"Belgischer Fußball – Das Erdbeben", titelt Le Soir. "Staatsanwaltschaft will Spitze des belgischen Fußballs vor Gericht sehen", so die Schlagzeile bei Het Nieuwsblad. "Rote Karte für belgischen Fußball", schreibt Gazet Van Antwerpen auf Seite eins.
Die föderale Staatsanwaltschaft hat gestern Nachmittag bekanntgegeben, dass sie im Zuge ihrer Ermittlungen im 2018 aufgeflogenen belgischen Fußballskandal mehrere Verdächtige vor Gericht befragen möchte. Die Zeitungen sind sich uneins, ob es sich dabei um 56 oder 57 Personen handelt.
Le Soir listet ein paar davon auf: Die beiden führenden Manager des FC Brügge, der Präsident von Standard Lüttich, der große Ex-Manager von Gent, ein ehemaliger Bürgermeister von Antwerpen und Ex-Geschäftsführer von Genk, die ehemalige Sportdirektion von Anderlecht, zwei ehemalige Präsidenten des belgischen Fußballverbandes, die beiden besten Schiedsrichter der höchsten Spielklasse in 2018, die bekanntesten Agenten: Es ist die Crème de la Crème des belgischen Fußballs, die da auf der Liste der Staatsanwaltschaft steht.
Natürlich gilt für sie alle zunächst die Unschuldsvermutung. Aber schon jetzt ist das Ergebnis der Untersuchung absolut verheerend für den belgischen Fußball. Eine so schwarze Stunde wie gestern hat der Sport Nummer eins in unserem Land noch nie erlebt, wertet Le Soir.
Die Hälfte aller Jupiler League-Vereine sind betroffen
L’Avenir bemerkt: Jetzt haben wir eine Reihe von Namen, aber wissen nicht, was diesen Menschen vorgeworfen wird. Natürlich kann man vom schlimmsten ausgehen. Aber bislang ist eben nichts bekannt.
Das Problem dabei ist, dass viele dieser Personen, die auf der Liste der Staatsanwaltschaft stehen, zurzeit aktiv bei ihren Clubs und im Verband sind. Soll man jetzt so tun, als ob nichts wäre? Erklärungen sind notwendig, damit der Fußball so schnell wie möglich wieder sauber wird – wenn das überhaupt möglich ist, zweifelt L’Avenir.
De Tijd fordert dafür ein hartes Durchgreifen, denn die Namen der von der Staatsanwaltschaft genannten Personen verweisen auf mehr als die Hälfte aller Vereine aus der höchsten Spielklasse. Zusätzlich laufen noch weitere Ermittlungen, die ins Ausland führen.
Es geht also nicht nur um ein paar wenige Beschuldigte von wenigen Clubs. Das gesamte System des Spitzenfußballs in Belgien ist krank. Mit milden Strafen ist es da nicht getan. Verurteilte Spielervermittler oder Manager müssen lebenslange Berufsverbote bekommen. Strenge sportliche Strafen wie Zwangsabstiege für betroffene Clubs sollten durchgesetzt werden. Zur Not muss die Drohung im Raum stehen, die gesamte Geldmaschine Fußball in Belgien einfach stillzulegen, fordert De Tijd.
Het Belang Van Limburg meint: Die föderale Staatsanwaltschaft verdient ein großes Lob für ihre Arbeit. Denn auf lange Sicht wird die Aufarbeitung der Machenschaften im belgischen Fußball diesen Sport bei uns stärken. Wir bekommen jetzt die Chance, Schluss zu machen mit all den Dingen, die den Beschuldigten vorgeworfen werden. Mit Bestechung, Manipulation, Geldwäsche und so weiter.
Mal schauen, wer von den 57 Personen letztlich vor Gericht aussagen muss. Am 27. Januar werden wir mehr wissen, wenn die Ratskammer über den Antrag der Staatsanwaltschaft entscheidet, notiert Het Belang Van Limburg.
Visionslose Ministerin und kleinregierter Staat
Het Laatste Nieuws analysiert die Rolle, die die föderale Energieministerin Tinne Van der Straeten bei der aktuellen Diskussion um die hohen Preise für Strom und Gas einnimmt. Die Zeitung urteilt: Während die Gas- und Stromrechnungen durch die Decke schießen, geht bei der Ministerin das Licht aus. Denn was ist das für eine Ministerin, die, wenn es um die Kernkompetenz ihrer Arbeit geht, die Regie komplett aus der Hand gibt?
Tinne Van der Straeten vermittelt gerade den Eindruck, als ob sie gar keine eigene Meinung habe. Sie dackelt quasi dem Geschehen hinterher, verweist auf das, was die Regierung schon gemacht hat, aber schlägt selbst nichts vor. Sie verbreitet keine eigene Zukunftsvision. Das hätte man sich von einer Grünen-Politikerin anders vorgestellt. Zumal es bei dem Thema Energie doch um ein Kernanliegen ihrer Partei geht, wundert sich Het Laatste Nieuws.
De Staandard findet: Es ist nicht verwunderlich, dass die Föderalregierung sich so schwertut, die Bürger gegen die ausufernden Energiepreise zu schützen. Denn beim Schutz der Bürger vor einem außer Kontrolle geratenen Markt sind unsere Regierungen immer schlechter geworden.
Nach Jahrzehnten, in denen sie sich aus ihren ehemaligen Aufgabenbereichen zurückgezogen haben, sanieren, privatisieren und reformieren mussten, stehen ihnen solche Mittel zum Schutz der Bürger einfach nicht mehr zur Verfügung. Der Staat hat sich selbst klein regiert. Selbstsabotage, könnte man das nennen. Die Folgen erleben wir jetzt, bedauert De Standaard.
Blick ins Weser-Tal
L’Echo schaut sechs Monate nach der Hochwasserkatastrophe ins Weser-Tal und stellt fest: Die Schäden sind immer noch zu sehen. Noch ist nichts, wie vorher. Aber so soll es auch gar nicht wieder werden.
Diese wundervolle Region hat es verdient, endlich zu blühen. Denn die Hochwasserkatastrophe war nach dem Niedergang der Industrie seit den 70er Jahren der zweite heftige Nackenschlag für das Gebiet, das so viel Potenzial hat. Dieses Potenzial muss jetzt ausgeschöpft werden: Tourismus, Handel, neue Immobilienprojekte. Die Ideen sind da. Sie sollten tatkräftig verwirklicht werden, wünscht sich l’Echo.
Kay Wagner