"Erfahren Sie alles über den europäischen Gesundheitspass – Testphase in Belgien ab diesen Mittwoch", so der Aufmacher bei La Libre Belgique. "Covid-Pass lanciert, aber bis zum 1. Juli bleiben noch viele Fragen", titelt De Standaard. "Das europäische Zertifikat ist verfügbar, aber es garantiert nichts", lautet die Überschrift bei Le Soir.
Die Europäische Union hat Wort gehalten und eine für ihre Verhältnisse kleine Heldentat vollbracht, lobt Le Soir. Ab dem 1. Juli werden alle Europäer unter Beachtung der gleichen drei Kriterien in den Urlaub fahren können. Die Belgier können schon ab heute damit beginnen, Zugang zu bekommen. Bei aller Freude über die wiedergewonnene Reisefreiheit sollte sich aber jeder genauestens mit den Modalitäten des Zertifikats beschäftigen. Und auch nicht vergessen, dass jedes europäische Land zusätzliche Maßnahmen ergreifen kann – auch hier ist eine gute Einarbeitung also wichtig.
Man sollte auch nicht ausblenden, dass sich die epidemiologische Situation wegen der Varianten schnell wieder ändern kann. Gerade hinsichtlich der Gefahren einer Einschleppung bei der Rückkehr der Reisenden hoffen wir, dass die Behörden nicht zögern werden, im Zweifelsfall die Notbremse zu ziehen. Aber auch, dass die Urlauber nicht nur ihr Covid-Zertifikat einpacken, sondern auch eine gehörige Portion gesunden Menschenverstand und Umsicht, wünscht sich Le Soir.
Logiken und das Recht auf eine gesunde Umwelt
De Standaard greift in seinem Leitartikel die PFOS-Umweltverschmutzung auf: Dass die von der flämischen Obrigkeit mit dem Chemiebetrieb 3M geschlossene sehr diskrete Vereinbarung über die Kostenverteilung bei der Beseitigung der Altlasten sehr vorteilhaft für den Konzern ist, mag auf den ersten Blick schockierend scheinen. Aber tatsächlich ist das nichts anderes als ein eisernes Befolgen der Logik, auf die der Wohlstand der Region aufgebaut ist.
Wenn wir ein Problem mit der Vereinbarung haben, dann müssen wir auch zugeben, dass wir ein Problem mit dem Wachstumsmodell haben. Und dieses Wachstumsmodell setzt voraus, dass die Oosterweelverbindung kommt. Denn der Verkehrsinfarkt in Antwerpen ist nicht haltbar. Entweder wir finden also einen Weg, um mit dem Wirtschaftsmotor Hafen und den dort ansässigen Chemiebetrieben und ihrem Mehrwert zu leben. Oder wir sind bereit, für jedes Projekt langwierige juristische Auseinandersetzungen zu führen – und damit auch die negativen wirtschaftlichen Folgen dieser Verzögerungen in Kauf zu nehmen. Aber Notlösungen wie diese berüchtigte Vereinbarung lösen die strukturellen Probleme nicht. Einerseits wollen wir unseren Wohlstand behalten, andererseits ist der Preis, den wir dafür bezahlen, nicht mehr tragbar. Aus dieser Sackgasse kann uns nur eine neue Logik helfen, so De Standaard.
Seit 20 Jahren wussten diverse Verantwortungsträger, dass nicht nur das Firmengelände von 3M verunreinigt ist, sondern auch seine Umgebung, erinnert Het Belang van Limburg. Und jetzt ist dieses Dossier eben politisch explodiert und die Liste der betroffenen Politiker ist ellenlang. Besonders irritierend ist dabei, dass das Problem für viele wie aus heiterem Himmel zu fallen scheint. Das erste amerikanische Dokument, das auf mögliche Umweltprobleme hinwies, stammt immerhin aus dem Jahr 1950.
Und seitdem sind die fraglichen Stoffe munter weiterbenutzt und weiterentwickelt worden. Wobei auch die neuesten Versionen umweltschädigend sind. Und es geht bei Weitem nicht nur um 3M in Zwijndrecht, problematische Altlasten gibt es vielerorts. Sie haben nur bisher oft für weniger Aufsehen gesorgt. Aber letztlich geht es doch immer um das Gleiche: nämlich das Recht auf eine gesunde Umwelt, betont Het Belang van Limburg.
L'Avenir befasst sich mit einer neuen Studie über sexuelle Gewalt in Belgien: Die Statistiken zeigen unglaublich hohe Zahlen. Aber hinter diesen nüchternen Daten verbergen sich so viel Leiden, so viele Folgen für die Betroffenen und so viele Traumata. Diese Studie wirft auch unsere Klischees und Vorurteile über den Haufen. Denn es sind nicht nur Frauen oder die LGBTQIA+-Menschen, die sexuelle Gewalt erfahren. Es sind auch die Flüchtlinge, es sind auch junge Männer und es sind auch sehr oft alte Menschen, die das erleiden müssen, hebt L'Avenir hervor.
Wo bleiben die Kniefälle wegen Katar?
La Dernière Heure blickt auf die Geste des öffentlichen Kniefalls von Fußballern vor Spielen der Europameisterschaft. Manche empören sich darüber und sagen, dass hier ein amerikanisches Problem nach Europa importiert wird. Sie fordern, dass Fußball neutral und apolitisch bleiben muss. Andere, darunter auch wir, zollen der Geste und dem Mut der Spieler aber Beifall, weil Fußballer eben auch wichtige Figuren in der Gesellschaft sind und eine Rolle spielen können im universellen Kampf gegen Rassismus.
Aber es wäre schön, wenn das Knie auch gebeugt würde hinsichtlich der Weltmeisterschaft in Katar, wo die Menschenrechte mit Füßen getreten und Arbeitsmigranten sterben gelassen werden. Wo bleiben die Kniefälle zu der schändlichen Entscheidung, dieses Land zum Austragungsort zu machen?, fragt La Dernière Heure.
Keine US-Angst vor einer neuen Zweiteilung der Welt
Das GrenzEcho zieht in seinem Kommentar Bilanz nach den ersten Tagen des Europabesuchs von US-Präsident Joe Biden: G7, NATO, EU – Joe Biden bringt die USA zurück an den gemeinsamen Tisch. Ist damit der "Westen" zurück auf der Spur? Im Prinzip ja, im Detail vielleicht. Vieles wird auch noch Jahre (oder Jahrzehnte) brauchen, bis es im transatlantischen Miteinander wieder im Lot ist. Eines allerdings haben die Gipfeltage auch klar gezeigt: Die USA meinen es ernst mit ihrem Führungsanspruch der westlichen Welt und dem Fokus auf die gemeinsamen Feindbilder China und Russland.
An der Tiefe des Grabens, der sich schon seit Jahren auftut, wird man später erkennen, ob die Europäer sich mit ihrem Anspruch durchsetzen konnten, den Dialog und wenigstens das Geschäftemachen mit vor allem China aufrechtzuerhalten. Die USA jedenfalls haben keine Angst vor einer neuerlichen Zweiteilung der Welt, unterstreicht das GrenzEcho.
Boris Schmidt