deutsche Export auf dem Wettbewerbsvorteil billigen Gases auf Hochtouren drehen. Diese Situation hat sich mittlerweile in ihr Gegenteil verkehrt: Deutschland muss ein neues Modell finden, um mit den hohen Gaspreisen zu leben. Die Bürger werden das ab Oktober auf ihren Rechnungen merken, so De Tijd.
Fanatismus hat kein Verfallsdatum
Ansonsten schlägt das Attentat auf Salman Rushdie nach wie vor sehr hohe Wellen, auch in den Leitartikeln: De Standaard beklagt in diesem Zusammenhang nicht nur die Taten religiöser Fanatiker, sondern auch die ihrer Handlanger: Viele Meinungsmacher, Schriftsteller und Politiker auch in Europa und in den Vereinigten Staaten, von alten Reaktionären bis hin zu toleranten Linken, stimmten schnell zu, dass "Die satanischen Verse" in der Tat den Islam beleidigten und dass es bei der freien Meinungsäußerung Grenzen geben müsse, konstatiert De Standaard.
Die Gefahr geht nicht nur von den religiösen Spinnern aus, schreibt Le Soir. Sondern auch von unseren Gesellschaften, die in ihrer Wachsamkeit nachgelassen haben. Es war frappierend zu sehen, wie verschiedene westliche Medien dieses Wochenende vom "kontroversen" Buch Salman Rushdies gesprochen haben. "Kontrovers" für wen denn bitte? Für die, die zum Mord an dem Schriftsteller aufgerufen haben? Das 1988 erschienene Buch ist kein Angriff auf den Islam. Aber selbst, wenn es "verletzend" wäre, so muss Gotteslästerung dennoch ein fundamentales Recht unserer Demokratien bleiben. Die Antwort auf den Anschlag darf deshalb nicht nur von den Sicherheitsbehörden kommen, sondern von der Gesellschaft als Ganzes: Wir alle müssen Salman Rushdie sein. Und zwar stärker als zuvor. Die Verkaufszahlen für "Die Satanischen Verse" sind in den letzten Tagen in die Höhe geschnellt, sowohl im Internet als auch in den Buchläden. Ein Zeichen des Widerstands gegen den Obskurantismus – und eine tröstliche Ironie. Der Attentäter hat das genaue Gegenteil von dem erreicht, was er eigentlich wollte, meint Le Soir.
Der Fanatismus, zu dessen Opfer Salman Rushdie vergangenen Freitag geworden ist, bedroht nicht nur Schriftsteller, Künstler und Journalisten, sondern auch normale Bürger, betont Het Belang van Limburg: In den Vereinigten Staaten werden Abtreibungskliniken und -ärzte von religiösen Fundamentalisten bedroht, in manchen osteuropäischen Ländern werden die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft untergraben, in Afghanistan sind Frauen ein Jahr nach dem Sieg der Taliban wieder unter Burkas gestopft worden und versinkt das ganze Land in Aufklärungsfeindlichkeit. All das zeigt: Fanatismus hat kein Verfallsdatum, ist Het Belang van Limburg überzeugt.
Boris Schmidt