"Regierung im letzten Sprint zur Haushaltseinigung", schreibt De Morgen. "Verhandlungen bis zum Schluss beim budgetären Konklave", so die Überschrift bei L'Echo. "Föderale Regierung mildert Energiepreiserhöhung ab – Strafen für Langzeitkranke", fasst das GrenzEcho zwei Punkte aus den noch laufenden Verhandlungen zum föderalen Haushalt 2022 zusammen.
Heute am frühen Nachmittag soll Premierminister Alexander De Croo ja den politischen Kurs und vor allem den Haushalt 2022 vor dem föderalen Parlament vorstellen. Die Verhandlungen haben sich erneut bis tief in die Nacht beziehungsweise in den frühen Morgen gezogen. Zu einer endgültigen Einigung ist es bislang nicht gekommen. Allerdings sollen sich die Regierungsparteien der Vivaldi-Koalition auf die Grundzüge des Haushalts geeinigt haben. Auch in verschiedenen anderen Dossiers soll es einen Konsens geben. Die Titelseiten und Leitartikel der Zeitungen bilden entsprechend den Kenntnisstand zur Drucklegung ab.
Mit seiner Regierungserklärung läutet der Premier Alexander De Croo heute das neue politische Jahr offiziell ein, hält Het Belang van Limburg fest. Endlich werden wir erfahren, was die föderale Regierung für uns in petto hat – und wie sie den Haushalt wieder auf die Schienen bekommen möchte. Mit einer Flasche Ehrgeiz in der linken Hand und einem Blumenstrauß Voluntarismus in der rechten wird uns der Premier einen schönen Zukunftsplan präsentieren. Aus den Reihen seiner Koalitionspartner wird er dafür lauten Applaus ernten. Von der Opposition wird es natürlich Hohn, Tadel und Grimassen geben. So ist es immer gewesen und so wird es immer bleiben, fasst Het Belang van Limburg zusammen.
B-Day für Regierung De Croo
Heute ist D-Day oder - besser gesagt - B-Day für die Regierung De Croo, kommentiert Het Nieuwsblad. B für Budget, also den Haushalt 2022. Je näher die Deadline rückte, umso mehr sickerte durch. Auch darüber, was den Bürger am meisten interessiert, weil er es in seinem Portemonnaie spürt: die steigenden Energierechnungen. Eine gute "State of the Union" - zu Deutsch Regierungserklärung - macht deutlich, was beschlossen worden ist. Sie muss Klarheit in das Wirrwarr aus Zahlen, Einsparungen und Prognosen bringen. Das ist eine Aufgabe, die in Post-Corona-Zeiten noch schwieriger ist als sonst. Und es ist eine Aufgabe, die Premierministern selten gelingt. Nach dem, was wir bisher gehört haben, sind die Hoffnungen nicht allzu groß, dass es Premier De Croo heute viel besser ergehen wird. Der Hickhack um die Energierechnung war unglücklich, um es mal positiv auszudrücken. Schuld daran sind vor allem die Sozialisten. Die haben auf beiden Seiten der Sprachgrenze munter Testballons über Energieschecks für alle und selbst eine Verringerung der Mehrwertsteuer steigen lassen. Ein von vornherein ziemlich albernes Manöver, weil angesichts des heutigen Zustands der Staatskasse unbezahlbar. Soweit bekannt soll jetzt vor allem den Schwächsten der Gesellschaft bei der Energierechnung geholfen werden, also denen, die es echt nötig haben. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber das vorhergehende Theater und die großen unerfüllten Versprechungen der Sozialisten werden Folgen haben. Man kann dem Premierminister heute nur viel Glück wünschen, um der Bevölkerung all das und noch viel mehr zu vermitteln, so Het Nieuwsblad.
