"Die Eskalation", titeln La Libre Belgique, Le Soir und das GrenzEcho. "Israel steht vor der Explosion", so die Schlagzeile von De Morgen. "Israel in der Hand von Raketen und Lynchversuchen", schreibt De Standaard auf Seite eins.
In Israel dreht sich wieder die Gewaltspirale. Auf der einen Seite: Der militärische Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Die radikalislamische Hamas beschießt Israel aus dem Gaza-Streifen mit Raketen, im Gegenzug bombardiert Israel Ziele im Gaza-Streifen. Einen Moment lang sah es so aus, als seien auch schon Bodentruppen im Einsatz: "Der Konflikt eskaliert in eine Bodenoffensive", schreibt auch schon Het Nieuwsblad auf Seite eins. Diese Info wurde aber am Morgen dementiert.
Zwangsräumungen als Auslöser
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Spannungen unter Israelis: Jüdische und arabische Israelis sind in einigen Städten regelrecht aufeinander losgegangen. Vor den Pressekameras wurde sogar ein Mensch fast gelyncht. "Es gibt nur Verlierer", so das desillusionierte Fazit auf Seite eins von Gazet van Antwerpen.
De Standaard kommt in seinem Leitartikel zurück auf den ursprünglichen Auslöser der neuerlichen Gewaltexplosion. "Es war wohl die Zwangsräumung zu viel", analysiert das Blatt. In Ost-Jerusalem sollten wieder einmal palästinensische Familien dazu gezwungen werden, ihre Häuser zu verlassen, auf der Grundlage eines 150 Jahre alten Kaufaktes, der das Grundstück zu jüdischem Eigentum machte. Das Zynische daran ist, dass 750.000 Palästinenser, die zwischen 1948 und 1967 ihre Häuser verlassen mussten, solche Rechte nicht geltend machen dürfen. In Israel wird mit allen Mitteln versucht, Palästinenser aus Ost-Jerusalem zu vertreiben, und dabei wird systematisch gegen internationales Recht verstoßen. Doch jetzt ist der Konflikt auch auf die israelische Gesellschaft übergeschlagen. Israel wird die Hamas schnell in die Knie zwingen können. Aber: Die echte Lösung des Konflikts, die liegt in Ost-Jerusalem.
"Nein, die Palästinenserfrage war nie weg!", meint Le Soir. Dieser Eindruck mag vielleicht in den letzten Jahren entstanden sein, weil der Blick auf andere Konflikte in der Region gelenkt wurde. Und auch, weil Israel in den letzten Jahren verstärkt Fakten geschaffen hat. Hemmungslos wurden Siedlungen in den besetzten Gebieten gebaut. Und am Ende hat Donald Trump dann auch noch den Status von Jerusalem als israelische Hauptstadt de facto besiegelt. Diese vermeintlichen Siege haben wohl am Ende sogar die israelischen Behörden geblendet. Klar: Am Ende wird es wieder eine Waffenruhe geben. Bis zum nächsten Konflikt. Die Welt kann das nicht länger zulassen. Die Region braucht endlich ein Mindestmaß an Gerechtigkeit.
Droht ein Bürgerkrieg?
"Wieder einmal brennt es lichterloh im sogenannten 'Heiligen Land'", beklagt auch das GrenzEcho. Die radikalislamische Hamas hat in wenigen Tagen über 1.000 Raketen auf Israel abgefeuert, Israel antwortet mit der gewohnten Härte. Es ist ein Kampf von David gegen Goliath, wobei David hier die Palästinenser sind. Es steht zu befürchten, dass auch diesmal das Aufflammen der Kampfhandlungen nur für kurze Dauer die Aufmerksamkeit der Welt auf das Schicksal der Palästinenser lenken wird. Etwas ändern wird sich nicht. Im Gegenteil: Je länger der Konflikt dauert, desto festgefahrener ist er.
