"Die Explosion der Gaspreise droht, 450.000 Familien in Schwierigkeiten zu bringen", titelt La Libre Belgique. "Energierechnung schon jetzt 700 Euro höher als letztes Jahr", schreibt De Standaard. "Energiepreise: keine Besserung vor dem Sommer 2022", so die knallharte Überschrift bei Le Soir.
Die föderale Energieregulierungskommission CREG hat einen neuen Bericht veröffentlicht, der an Nüchternheit und Deutlichkeit kaum zu überbieten ist, fasst De Standaard in seinem Leitartikel zusammen. Neben der Vielzahl an Faktoren, die gerade kombiniert zur Explosion der Energiepreise führt, steht auch darin, was das den belgischen Verbraucher kosten wird. Demnach bezahlt eine Familie jetzt mindestens 598 Euro mehr für Gas und 116 Euro für Strom als im September 2020. Dieser Betrag wird noch mindestens bis nächsten Sommer steigen. Und die Gefahr ist groß, dass die Preise auch danach strukturell hoch bleiben werden.
Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass sich die Welt entschieden hat, grüne Energie wettbewerbsfähiger zu machen und den CO2-Ausstoss zu verringern, indem fossile Brennstoffe teurer werden. Das ist die unbequeme Wahrheit, die die Regierung jetzt versucht, weniger bitter zu machen für die Bürger. Hierzu wird gerade über alle möglichen Maßnahmen diskutiert, unter anderem auch solche, die der gesamten Bevölkerung zugutekommen würden. Die Frage ist aber, wie sinnvoll so ein Rundumschlag wäre. Wäre es nicht besser, auf zielgerichtetere und kosteneffizientere Maßnahmen zu setzen, um die Menschen zu weniger oder grünerem Energieverbrauch zu motivieren? Das ist ohnehin die Richtung, die der "Green Deal" für alle EU-Länder vorgibt, erinnert De Standaard.
Sexueller Missbrauch: "systemisches Phänomen"
Unter anderem La Libre Belgique greift eine neue Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich auf: Lange hatten viele Katholiken geglaubt, dass es sich um die Taten einiger schwarzer Schafe handelte. Der gestern veröffentlichte Bericht kommt zu einem ganz anderen Schluss: Es handelt sich demnach um ein systemisches Phänomen. Das heißt nicht, dass die Verbrechen von der Kirche organisiert oder zugelassen worden sind, aber, dass die Institution es ganz klar nicht geschafft hat, sie zu verhindern. Die Kirche wollte es nicht sehen und schon gar nicht entschieden und gezielt bekämpfen.
Die Kirche muss jetzt ihr Bestes tun, um die Empfehlungen des Berichts umzusetzen. Das gilt ganz besonders auch für die belgische Kirche, die ihre Vergangenheit nicht allzu gründlich aufgearbeitet hat, fordert La Libre Belgique.
Der Boden des Fasses ist noch nicht in Sicht
Verschiedene Zeitungen kommentieren auch den neuen Wirbel um den belgischen Fußball. Im Zentrum steht hierbei der Spielerberater Dejan Veljkovic, der den Behörden seit fast drei Jahren als Kronzeuge belastende Informationen liefert. In den nächsten Wochen werden mehr als 50 Clubpräsidenten, Trainer, Makler und vielleicht sogar Spieler und Mannschaftskapitäne sehr unruhig schlafen, ist Het Nieuwsblad überzeugt. Welche Enthüllungen noch kommen werden, wird man sehen, aber der Boden des Fasses ist noch nicht in Sicht. Die größten Verlierer werden leider mal wieder die naiven Fußballfans sein, die loyal ihre Saisonkarte kaufen und Woche für Woche ihre Clubs unterstützen. Der einzige Trost ist, dass der Fußball etwas sauberer werden wird, hofft Het Nieuwsblad.
De Morgen hebt in diesem Kontext die finanzielle Vorzugsbehandlung und andere Unterstützungen durch die öffentliche Hand hervor. Die Frage, ob dieser Sonderstatus für Spitzensportler und ihre Arbeitgeber noch zu verantworten ist, ist sicher nicht verkehrt. Diese Vorteile haben viele Vereine dazu inspiriert, über ihre Verhältnisse zu leben und Geld in zweifelhafte Deals zu stecken. Wenn sich die Politik jetzt über die fiskalen Vorteile für den Fußball beugt, dann darf es auch nicht nur um die Auswirkungen auf den Haushalt gehen. Auch nicht darum, ob es gerecht oder normal ist, dass ein Fan auf der Tribüne mehr Abgaben zahlt als der Star auf dem Spielfeld. Hier geht es um Ethik: Wollen wir als Gesellschaft weiter mit Steuergeld einen Sektor unterstützen, der so durch und durch verdorben und korrupt zu sein scheint? Hierauf gibt es nur eine Antwort: Nein!, wettert De Morgen.
Mit Größe kommt auch Verantwortung
Schlagzeilen macht aber auch weiter Facebook. Die Auswirkungen des großflächigen Ausfalls des Sozialen Netzwerkes und anderer Dienste des Konzerns wie WhatsApp oder Instagram illustrieren, in was für einem unvorstellbar großen Maßstab die Firma von Mark Zuckerberg operiert. Mit Größe kommt aber auch Verantwortung, unterstreicht De Tijd. Und hier läuft es schief.
Gestern enthüllte eine ehemalige Mitarbeiterin vor dem amerikanischen Senat, wie der Konzern essenzielle Informationen über seine Arbeitsweise verheimlicht. Im Kern geht es um einen Interessenkonflikt: Je sicherer die Botschaften, desto weniger Zeit verbringen Menschen auf den Sozialen Medien. Je hasserfüllter, polarisierender oder schlicht falsch die Informationen dort sind, desto länger bleiben die Menschen online – und desto mehr Geld spült die Werbemaschinerie in die Kassen von Facebook.
Der Ausfall der Dienste hat den Aktienkurs um mehr als fünf Prozent fallen lassen. Die Enthüllungen über das Verhalten Facebooks hingegen beeinflussen den Kurs so gut wie gar nicht. Das zeigt, dass die Investoren von sich aus den Konzern nicht in eine bessere Richtung steuern werden. Deswegen müssen die Behörden eingreifen, indem sie Facebook zu mehr Transparenz zwingen und die Firma regulieren, resümiert De Tijd.
Boris Schmidt