"Die große Abdeslam-Show", titelt Het Laatste Nieuws. "Ich bin ein Kämpfer des Islamischen Staats", zitieren De Morgen und La Libre Belgique Salah Abdeslam. Gegen ihn und weitere mutmaßliche Terroristen läuft seit gestern der Prozess in Paris wegen der Anschläge von 2015 in der französischen Hauptstadt. "Man hat mich behandelt wie einen Hund", drucken Gazet van Antwerpen und auch Le Soir die Klagen Abdeslams über seine Haftbedingungen.
"Jetzt schlägt die Stunde des Rechts", kommentiert De Standaard. Nach Terroranschlägen in den USA wie am 11. September 2001 oder in Paris haben sich Präsidenten wie Bush oder Hollande einer Kriegsrhetorik bedient. Bush sprach vom Krieg gegen den Terror oder gar von einem Kreuzzug. Am Ende hat das nicht nur Menschenleben gekostet, sondern auch einige Rechtsprinzipien. Die USA ließen sich zu Folter durch Waterboarding oder dem Gefangenenlager Guantanamo verleiten.
Der Weg des Rechts
Frankreich und auch Belgien wählen einen anderen Weg: den des Rechts, so De Standaard. Hier wird kein Krieg gegen einen undefinierbaren Feind geführt, niemand ohne Richterbeschluss inhaftiert. Auch Terroristen haben ein Recht auf einen ordentlichen Prozess. Das beweist, dass die Rechtsstaatlichkeit nicht nur moralisch, sondern auch als Waffe der physischen Gewalt überlegen ist.
Das gleiche Argument bringt Gazet van Antwerpen und schreibt: "Das Wichtigste an dem Prozess ist, dass er stattfindet". In vielen Ländern wäre ein solcher rechtsstaatlicher Prozess unmöglich und selbst in einigen Ländern Europas steht der Rechtsstaat unter Druck. Antworten auf die Fragen der Opfer und Hinterbliebenen dürfen wir aber nicht erwarten - von Terroristen, deren Ziel es ist, so viele Menschen wie möglich zu töten.
Mit dem Prozess findet die Gerechtigkeit einen Weg, sich zu behaupten, die Spirale der Gewalt wird er aber nicht stoppen können, meint das GrenzEcho. Mit jedem Prozesstag werden die Attentäter von Paris zu Märtyrern für Radikalisierte. Neue Anschläge werden damit wahrscheinlicher, was die angegriffenen Staaten wiederum zu Vergeltungsschlägen führen wird. Dabei müsste eigentlich der Dialog an die Stelle der tödlichen Gewalt treten, so das GrenzEcho.
Der Coronapass als notwendiges Übel
Der geplante Coronapass in Brüssel sorgt weiter für Kontroversen. Het Laatste Nieuws stellt im Kommentar klar: Der Pass dient nicht dazu, den Horeca-Sektor vor einem weiteren Lockdown zu bewahren – auch wenn manche Politiker es so darstellten. Nein, der Pass dient einzig dazu, die Impfquote zu steigern. Der Pass ist eine Zwangsjacke für die Nicht-Geimpften. Aber: Wer Angst vor der Impfung hat, wird durch Zwang noch ängstlicher, wer wütend ist, wird noch wütender. Nein, niemand will den Coronapass, schreibt das Blatt, aber wenn Krankenhäuser wieder Behandlungen verschieben müssen, weil Covid-Patienten die Stationen belegen, dann muss etwas getan werden.
Auch Le Soir sieht den Pass als notwendiges Übel. Schließlich hat das Hoffen auf freiwillige Impfung versagt. Viele Menschen drängen regelrecht darauf, einen solchen Pass einzuführen, weil sie die Pandemie mehr als müde sind und bloß keine neuen Einschränkungen haben wollen. Doch es gibt noch viele offene Fragen zum Coronapass. Wer kontrolliert wie, ob die Regelung eingehalten wird und welche Sanktionen gibt es bei Verstößen? Aber: Wenn man mit dem Pass die Impfungen ankurbeln möchte, dann muss man ihn auch mit allen Konsequenzen durchziehen. Es gibt nur eine Chance, mit einem solchen Pass bei den Impfgegnern Eindruck zu machen.
Die Schwächen des Impfpasses
L’Avenir mahnt, dass der Impfpass uns in falscher Sicherheit wiegt. Denn auch Geimpfte oder Genesene können das Virus übertragen und die Pandemie weiter anheizen.
Auch L’Echo sieht viele Schwächen im Impfpass, allein schon, weil er nur in Brüssel angewendet wird. Brüssel sendet mit dem Pass aber eine politische Botschaft. Die Region ist bereit, das Problem bei den Hörnern zu packen und weiß, dass sie sich einen weiteren Lockdown nicht leisten kann.
La Dernière Heure meint, dass die große Gefahr des Passes darin besteht, dass er die Gesellschaft weiter spaltet und dabei nicht einmal seine erhoffte Wirkung erzielt. Wenn man die Impfquote wirklich erhöhen will, dann muss man wohl auch darüber nachdenken, einen Coronapass zu verlangen, um ein Geschäft zu betreten. Aber das wäre dann endgültig eine verkappte Impfpflicht.
Het Belang von Limburg geht derweil mit den Impfverweigerern hart ins Gericht. Sie sind es, die jetzt mit ihrer Covid-Erkrankung die Krankenhäuser unnötig belasten. Sie erkennen nicht, dass die Freiheit von uns allen durch ihre starre Haltung beschnitten wird. Nachzuvollziehen ist das nicht. Oder kennen Sie einen Impfgegner, der eine für den Körper viel folgenschwerere, aber nötige Chemotherapie ablehnen würde, wenn er an Krebs erkrankt, fragt das Blatt und drängt auf den Coronapass.
Olivier Krickel