"Und der große Gewinner, das ist der Hass", befürchtet Gazet van Antwerpen. Der Konflikt ist unlösbar, weil zwei Völker Anrecht auf dasselbe Land geltend machen. Diesmal gibt es aber eine neue Entwicklung: Jetzt protestieren auch die arabischen Israelis gegen die Art und Weise, wie ihr Land die Palästinenser behandelt. Hier zeigen sich die ersten Keime eines möglichen Bürgerkriegs. Wenn der israelische Ministerpräsident Netanjahu hier nicht mäßigende Worte findet, dann könnte das Problem bald den eigentlichen Konflikt mit den Palästinensern weit übersteigen. Vielleicht wäre das doch mal ein Anlass, die Zweistaatenlösung endlich ernst zu nehmen.
Alleingang: FG verkürzt die Sommerferien
Viele frankophone Blätter beschäftigen sich aber auch mit der geplanten Reform des Schulkalenders in der Französischen Gemeinschaft. Auf Seite eins von L'Avenir steht die wohl sichtbarste Neuerung: "Sommerferien ab dem 8. Juli", schreibt das Blatt. Die Sommerferien sollen tatsächlich um zwei Wochen verkürzt werden, im Gegenzug werden die Herbst- und Karnevalsferien um jeweils eine verlängert. Das gilt, wenn alles so bleibt, schon ab dem Schuljahr 2022-23. "Ihre Ferien werden auf den Kopf gestellt", warnt ihrerseits La Dernière Heure.
Dennoch ist das eigentlich unterm Strich eine gute Neuigkeit, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. Diese Reform, vor allem die Verkürzung der Sommerferien, fordern Experten schon seit 30 Jahren. Wie bei allen Reformen gibt es freilich auch hier Unzufriedene. Etwa die Jugendbewegungen, für die das Organisieren von Sommerlagern komplizierter werden dürfte. Oder die Karnevalisten, die davon ausgehen müssen, dass Karneval auch mal außerhalb der Karnevalsferien gefeiert werden muss. Dennoch sind das Fußnoten, wenn man sich die Vorzüge der Reform vor Augen hält: Endlich wird ein pädagogischer Rhythmus gefunden, der diesen Namen auch verdient.
Und das ist tatsächlich eine Frage der Logik, lobt auch die flämische Zeitung Het Laatste Nieuws. "Quelle bonne idée!", was für eine begrüßenswerte Reform hat die Französische Gemeinschaft da ausgebrütet! Die Verkürzung der Sommerferien wird auch in Flandern schon seit einer halben Ewigkeit gefordert. Und doch hat sich der flämische Unterrichtsminister Ben Weyts der Reform erstmal nicht anschließen wollen. Er habe nicht nach diesem Chaos-Corona-Jahr schon wieder Verwirrung stiften wollen, begründete er seine Haltung. Er sei aber "offen für die Diskussion". Das allerdings klingt fast schon wieder wie eine Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Eigentlich gibt es kein vernünftiges Argument dafür, an der derzeitigen Regelung mit den langen Sommerferien festzuhalten. Wir können nicht immer nur über den Qualitätsverlust im flämischen Unterrichtswesen klagen, wenn wir uns auf der anderen Seite logischen Reformen verschließen.
La Libre Belgique findet es ihrerseits schade, dass die Französische Gemeinschaft sich nicht mit Flandern auf einen gemeinsamen Weg einigen konnte. Denn was bedeutet das? Das bedeutet, dass während zehn Wochen im Jahr die Schulferien im Norden und im Süden des Landes nicht mehr synchron sein werden. Zehn Wochen! Was machen denn da die Eltern, die Kinder in beiden Schulsystemen haben? Ja, es stimmt: Wir leben in einem föderalen Staat. Doch ist das Land zu klein und zu eng gestrickt für so unterschiedliche Schulkalender. "Jeder für sich", so lautet in Belgien inzwischen wohl die Parole. Und die Bürger müssen die Suppe auslöffeln.
Roger Pint