"Die Explosion der Gaspreise treibt die Märkte in den Fieberwahn", so der große Aufmacher bei L'Echo. "Panik lässt Gaspreis in alle Richtungen ausschlagen", titelt De Tijd. "EU will über alles sprechen – wegen der Preissteigerungen bekommen verworfene Ideen plötzlich eine zweite Chance", schreibt De Morgen.
Rund vier von zehn belgischen Haushalten müssen bis zu 700 Euro im Jahr mehr berappen als noch 2020, kommentiert das GrenzEcho. Auch wenn es nicht jeden so hart trifft – ungeschoren kommt keiner davon. Die Politik hat die brennende Lunte gerochen und jetzt überschlagen sich die Vorschläge für Hilfsmaßnahmen. Zu der Frage, wie diese finanziert werden könnten, hört man indes wenig. Geld ist ohnehin schon lange keines mehr da. Glaubt man der zuständigen EU-Kommissarin, dürfte sich die Situation im nächsten Sommer entspannen. Ein schwacher Trost für alle, denen in einer womöglich kalten Wohnung heiß wird, wenn die nächste Energierechnung ins Haus flattert, giftet das GrenzEcho.
"Weltmeister der Vorsätze"
Nichts zu tun, ist sicher keine Option, stellt Gazet van Antwerpen fest. Denn dann kann das Leid für die schwächsten Familien zu groß werden. Die Verlängerung des ausgeweiteten Sozialtarifs ist sicher eine sinnvolle Maßnahme. Aber was dann? Senkung der Mehrwertsteuer, Energieschecks aus Steuermehreinnahmen, die Energiekonzerne zur Kasse bitten, die gerade viel mehr einnehmen? Dann haben wir aber nur über Strom gesprochen aber nicht über Gas – da wird es nämlich noch viel schwieriger, weil Putin und die Scheichs von Qatar am längeren Hebel sitzen. Europa steht vorläufig ziemlich machtlos da. Wie üblich. Der europäische Gipfel gestern brachte keine konkreten Ergebnisse, nur hehre Vorsätze, dass unsere Energieversorgung doch etwas unabhängiger werden sollte. Bei Vorsätzen ist Europa Weltmeister. In dieser Krise muss aber schon mehr kommen, wettert Gazet van Antwerpen.
Die Wirtschaftszeitung De Tijd kritisiert derweil die automatische Indexanpassung der Löhne: Über diesen einzigartigen belgischen Mechanismus können die Familien ihre höheren Energiekosten auf die Betriebe abwälzen. Damit wird ein gefährlicher Weg beschritten. Oder hat man etwa die Lehren aus dem Ölschock von 1973 vergessen? Durch die Indexbindung der Löhne trieben die höheren Ölpreise damals die Lohnkosten in Belgien stark nach oben. Das hatte fatale Folgen und machte Belgien zum kranken Mann Europas. Die höheren Energiepreise jetzt wieder über die Indexanpassung auffangen zu wollen, ist also eine besonders schlechte Idee; die Firmen leiden ohnehin schon unter den höheren Energiekosten und höheren Preisen für andere Rohstoffe. Die am wenigsten schmerzhafte Lösung ist, dass alle die Rechnung gemeinsam tragen, also die Firmen, der Staat und die Familien, fordert De Tijd.
Weiter Ärger für die Moslemexekutive
Het Belang van Limburg greift den neuen Wirbel um die sogenannte Moslemexekutive auf. Dieses Organ soll alle Muslime in Belgien repräsentieren und organisatorische Aspekte der Religionsausübung regeln. Die Liste der Probleme ist lang, und jetzt soll die Staatssicherheit auch noch die ganze Exekutive durchleuchten. Das hat der föderale Justizminister Vincent Van Quickenborne angeordnet, nachdem über mögliche Verwicklungen des Vorsitzenden der Moslemexekutive bei der Verbreitung extremistischen Gedankenguts berichtet worden war.
Wegen dieser Vorwürfe stellen manche die offizielle Anerkennung der Moschee in Frage, die im Zentrum der Kritik steht; und damit geht es auch um die Finanzierung der Einrichtung durch die öffentliche Hand. Hierbei sollte man aber nicht vergessen, dass Finanzierung auch Kontrolle bedeutet. Je mehr wir die Moslemgemeinschaft sich selbst überlassen, desto mehr öffnen wir Tür und Tor für den Einfluss anderer Geldgeber – und damit für die Radikalisierung, warnt Het Belang van Limburg.
