"Die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen sollen dazu dienen, die Energierechnung abzumildern", titelt Gazet van Antwerpen. "Teure Energie: Regierung sucht nach Lösungen", schreibt das GrenzEcho. La Libre Belgique präsentiert "Ideen, um die Energierechnung abzufedern".
Die Föderalregierung hat ihre Haushaltsberatungen aufgenommen. Überschattet werden die Gespräche aber vom aktuellen Höhenflug der Energiepreise. Dadurch wird die Koalition gezwungen, sich auch mit der Energierechnung der Haushalte zu beschäftigen. Weitgehend einig scheint man sich inzwischen zu sein, dass die zusätzlichen Mehrwertsteuereinnahmen, die durch die hohen Energiepreise generiert werden, an die Bürger zurückgeführt werden sollen. Offen ist noch, wie genau man das anstellen soll.
"Teurer Strom, billiges Palaver"
Da haben wir in den letzten Tagen auch verdammt viel Unnötiges gehört, giftet Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. "Teurer Strom, billiges Palaver", könnte man sagen. Beispiel: Die grüne Energieministerin Tinne Van der Straeten widersetzt sich einer Senkung der Mehrwertsteuer, weil sie nicht will, dass auch Menschen davon profitieren, die ihren Pool heizen. Anderes Beispiel: Die PS will allen Haushalten einen einmaligen Energiecheck in Höhe von hundert Euro zukommen lassen. Dieser Vorschlag gehört wohl ins Museum für utopische Ideen. Die grausame Wahrheit ist aber, dass es schlichtweg keine schnellen Lösungen gibt. Denn am Ende wird irgendjemand für die hohen Energiepreise die Zeche zahlen müssen. Wenn man sich nicht damit begnügen will, auf einen milden Winter zu hoffen, dann sollte man dringend über eine Energiepolitik nachdenken, die diesen Namen wirklich verdient: Grüner muss das Ganze werden, zugleich bezahlbar bleiben, und insgesamt müssen wir weniger abhängiger sein von den internationalen Märkten.
Die hohen Energiepreise sind auch eine Folge der schlechten Energiepolitik in diesem Land, ist Gazet van Antwerpen überzeugt. Klar, Energiepreise gehen auf dem Weltmarkt durch die Decke. Dahinter sollte man sich aber nicht verstecken. Zumindest ein Teil der Krise ist hausgemacht. Bester Beweis: Auch schon in Normalzeiten bezahlt man in Belgien die dritthöchste Stromrechnung innerhalb der EU, nach Deutschland und Dänemark. Ein Grund dafür ist, dass beinahe die Hälfte der Stromrechnung in Belgien aus allerlei Steuern besteht.
Niemals eine gute Krise verschwenden
"Geht doch bitte endlich mal mit dem eisernen Besen durch die Energierechnung!", fordert seinerseits Het Belang van Limburg. Die besteht doch längst aus einem Wust von allerlei Steuern, Gebühren und Abgaben. Letztlich darf es aber nicht sein, dass die Regierungen sich auch noch an einem destabilisierten Markt bereichern. "Never waste a good crisis", wir sollten die Krise als Gelegenheit betrachten, hier einmal Ordnung zu schaffen.
De Standaard sieht das ähnlich, bezieht das aber auf die gesamte Energiethematik. Eigentlich wäre jetzt doch der ideale Zeitpunkt, um ein umfassendes, zukunftsorientiertes und zugleich machbares Reformprojekt vorzulegen, bei dem das Energiesparen im Mittelpunkt stünde. Zu versuchen, allein an der Preisschraube zu drehen, um den Höhenflug der Energiepreise abzufedern, das ist langfristig ein Irrweg. Ums mal mit einer unbequemen Feststellung zu sagen: Aus rein klimapolitischer Sicht ist es eigentlich eine gute Sache, dass die Preise für fossile Brennstoffe ansteigen. Denn wir müssen uns schließlich möglichst bald von diesen Energieträgern verabschieden. Bei alledem muss man natürlich darauf achten, dass sich die soziale Schere nicht weiter vergrößert. Aber nichtsdestotrotz: Jetzt wäre der Moment, um Kurs in Richtung Zukunft zu setzen.
Die Haushaltsberatungen, ein alljährliches Ritual
Mit einer Einigung ist ohnehin erst zu rechnen, wenn die Regierung ihre Haushaltsberatungen abgeschlossen hat. Spätestens zum offiziellen Auftakt des neuen politischen Jahres in der Kammer muss das Budget 2022 vorliegen. Das wäre also am 12. Oktober. Die Regierung von Premierminister Alexander De Croo muss rund zwei Milliarden Euro finden, um in der Haushaltsspur zu bleiben. Aber: "De Croo will die Vorzugsbehandlung für den Profifußball verschonen", titelt Het Nieuwsblad. Profifußballer genießen eine Reihe von sozialen und steuerlichen Vorteilen. Hier könnte die Regierung, glaubt Het Nieuwsblad, bis zu 200 Millionen Euro einsparen. Anscheinend will man sich aber mit dreißig Millionen begnügen. Das habe wohl auch damit zu tun, dass die MR in dieser Akte auf der Bremse steht, schreibt das Blatt.
Was den Ausgang der Haushaltsgespräche angeht, macht sich De Morgen indes keine Illusionen. Im Grunde haben wir es hier mit einem alljährlichen Ritual zu tun. Erst wird Spannung aufgebaut, Zahlen und Prognosen malen ein düsteres Bild, Begriffe wie "harte Entscheidungen" machen die Runde. Die verschiedenen Parteien aus dem rechten und aus dem linken Lager präsentieren dann ihre jeweiligen Ideen. Dann kommt die Phase der Dramatisierung. Die Deadline rückt immer näher. Nächtliche Marathonsitzungen. Kurz vor Ablauf der Frist wird dann doch noch eine Einigung präsentiert. Vieles spricht dafür, dass es auch diesmal so laufen wird. Teil des Rituals ist allerdings auch, dass der Inhalt am Ende ebenfalls wenig überraschend ist: eine Prise Kampf gegen Steuerhinterziehung, eine Messerspitze Erhöhung von Steuern auf Tabakprodukte und das Paket ist geschnürt. Jedes Jahr scheint es immer mindestens einen guten Grund dafür zu geben, um keine tiefgreifenden Reformen durchzuführen, um ganze Politikbereiche unangetastet zu lassen. Und das ist schade. Jammerschade!
Klima: Zeit, das Ruder rumzureißen
Le Soir schließlich blickt schon auf die nächste Klimakonferenz, die am 31. Oktober in Glasgow beginnen wird. Bei einer vorbereitenden Sitzung in Mailand hatte die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg mit scharfen, fast schrecklichen Worten die Klimapolitik kritisiert: "Dreißig Jahre Blabla [...] Grüne Wirtschaftspolitik Blabla [...] Klimaneutralität 2050 Blabla." Das alles sei ein Verrat an den jungen und zukünftigen Generationen. Viele junge Menschen beklagen dieses Blabla, haben Angst, sind wütend auf die Politiker. Und eben die politisch Verantwortlichen haben keine Wahl, dürfen nicht beim Status Quo bleiben. 1964 sang Bob Dylan sein berühmtes "The Times They Are A-Changin'", eine Hymne auf die Veränderung in dieser ganz besonderen Zeit. Sechzig Jahre später ist dieser Song aktueller denn je. Überschwemmungen, Waldbrände, Artensterben: Die Zeiten sind tatsächlich dabei, sich zu verändern. Wenn wir nicht jetzt eine neue Politik machen, wann dann?
Roger Pint