"Brütend heiß – bis zu 40 Grad", titelt Gazet van Antwerpen. "Heiß, heißer, am heißesten", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Den heutigen Tag werden wir wohl ausschwitzen müssen", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Das Königliche Meteorologische Institut hat für heute eine Hitzewarnung ausgegeben. Für die Provinzen Westflandern und Hennegau gilt Alarmstufe Rot. Das Thermometer könnte stellenweise auf bis zu 40 Grad steigen.
"Und das hat schreckliche Auswirkungen auf Ihre Gesundheit", warnt La Dernière Heure. Das Blatt zählt auf: "Übersterblichkeit, vorzeitige Geburten, Anstieg der Krankenhausaufnahmen". Das Phänomen betrifft natürlich nicht nur Belgien: "Sengende Sonne über ganz Europa", so etwa die Schlagzeile von La Libre Belgique. Le Soir zeigt auf seiner Titelseite Bilder von den Waldbränden in Frankreich. Das Fazit der Zeitung: "Es ist der Sommer der Extreme".
Ein kleiner Kulturkampf, der einen viel größeren verbirgt
Eben im Zusammenhang mit den aktuellen Rekordtemperaturen kann man im Moment einen kleinen Kulturkampf beobachten, glaubt De Morgen in seinem Leitartikel. Angesichts all der Warnungen und Empfehlungen, die derzeit im Raum stehen, fühlt sich der Eine oder die Andere gleich wieder bevormundet. Das sei alles nur Panikmache, der Staat verhalte sich einmal mehr wie ein betütelnder Zuchtmeister.
"Hatten wir alles schon! – Einfach auf die Zähne beißen!", heißt es da. Klingt tapfer. Nur haben jene, die sich auf eine vage, heldenhafte Vergangenheit berufen, offensichtlich ein schlechtes Gedächtnis. Die heutigen Notfallpläne gibt es doch nur, weil die Hitzewellen von 2003 beziehungsweise 2006 für eine sichtbare Übersterblichkeit gesorgt hatten.
Dieser kleine Kulturkampf verbirgt in Wahrheit einen anderen, viel größeren: Widerstand gegen Hitzeprävention ist eigentlich nur eine Variante der Diskussion über den Klimawandel. Je greifbarer sich die Klimaveränderungen äußern, desto intensiver versuchen selbsternannte "Realisten", eben diese Veränderungen kleinzureden und als "völlig normal" hinzustellen. Wenn man nur die kleinsten Verhaltensänderungen von ihnen erwartet, schalten diese Leute gleich auf stur. Gesellschaftlich betrachtet, heißt das nichts Gutes.
De Tijd treiben ähnliche Gedanken um. Insbesondere beim Klimawandel ist die Versuchung groß, die Problematik auf die lange Bank zu schieben. Denn nicht jeder stellt einen unmittelbaren Zusammenhang her zwischen einer bestimmten Naturkatastrophe und den weltweiten Klimaveränderungen. Nach dem Motto: "Waldbrände oder Überschwemmungen hat es immer schon gegeben". Das sorgt dafür, dass es bei den Wählern keine wirkliche Akzeptanz gibt für eine entschlossene Klimaschutzpolitik.
Dabei wissen wir längst, dass die Auswirkungen des Klimawandels für enorme Kosten sorgen werden. Die Gretchenfrage lautet also: Inwieweit wird der Wähler Regierungsentscheidungen noch akzeptieren, die größeres Unheil vermeiden, die heute aber dem Portemonnaie wehtun? Stoßen wir hier am Ende an die Grenzen des politisch Machbaren?
Geschickte "fiskale Bombe"
Zweites großes Thema sind die mit Spannung erwarteten Pläne von Finanzminister Vincent Van Peteghem mit Blick auf eine Steuerreform. "Van Peteghem will eine Lastensenkung auf Arbeit in Höhe von zehn Milliarden Euro", titelt De Standaard. "3.200 Euro weniger Steuern auf einen Durchschnittslohn", präzisiert Het Laatste Nieuws.
Van Peteghem hat hier eine regelrechte "fiskale Bombe" gezündet, analysiert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Das ist ein dickes Ding. Ein ganz dickes Ding. Und man kann jetzt schon davon ausgehen, dass das innerhalb der Koalition für Irritationen sorgen wird. Den Expertenbericht, der die Arbeitsgrundlage des Ministers war, hatte MR-Chef Georges-Louis Bouchez schon in der Luft zerrissen und als kommunistisch gestempelt. Der nächste Streit innerhalb der Vivaldi-Koalition ist also schon programmiert. Da kann man sich die Frage stellen, ob Van Peteghem sich wirklich den richtigen Zeitpunkt ausgesucht hat, um seinen Entwurf vorzulegen.
Eins muss man Van Peteghem lassen: Der CD&V-Finanzminister windet sich geschickt durch das politische Minenfeld, meint De Standaard. Sein Entwurf ist keine Revolution und für jeden ist was dabei. Diese Blaupause könnte also immerhin eine Diskussionsgrundlage darstellen. Dies allerdings unter der Bedingung, dass Leute wie Georges-Louis Bouchez den Vorschlag nicht gleich vom Tisch fegen, bevor sie ihn gelesen haben. Zu viel darf man dennoch nicht erwarten: Es ist eine Blaupause, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Ausgewogene Blaupause… mit geringen Erfolgsaussichten
Die Frage ist tatsächlich, wie lebensfähig die Reformpläne des Finanzministers sind, glaubt auch Het Nieuwsblad. Es war von vornherein klar, dass die Steuerreform auf dem Tisch der nächsten Regierung landen würde. Es steht also zu befürchten, dass die Koalitionspartner nicht allzu viel Zeit darauf verwenden werden, über den Entwurf zu verhandeln. Als warnendes Beispiel kann die Pensionsreform dienen, an der sich die Koalition fast die Zähne ausgebissen hätte. Und die am Ende wesentlich bescheidener ausgefallen ist als ursprünglich angestrebt. Pläne gab's in diesem Land schon immer genug. Es ist die Umsetzung, an der es hapert.
Eigentlich ist es zum Verzweifeln, meint nachdenklich Het Laatste Nieuws. In den letzten Tagen haben wir es gesehen: Unzählige Stunden muss die Regierung über eine Rentenreform verhandeln, die diesen Namen eigentlich gar nicht mehr verdient. Wir leben offensichtlich in einer Welt, in der es einige Parteien nicht mehr wagen, auch nur eine unpopuläre Maßnahme zu treffen. Die Blaupause von Finanzminister Van Peteghem mag noch so ausgewogen sein, die Aussichten, dass die Reform am Ende kommen wird, sind sehr gering. Vielleicht hätte es geholfen, wenn Van Peteghem präziser gewesen wäre in der Frage, wie das Ganze finanziert werden soll.
Roger Pint