De Standaard schreibt dazu in seinem Leitartikel, Obama hat in den letzten zwei Jahren vieles verwirklicht. Die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung, die 50 Millionen Amerikanern medizinische Versorgung garantiert, darf man sogar als historisch bezeichnen.
Er hat die Autoindustrie vor der Pleite gerettet und das weltweite Finanzsystem vor dem Zusammenbruch bewahrt.
Trotzdem haben die Wähler das nicht honoriert. Schuld daran haben die Lügen und Halbwahrheiten, die die Republikaner über den Präsidenten verbreitet haben, sowie die Tatsache, dass Obama es nicht geschafft hat, den Amerikanern zu erklären, dass es noch etwas dauern wird, bis die Maßnahmen zur Wiederankurbelung der Wirtschaft Früchte tragen.
Wahlniederlage des Präsidenten durch schwache Wirtschaft
Het Laatste Nieuws führt zum gleichen Thema aus, in der Politik ist man einmal der Held und einmal der Verlierer. Die Niederlage kommt für Präsident Obama insofern nicht überraschend. Sein Pech war es, dass die Wirtschaft nicht schnell genug in Gang kam.
Fast einer von zehn Amerikanern ist arbeitslos, Hunderttausende haben ihr Haus verloren, wodurch ihr Traum von der sonnigen Zukunft für ihre Familie ein brutales Ende fand.
Wenn die Wirtschaft nicht dreht, dann muss in den Vereinigten Staaten der Präsident dafür bezahlen. Diese bittere Wahrheit hat nun auch Obama zu spüren bekommen.
De Morgen schlussfolgert aus seiner Niederlage, dass der amerikanische Präsident für die restlichen zwei Jahre seines Mandats den progressiven Kurs seiner Politik zurückschrauben muss. Seine ganze Aufmerksamkeit wird er auf wirtschaftliche Themen, auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze, aber auch auf Investitionen für technologische Projekte und eine drastische Kürzung der staatlichen Ausgaben konzentrieren müssen.
Obama hat seine Niederlage zugegeben, die Verantwortung dafür auf sich genommen und den Republikanern die Hand zur Zusammenarbeit gereicht. Nur wenn er es schafft, mit ihnen Kompromisse zu schließen, hat er Chancen, in zwei Jahren in seinem Präsidentenamt bestätigt zu werden.
Blockade der Volksvertretung droht
La Libre Belgique ist sich jedoch nicht sicher, dass die Republikaner zu Kompromissen bereit sein werden. Obama kann von Glück sprechen, dass seine Demokraten die Mehrheit im Senat ganz knapp behalten haben, denn andernfalls hätten die politischen Gegner wahrscheinlich versucht, bereits verabschiedete Gesetze rückgängig zu machen.
Das ist jetzt nicht möglich, doch ist nicht auszuschließen, dass die amerikanische Volksvertretung in den kommenden zwei Jahren mehr oder weniger blockiert sein wird. Angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise könnte dies dramatische Folgen haben, so urteilt La Libre Belgique.
Le Soir rechnet ebenfalls mit einer harten Auseinandersetzung zwischen Republikanern und Demokraten. Obama ist und bleibt der Kandidat der Linken, die ihn zum Präsidenten gewählt hat. Bei Kompromissen mit den Republikanern sollte er äußerst vorsichtig sein, denn wenn er dabei zu große Zugeständnisse macht, könnte ihn das bei den nächsten Präsidentschaftswahlen teuer zu stehen kommen.
Ein Opfer zu hoher Erwartungen
Nach Ansicht von Gazet van Antwerpen ist Obama das Opfer zu hoher Erwartungen geworden. Viele sahen in ihm den Retter der Menschheit, und unter diesen Umständen konnte er nur verlieren. Er ist jedoch nicht ausgezählt, und man sollte ihn jetzt keineswegs abschreiben. Fest steht allerdings, dass die nächsten zwei Jahre für ihn sehr schwer sein werden.
Auch Het Nieuwsblad ist überzeugt, dass Obamas Traum noch nicht beendet ist. Wohl aber waren diese Wahlen für ihn eine harte Konfrontation mit der wirtschaftlichen Realität. Trotzdem ist sein "Yes, we can" immer noch durchführbar.
Erzbischof Léonard erläutert, aber entschuldigt sich nicht
Verschiedene Zeitungen kommen nochmals zurück auf das Gerangel um Erzbischof Léonard nach seinen umstrittenen Aussprüchen zu Homosexualität, AIDS und pädophilen Priestern. Zu seinem jüngsten Rechtfertigungsbrief heißt es in L'Avenir, dass dadurch die gewünschte Beruhigung der Gemüter nicht erreicht wurde. Immer dringender wird der Appell an den Primas der katholischen Kirche Belgiens, von seinem Amt zurückzutreten.
Le Soir bezeichnet das fünfseitige Erklärungsschreiben Léonards als eine Flucht nach vorne. Der Erzbischof erinnert an einen Angeklagten, der vor dem Gericht um jeden Preis seine Unschuld beweisen will. Genauso verhält sich Léonard, doch sein Versuch, sich zu rechtfertigen, ohne sich zu entschuldigen, verschlechtert eigentlich nur seine Lage. Den Inhalt seines Briefes kann man mit den Worten zusammenfassen "Ich habe zwar recht, doch niemand versteht mich".
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