Eine unangenehme Wahrheit
Het Laatste Nieuws geht auf die Details der Maßnahmen ein, mit denen die Energierechnungen gesenkt werden sollen: Der ausgeweitete Sozialtarif wird bis April verlängert. Es handelt sich also um eine temporäre Maßnahme. Berechtigte Haushalte kommen außerdem in den Genuss eines einmaligen Preisnachlasses. Allerdings sollen alle Haushalte durch die föderale Reform der Energierechnung 30 bis 50 Euro mehr pro Jahr im Geldbeutel behalten. Das bedeutet, dass die Mittelklasse hier relativ leer ausgeht, wie die N-VA zurecht bemängelt. Die unangenehme Wahrheit ist aber, dass es keine einfache Antwort gibt. Soll etwa jeder einen Energiescheck über 100 Euro bekommen? Das würde bedeuten, dass auch die unterstützt würden, für die 100 Euro eh keinen Unterschied machen. Außerdem ist das Geld dafür sowieso nicht da – und zwar schon lange nicht mehr, erinnert Het Laatste Nieuws.
"Verpasste Chance"
Der Schock durch die steigenden Energiepreise hält sich für viele in der Mittelklasse ohnehin in Grenzen, unterstreicht De Standaard. Denn sie haben schon in Sonnenpaneele, Isolierungen, energiesparende Beleuchtungs- und Heizsysteme investiert. Investitionen überdies, für die sie oft sogar staatliche Unterstützung bekommen haben. Haushaltstechnisch betrachtet fallen die Mehrausgaben auch nicht allzu schwer ins Gewicht, weil die Regierung über die Mehrwertsteuer auf Elektrizität auch höhere Einnahmen hat. Dennoch ist das Energiepaket auch eine verpasste Chance: Die Regierung könnte über steuerliche Anpassungen mehr tun, um Investitionen in grünen Strom zu fördern, meint De Standaard.
Mit möglichen weiteren Maßnahmen nicht nur der föderalen, sondern auch der regionalen Regierungen befasst sich auch De Morgen: Neben der direkten Unterstützung für die Schwächsten der Gesellschaft sollte voll auf die Isolierung von Wohnungen und Gebäuden gesetzt werden. Das ist die sinnvollste Energiemaßnahme, die Regierungen im Moment nehmen können. Denn das zahlt sich gleich vierfach aus: Es ist gut für das Klima, sorgt für niedrigere Rechnungen, hilft den Menschen, die in schlecht isolierten Wohnungen leben und vor allem ist es eine kluge Investition in die Wirtschaft. Mit Energiesparen kann in einem Land wie unserem stark gepunktet werden, weil Familien noch immer einen relativ großen Teil ihres Einkommens in Energie stecken müssen. Das erfordert allerdings, dass Regierungen und Minister zusammenarbeiten. Eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen des Landes wäre in Belgien allerdings nichts weniger als eine Revolution. Es ist jetzt an den Politikern, zu entscheiden, ob sie die Energiekrise für wichtig genug halten, um diese Revolution zu beginnen, stichelt De Morgen.
Flutkatastrophe: unzulängliches Krisenmanagement
Mit einem ganz anderen Thema befasst sich Le Soir in seinem Leitartikel, nämlich mit dem gestern vorgestellten Gutachten unabhängiger Experten zur Flutkatastrophe von Mitte Juli. Kernbefund: Egal, ob Institutionen oder Bürger, Belgien oder die Wallonie, in puncto Risikobewusstsein und Krisenmanagement liegt vieles im Argen. Die Regeln und Werkzeuge, die zur Verfügung stehen, reichen nicht aus, um einer entfesselten Natur die Stirn zu bieten. Natürlich kann man nicht alles vorhersehen und kann keine präventive Maßnahme Dramen dieses Ausmaßes vollständig verhindern. Dennoch sollte man zumindest versuchen, sich so gut wie möglich vorzubereiten. Und davon sind wir sehr weit entfernt, wie der Bericht festhält. Das muss sich ändern. Die Politik und die anderen Verantwortlichen haben die Verpflichtung, die Infrastruktur zu durchleuchten. Genauso wichtig sind aber die Abstimmung zwischen den verschiedenen Ebenen in puncto Krisenmanagement, die Warnketten, die Flächennutzungspläne und die Informationsflüsse. Es gibt viel zu tun. Aber das schulden die Verantwortlichen den Opfern des Hochwassers, fordert Le Soir.
Boris Schmidt