Het Nieuwsblad konzentriert sich auf die Reaktionen der Moslemexekutive beziehungsweise ihres Vorsitzenden: Und wieder beschwert man sich über ungerechte Vorwürfe und dass religiöse Minderheiten ins Visier genommen würden. Die Rede ist von Übergriffen auf das Recht der freien Religionsausübung und von einem totalitären Staat, der den Islam aufs Korn nimmt. Die Reaktion aus dem religiösen Lager war wie immer bei solchen Fällen vorhersehbar. Das klang bei den jüdischen Gruppen auch nicht anders, als es um das Verbot von Schächtungen ohne vorherige Betäubung der Tiere ging.
In einem Rechtsstaat ist die Religionsfreiheit nicht absolut. Damit mag man nicht einverstanden sein, aber letztendlich müssen auch religiöse Führer sich dem unterordnen. Das ist auch sehr förderlich für das Zusammenleben und die Integration. Das scheint aber nicht die Priorität der heutigen Spitze der Moslemexekutive zu sein, wie sie mit ihrer Reaktion perfekt gezeigt hat, meint Het Nieuwsblad.
"Squid Game" auf dem Pausenhof
Im frankophonen Landesteil sorgen derweil andere Vorfälle für Wirbel: In Erquelinnes in der Provinz Hennegau haben Schulkinder offenbar Szenen aus der brutalen Netflix-Erfolgsserie "Squid Game" nachgespielt. Die Direktorin der betroffenen Schule hat daraufhin auf Facebook vor dem Phänomen gewarnt. Bei der Serie geht es grob zusammengefasst darum, wie sehr reiche Menschen zur Unterhaltung ärmeren Menschen dabei zuschauen, wie die sich gegenseitig bei Kinderspielen umbringen.
Die Warnung der Direktorin hat sich rasend schnell im Internet verbreitet, stellt L'Avenir fest. Aus gutem Grund: Erstens ist das ein Problem, das nicht nur diese Gemeindeschule betrifft. Zweitens war sich ein Großteil der Eltern noch nicht einmal der Existenz dieser Serie bewusst, die erst ab 18 Jahren empfohlen ist. Und vor allem konnten sich die Eltern nicht vorstellen, dass ihre Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren die Verlierer dieser Spiele auspeitschen oder ins Gesicht schlagen würden. Die Direktorin hat die Eltern zu Recht an ihre Aufsichtspflicht erinnert. Kinder sollten nicht vor den Bildschirmen allein gelassen werden, die Eltern sollten sich dafür interessieren, was sie sich ansehen. Das gilt nicht nur für Erwachsenenserien auf Netflix, sondern auch für ultra-gewalttätige Bilder auf TikTok, Twitch oder YouTube, mahnt L'Avenir.
La Dernière Heure erinnert in diesem Kontext an das Phänomen des Mobbings in den Schulen. Man sollte nie vergessen, dass solche Spiele von Heranwachsenden manchmal in Dramen enden können. Es muss verhindert werden, dass sich Fiktion und Realität in den Köpfen der Kinder und Jugendlichen vermischen. Das gilt nicht nur für gewalttätige Filme und Serien, sondern auch für Pornos und Videospiele. Die Schule kann in dieser Hinsicht nie die Eltern ersetzen. Mehr denn je kommt ihnen die ausschlaggebende, um nicht zu sagen zentrale Rolle zu: Sie müssen ihren Kindern zuhören, sie kennen, die Probleme erkennen, Gefahren vorbeugen – ohne dabei zu invasiv zu sein, appelliert La Dernière Heure.
Boris Schmidt
zum Absatz: "Squid Game"
Voller Entsetzen habe ich diesen Beitrag gehört/gelesen. Ich behaupte schon immer, dass diese gewalttätigen Filme, Spiele etc. Menschen, besonders Kinder beeinflussen, die nicht in einer sehr stabilen Umgebung aufwachsen. Ich spiele am Computer manchmal ganz harmlose Kartenspiele und bin erschüttert, was für gewalttätige Spiele als Reklame dazwischengeschaltet werden (wo bleiben da die Algorithmen, die das Verhalten eines Jeden so genau kennen?) Aber auch für Erwachsene, ist dies Unterhaltung?? Abscheulich und dem Trumpismus nicht abgeneigt. Wo bleibt da die Aufregung der sogenannten guten Christen im Mittleren Westen, die bei Abtreibung bereits auf die Barrikaden gehen, weil sie Leben retten wollen. Bereits geborenes Leben ist ihnen dann total egal, der Stärkere gewinnt und sie merken nichtmal dass SIE diejenigen sind, die von der "besseren" Gesellschaft aufgehetzt und dann verachtet werden. Die Verrohung unserer Gesellschaft ist eine Blamage der einst westlichen Werte, auf die wir so stolz waren.