Die Note, die der königliche Vermittler Vande Lanotte den sieben Parteien als Verhandlungsgrundlage übergeben hat, löst in allen Tageszeitungen Kommentare aus.
Gazet Van Antwerpen meint dazu: Alle Möglichkeiten und Alternativen liegen auf dem Tisch. Die finanziellen Folgen jedes einzelnen Vorschlags sind berechnet. Abänderungen sind noch möglich, aber nicht endlos. Einen anderen Weg gibt es nicht. Das ist der beste Ausgangspunkt in den letzten 160 Tagen. Es wird Zeit, dass die PS von ihrer starken Position in der Wallonie Gebrauch macht und cdH und Ecolo überredet, der Staatsreform zuzustimmen. Wenn sie weiterhin Nein sagen, setzen sie die Wohlfahrt der drei Regionen aufs Spiel.
Het Belang van Limburg erklärt: Wenn es den Parteien nicht gelingt, ein Abkommen zu finden, sind Neuwahlen die einzige Alternative. Sie könnten zu einem Referendum über den Fortbestand des Landes werden. Wenn die Flamen sich massiv für die Spaltung Belgiens aussprechen, hat Di Rupo ein gewaltiges Problem, selbst wenn er die Wahlen in der Wallonie gewinnt. Umgekehrt ist De Wever der Dumme, wenn die flämische Bevölkerung die Spaltung ablehnen sollte. Die beste Lösung ist, jetzt miteinander zu verhandeln.
Die Warnung des flämischen Ministerpräsidenten
Der flämische Ministerpräsident Kris Peeters sagt der Zeitung De Standaard: Vande Lanotte will den Regionen zu wenig geben. Die Gliedstaaten erhalten zwar nach seinem Plan zusätzliche Befugnisse, doch nur 90% der dazu gehörenden Mittel. So könnte der Föderalstaat einen Teil seiner Sanierungen auf die Regionen abschieben. Allein für Flandern wären das zwei Milliarden Euro.
De Morgen stellt auf seiner Titelseite fest: Der Kompromissvorschlag des Vermittlers löst gegensätzliche Reaktionen aus. Für CD&V und N-VA ist er noch unzureichend, für die Frankophonen geht er schon zu weit. In den sieben Partei-Hauptquartieren bereitet man eine Reihe von Abänderungsvorschlägen vor. Die ersten Reaktionen lassen nur wenig Optimismus zu.
Vande Lanotte denkt daran, aufzugeben
Het Nieuwsblad bringt die Schlagzeile: Vande Lanotte denkt daran, seinen Auftrag zurückzugeben, wenn sein Plan nicht angenommen wird. Er wartet auf ein deutliches Signal des N-VA-Vorsitzenden De Wever, dass seine Partei tatsächlich ein Abkommen wünscht. Vorerst verhandelt Vande Lanotte getrennt mit frankophonen und flämischen Parteien. Es ist zu erwarten, dass er Ende der kommenden Woche einen neuen Kompromisstext vorlegt. Es soll nur noch wenige Möglichkeiten geben, diesen abzuändern. Wenn die anderen Parteien mitmachen, wird Vande Lanotte die nächsten Etappen in Angriff nehmen, nämlich Brüssel und BHV.
Le Soir glaubt, dass die N-VA ihre Machtposition ausnutzt, um die anderen zu erpressen, bis die föderale Politik völlig blockiert ist. Sie trägt eine schwere Verantwortung. Das Land könnte eines Tages in eine Krise gestürzt werden, wie schon Griechenland und Irland.
Wird Belgien das nächste Opfer der Finanzkrise?
Dazu bemerkt La Libre Belgique: Während die anderen europäischen Länder längst Sparprogramme ausführen, hat Belgien noch keine einzige konkrete Sanierungsmaßnahme ergriffen. Dabei muss es bis 2015 in seinem Haushalt 25 Milliarden Euro auftreiben. Es hat keine Regierung, die einen Sparplan umsetzen könnte. Das Ausland stellt sich bereits Fragen.
Das unterstreicht auch Het Laatste Nieuws. Belgien ist Zielscheibe der Finanzmärkte. Die britische Zeitung The Guardian stellt Belgien auf die gleiche Stufe wie Irland und Griechenland. Die Zinsen auf belgische Obligationen steigen, auch wenn sie noch weit unter den griechischen und irischen Tarifen liegen. Der geschäftsführende Premierminister Leterme beschwichtigt mit der Bemerkung, Belgien sei weitaus gesünder. Die Warnung, es könnte das nächste Opfer der Krise werden, sei völlig aus der Luft gegriffen.