"Die Ausweitung des Covid-Safe-Tickets liegt auf dem Tisch der Regierung", schreibt L'Echo auf seiner Titelseite. "Umstrittener Vorschlag: Covid-Safe-Ticket auch für Hochzeiten", schreibt das GrenzEcho. Mit der Überschrift "Tauziehen – Ein Gesundheitspass für Ihre Feste", greift das auch La Dernière Heure auf.
Es waren die Vorsitzenden von CD&V und Vooruit, Joachim Coens und Conner Rousseau, die die Debatte über den Corona-Pass diese Woche wieder auf die Agenda gebracht haben, erinnert De Morgen. Wenn es nach ihnen geht, soll der Corona-Pass, der aktuell insbesondere für Veranstaltungen ab 1.500 Besuchern eingesetzt werden soll, auch gerne auf kleinere Events ausgeweitet werden, also beispielsweise auch auf Hochzeiten oder Betriebsfeste. So ein deutlich ausgeweiteter Corona-Pass wäre aber ein Schlag ins Gesicht vieler Menschen, denen seit Monaten erzählt wird, dass sie selbst entscheiden können, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht. Wer das aber nicht will, soll dann in Zukunft nicht mehr auf Hochzeiten dürfen? Das wäre doch nichts anderes als eine verdeckte Impfpflicht und die angebliche Wahlfreiheit würde ad absurdum geführt. Mit ihrem Vorstoß, der außerdem bereits angekündigten Plänen widersprechen würde, erreichen die beiden Parteivorsitzenden wenig anderes, als die Menschen noch widerspenstiger zu machen und ihren Glauben in den Staat weiter zu untergraben. Dabei ist es doch wichtig, dass die Bevölkerung dieses Vertrauen behält. Wäre es also nicht besser, sich mit solchen vagen Ideen zurückzuhalten und die Menschen nicht unnötig nervös zu machen?, giftet De Morgen.
Klassenzimmer und Hörsäle wieder füllen
Het Nieuwsblad kommentiert einen neuen Bericht des Hohen Gesundheitsrats über die Pandemie-bedingten mentalen Schäden bei Kindern und Jugendlichen: Die zentrale Forderung des Rates ist, dass der Fokus nun endlich auf die Jugend gerichtet werden muss. Und dass ihr Leben so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren muss, resümiert die Zeitung. Letztes Jahr wurde vor allem das Aufholen des entstandenen Lernrückstandes in den Mittelpunkt gestellt. Aber Aufwachsen beinhaltet auch viele Lehren und Erfahrungen, die nicht im Schulunterricht vermittelt werden können, sondern vor allem echte zwischenmenschliche Interaktionen und soziale Erfahrungen erfordern. Wenn wir nicht riskieren wollen, dass sich diese Altersgruppe endgültig von Politik und Gesellschaft entfremdet, dann muss ihr endlich zugehört werden. Und es muss alles darangesetzt werden, die Klassenzimmer und Hörsäle wieder zu füllen, fordert Het Nieuwsblad.
L'Avenir fragt sich aber, ob wir zum Schulbeginn ein Wiederaufflammen der Epidemie befürchten müssen. Gerade wenn wir uns die inzwischen dramatische Situation unter anderem in den Übersee-Départements unserer französischen Nachbarn anschauen. Die Experten hierzulande erwarten zwar eine Zunahme der Fälle, aber wegen des Impffortschritts wird die hoffentlich nicht zu hoch ausfallen. Wir wissen nicht, wann wir wirklich zu einem normalen Leben zurückkehren können. Aber wir sollten positiv bleiben und nicht in Panik verfallen, warnt L'Avenir.
Sammy Mahdi im Fadenkreuz
Innenpolitisch sorgt derweil auch die Debatte über die Abschiebung von Afghanen in ihr Heimatland für Wirbel. Und hier steht insbesondere CD&V-Asylstaatssekretär Sammy Mahdi im Fadenkreuz der Kritik. Der hält daran fest, dass abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abgeschoben können werden müssen, so Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel, trotz der sich immer schneller verschlechternden Sicherheitslage im Land. Die hat ja schon Deutschland und die Niederlande dazu bewogen, die Abschiebungen auszusetzen. Und dann ist da ohnehin noch die Realität: Dieses Jahr hat Belgien es nur in einer Handvoll von Fällen geschafft, Afghanen tatsächlich aus Belgien in ihre Heimat abzuschieben. Das ändert aber nichts daran, dass dieses Thema angepackt werden muss: Die Afghanen haben 2020 die größte Asylbewerbergruppe in Belgien dargestellt, noch vor den Syrern. Wir müssen uns auch grundsätzlich Fragen stellen über die europäische und auch belgische Flüchtlingspolitik. Diese Fragen verdienen eine aufrichtige und sinnvolle Debatte. Politische Spielchen wie von Sammy Mahdi werden da sicher nicht helfen, kritisiert Gazet van Antwerpen.
Noch fällt diese Diskussion über Sammy Mahdi etwas ins Sommerloch, konstatiert dazu Het Laatste Nieuws. Aber wie lang wird es noch dauern, bis vor allem die linken Partner in der Vivaldi-Koalition anfangen werden, sich diesbezüglich zu rühren? Das Vertrauen in den CD&V-Asylstaatssekretär haben sie de facto schon länger aufgegeben. Sammy Mahdi wird in der unvermeidlichen Flüchtlingsdebatte beweisen müssen, aus welchem Holz er als Politiker geschnitzt ist, meint Het Laatste Nieuws.
Ist das noch normal?
La Dernière Heure schließlich kommt auf die Hochwasserkatastrophe zurück: Dieses Wochenende wird es einen Monat her sein, dass die Wallonie von Fluten ungekannten Ausmaßes getroffen worden ist. 38 Menschen haben das Leben verloren und Hunderte haben Hab und Gut eingebüßt. Die Schäden sind enorm und der Wiederaufbau wird lange Jahre dauern. Aber ist es wirklich noch normal, dass wir drei Wochen später noch immer keine präzise Bestandsaufnahme haben? Wie hoch ist der finanzielle Schaden? Wie viele Gebäude sind betroffen? Wie viele Straßen beschädigt? Um nur einige Beispiele zu nennen... Ohne eine exakte Bilanz kann der Wiederaufbau nicht vorangehen. Und ob nun Sommerferien sind oder nicht: Weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar angesichts der dramatischen Situation, die die betroffenen Familien noch immer erdulden müssen, wettert La Dernière Heure.
Boris Schmidt