Die erste große Winteroffensive, die innenpolitische Situation und der angekündigte Machtwechsel an der Spitze der französischsprachigen Liberalen sind heute die Aufmacher und Kommentarthemen der belgischen Inlandspresse.
Belgien braucht neue Regierung
Le Soir hat, wie einige andere Tageszeitungen, die Winteroffensive auf der Titelseite. Anderes Aufmacher-Thema der Brüsseler Tageszeitung ist der dringende Appell des flämischen Arbeitgeberverbandes, rasch eine Föderalregierung auf die Beine zu bringen. Auch die N-VA müsse Verantwortung übernehmen. Diese Aussagen seien umso wichtiger, meint Le Soir, als sie von einem Verband kommen, der der N-VA nahe steht.
Im Leitartikel geht das Blatt derweil auf die Enthüllungen der Internet-Plattform WikiLeaks ein. Die öffentlich gemachten Dokumente über die Arbeit von US-Diplomaten, würden vor allem eines unterstreichen: Die geheimen Dokumente hätten nicht als vertraulich eingestuft werden müssen. Wären sie zugänglich gewesen, hätte sich wohl niemand auf sie gestürzt. Heute würden die USA ganz einfach für ihre Manie der Geheimniskrämerei büßen.
Was ist Transparenz wert?
La Libre Belgique widmet heute ebenfalls Titelseite und Leitartikel den jüngsten Enthüllungen von WikiLeaks im Internet.
Auch wenn die jetzt veröffentlichten Geheimdokumente so streng vertraulich nicht hätten sein müssen, würde die Diplomatie wohl Schaden nehmen. Zwar könne sich WikiLeaks das Eintreten für Transparenz auf die Fahne schreiben, meint La Libre, doch müsse die Frage erlaubt sein, wie weit man im Namen der Transparenz geht.
Nervosität auf Finanzmärkten hält an
De Morgen titelt heute seinerseits zur dringend gesuchten neuen Regierung. Die Appelle aus der Wirtschaft und die Nervosität auf den Finanzmärkten würden den Druck auf Belgien erhöhen. Neben dem flämischen Arbeitgeberverband und der Verwaltung des Schatzamtes läutet nun auch die EU-Kommission die Alarmglocke. Alle würden sie die Notwendigkeit einer handlungsfähigen Regierung unterstreichen, um mit ihr die Finanzmärkte zu beruhigen und das drohende Loch im Staatsetat für 2011 und 2012 einzudämmen.
Auch die Wirtschaftsblätter L'Echo und De Tijd titeln heute zur Nervosität auf den Finanzmärkten. Die sei weiterhin spürbar und das trotz der finanziellen Hilfsmaßnahmen für Irland. Die zuständigen EU-Minister hatten das ganze Wochenende über mit dem Ziel gearbeitet, die Märkte mit den ergriffenen Maßnahmen zu beruhigen. Doch die erhofften Reaktionen blieben aus. Die Angst um Ansteckung anderer Länder, wie Portugal oder Spanien sei zu Stark, meint L'Echo. Und jetzt würde auch Belgien langsam Fragen aufwerfen.
Das veranlasst De Tijd heute zu dem Titel: „AG Belgien immer stärker unter Druck“. Als Beispiel führt das Wirtschaftsblatt die Staatsanleihen an. Die verlieren nach Ansicht von De Tijd ihren Charakter einer sicheren Anlage.
Wird Charles Michel neuer MR-Parteichef?
L'Avenir stellt sich heute die Frage zur Nachfolge von MR-Parteichef Didier Reynders. Einer der aussichtsreichen Kandidaten sei Charles Michel, meint das Blatt. Er sei konsensfähig als neuer starker Mann an der Spitze der französischsprachigen Liberalen. Unterstützung würde er wohl bekommen und selber denke Michel Junior wohl auch über diesen Posten für sich nach.
UN kritisiert belgische Asylpolitik
De Standaard titelt zur belgischen Asylpolitik. Inzwischen melde sich auch die UN hierzu mit Kritik zu Wort, meint die Zeitung und schreibt, dass das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen die Zustände in Belgien als inakzeptabel kommentiere. Es sei unverständlich, dass in Brüssel Menschen auf der Straße leben müssten und kein Unterkommen in Auffangzentren fänden. Während der für gesellschaftliche Integration zuständige Staatssekretär Courard heute mit den Bürgermeistern der Region Brüssel nach Lösungen suchen wolle, würden die 4000 versprochenen zusätzlichen Plätze für Asylbewerber weiter auf sich warten lassen. Im Leitartikel meint die Zeitung hierzu, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Nachricht vom Tod durch Erfrieren eines Asylbewerbers in Belgien Schlagzeilen mache.
Katastrophenplan für Asylbewerber nötig
Auch Het Laatste Nieuws ist der Überzeugung, dass der Bereich Asylpolitik und die betroffenen Asylanten einen Katastrophenplan nötig machen. Die Lage von 6.700 Personen, die nicht in Auffangzentren untergebracht werden können, schreie zum Himmel. Schon deshalb forderten das Flüchtlingshilfswerk Flandern sowie die Parteien SP.A und Groen, Sporthallen mit Feldbetten auszurüsten und den Zivilschutz Feldküchen einrichten zu lassen.
Den Leitartikel widmet derweil auch Het Laatste Nieuws den wachsenden Bedenken gegenüber Belgien, die sich in der Wirtschaftspresse äußern. Es würde wohl auch nicht das letzte Mal sein, dass Belgien hier Negativschlagzeilen mache. Die Politiker im Land würden jedenfalls alles hierfür tun. Wer in schwierigen Zeiten Führungslosigkeit signalisiere, müsse schon gute Karten haben um nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.
Gazet Van Antwerpen hat ebenfalls die Folgen der Asylpolitik auf der Titelseite und schreibt, dass in der Region Antwerpen kein Platz für zusätzliche Asylbewerber mehr bestehe. Von 106 befragten Kommunen habe fast keine in einer jüngst durchgeführten Umfrage signalisiert, noch zusätzliche Asylbewerber aufnehmen zu können.
Winteroffensive mit Minus-Temperaturen
Het Nieuwsblad schließlich bringt die herannahende Kältewelle auf die Titelseite und meint, dass die Temperaturen in Flandern heute auf gefühlte minus 15° sinken würden.