„Auch die flämischen Parteien verhandeln weiter“, so bringt es Het Laatste Nieuws auf den Punkt. Gestern gelang es dem königlichen Vermittler Johan Vande Lanotte, erneut eine Krise zu vermeiden.
De Morgen titelt: „Beke setzt Di Rupo unter Druck“. Die CD&V findet, die PS müsse sich stärker engagieren, damit endlich ein Kompromiss in Sachen Staatsreform und Finanzierungsgesetz gefunden wird.
La Libre Belgique bringt als wichtigste Schlagzeile: „Bei der MR geht die Reynders-Ära zu Ende“. Die Partei kündigte für den 13. Februar eine Neuwahl des Parteivorsitzenden an.
„Belgien im Visier der Spekulanten“, ist in Le Soir der wichtigste Aufmacher. Demnach beunruhigt die politische Instabilität unseres Landes die Finanzmärkte. Diese Analyse war in verschiedenen englischen und amerikanischen Zeitungen zu lesen.
Belgien im Visier der Finanzmärkte
De Tijd will nicht ausschließen, dass auch Belgien in finanzielle Turbulenzen gerät. Schuld sind hieran unsere enorme Staatsverschuldung und die Tatsache, dass Belgiens Banken große Interessen in Irland und Südeuropa haben. Wenn sich dort die Finanzkrise weiter verschärft, wird das auf jeden Fall schlimme Konsequenzen haben. Belgien muss jetzt alles Mögliche unternehmen, um die Aufmerksamkeit der Spekulanten nicht auf sich zu richten, meint De Tijd.
Hierzu kommentiert Le Soir: Das Risiko einer Finanzkatastrophe ist nicht mehr auszuschließen. Die Parteien, die zurzeit über eine Staatsreform verhandeln, müssen sich hiermit dringend auseinandersetzen. Es muss eine Regierung her oder die jetzt noch amtierende Leterme-Regierung muss mehr ausrichten dürfen. Wir müssen absolut aus dem Schussfeld der Spekulanten bleiben.
Gewitterwolken sorgen für Gesprächsbereitschaft
Het Laatste Nieuws meint: Die finanziellen Gewitterwolken sorgen dafür, dass die politischen Parteien endlich begreifen, dass wir dringend eine neue Regierung brauchen. Das belegt auch die Tatsache, dass niemand den Kompromissvorschlag von Vande Lanotte abgeschossen hat. Ab Montag wird jetzt über Grundsätzliches verhandelt. Auf dem Tisch liegen eine relativ umfassende Staatsreform und ein plausibler Vorschlag zur Steuerautonomie.
L'Avenir glaubt: Belgien riskiert, auf dieselbe Liste wie Griechenland, Irland, Spanien und Portugal zu geraten. Diese Bedrohung scheint aber auch zu bewirken, dass die verhandelnden Parteien zu mehr Zugeständnissen bereit sind, was die Regierungsbildung betrifft. Nur so ist es zu verstehen, dass die PS weiteres Entgegenkommen zeigt, was die regionale Steuerautonomie betrifft.
Kompromiss noch möglich?
Kritischer sieht das La Dernière Heure. Seit den Wahlen vom 13. Juni steht Belgien still. Die sieben an den Koalitionsverhandlungen beteiligten Parteien misstrauen einander und tun so, als sei noch immer Wahlkampf. So ist ein Kompromiss nicht möglich. Die französischsprachigen Parteien müssen begreifen, dass es den Flamen mit den Autonomiebestrebungen ernst gemeint ist.
L'Echo ist etwas optimistischer. Es hat den Anschein, dass der von Vande Lanotte vorgelegte Text nicht allzu weit davon entfernt ist, was der kleinste gemeinsame Nenner der sieben beteiligten Parteien sein dürfte. Wahrscheinlich hat deshalb die PS in Sachen Finanzautonomie Gesprächsbereitschaft signalisiert. Obschon die Partei hierzu bisher absolut nicht bereit war.
Beke neuer Parteichef der CD&V
Bei der CD&V werden am Samstagmittag die Kandidaturen für den neuen Parteivorsitzenden abgeschlossen. Es sieht danach aus, dass Wouter Beke der einzige Kandidat bleibt. Von einer echten Wahl kann also hier nicht die Rede sein, findet Het Belang van Limburg.
Das überrascht überhaupt nicht bei der CD&V, so der Leitartikler. Hier ist die Situation völlig anders als bei der VLD und der SP.A. Bei den Liberalen hat jeder seine eigene Meinung. Wenn aber drei Christdemokraten miteinander diskutieren, kommt dabei eine von allen mitgetragene Position heraus. Bei der SP.A ist immer nur einer der Chef, der für alle anderen mitdenkt.
Auch De Morgen kommentiert die Wahl des neuen Parteichefs bei der CD&V. Beke ist der alleinige Kandidat, weil er keine Bedrohung für diejenigen darstellt, die bei der CD&V wirklich das Sagen haben. Die Tatsache, dass er alleine antritt, belegt eine gewisse Blutarmut der Christdemokraten. Politisches Talent scheint dort eher dünn gesät zu sein.
Ab Montag: Klimagipfel in Cancun
La Libre Belgique meint, das öffentliche Interesse für die Erderwärmung ist wegen der Wirtschaftskrise ins Hintertreffen geraten. Viele halten das Klimathema mittlerweile für eine Luxusdebatte. Das ist aber falsch und riskant, wie sich in einigen Jahren herausstellen dürfte.
De Standaard kommentiert, der letzte Klimagipfel in Kopenhagen brachte nicht viel und auch jetzt sind die Erwartungen nicht hoch gespannt. Tatsache ist, dass die Bekämpfung der Erderwärmung niemanden mehr begeistert. Politiker müssen ihre Verantwortung übernehmen. Aber die werden dies nicht tun, wenn sie von den Wählern nicht dazu gezwungen werden.
Bild: belga