Erzbischof Léonard schafft Schisma zwischen Kirche und Gläubigen
Dazu heißt es in De Morgen, wer Nachsicht für bejahrte Pädophile fordert, nur weil sie Priester sind, und zugleich AIDS als eine Form immanenter Gerechtigkeit bezeichnet, der verkörpert nicht länger die Werte des Katholizismus.
Léonard schafft ganz allein, was die Freimaurer in zwei Jahrhunderten nicht geschafft haben, nämlich ein Schisma zwischen der Kirchenführung und den Gläubigen.
Het Laatste Nieuws zufolge hat Erzbischof Léonard die katholische Kirche in ihre tiefste Krise gestürzt, seit es Belgien gibt. Er ist zum einsamen Mann von Mecheln geworden, von dem sich jetzt selbst zahlreiche Bischöfe abkehren. Dieser Mann ist der sicherste Weg, um die Kirche zu einer Existenz als unbedeutende Minderheit zu verurteilen.
La Libre Belgique wirft dem Erzbischof vor, sich gegenüber der belgischen Bischofskonferenz unkollegial zu verhalten, statt in diesen Zeiten schwerer Krise für die Kirche die Ränge zu schließen. Seit seinem Amtsantritt ist er dabei, den Graben zwischen den Katholiken, aber auch zwischen der Kirche und der Gesellschaft, durch unmögliche Standpunkte zu vertiefen und dadurch seine Glaubwürdigkeit zu verlieren, so urteilt La Libre Belgique.
Einsam in Mecheln aber mit Rückhalt aus Rom?
La Dernière Heure lässt den Chefredakteur einer flämischen Kirchenzeitung zu Wort kommen, für den der Rücktritt des Sprechers von Erzbischof Léonard fast unvermeidlich war. Fast wöchentlich musste dieser die verbalen Ausrutscher seines Chefs zurecht rücken. Monseigneur Léonard wird sich entscheiden müssen, ob er weiter Zwietracht säen oder für die Einheit der Kirche arbeiten will. Mit einem Eingreifen des Vatikans gegen ihn ist wohl so schnell nicht zu rechnen, denn der Papst hat sich gerade aufgrund seiner konservativen Haltung für ihn entschieden.
De Standaard notiert im gleichen Zusammenhang, der Erzbischof weiß sehr gut, dass er mit seiner Meinung häufig das Gegenteil dessen vertritt, was die Gläubigen denken. Das stört ihn jedoch insofern nicht, als er sich allein selbst vertritt und sich dabei durch Rom gestärkt fühlt. Die Folge ist, dass nicht nur zahlreiche Gläubige, sondern auch immer mehr Pastoren und sogar Bischöfe sich von ihm distanzieren, so dass es wohl nicht übertrieben ist, von einer bisher nie dagewesenen Krise in der katholischen Kirche Belgiens zu sprechen.
Forderungen nach Rücktritt des Erzbischofs
Am schärfsten ist die Kritik an Léonard in Le Soir, der ihn als unverantwortlichen Kirchenführer bezeichnet. Dass die Bischöfe sich von ihm abkehren, ist nach Ansicht von Le Soir nicht genug. Jetzt muss die Kirche als Einrichtung und durch die Gesamtheit der katholischen Bischöfe öffentlich zu erkennen geben, dass Erzbischof Léonard die Grenzen des Annehmbaren überschritten hat. Sie sollten sogar in Erwägung ziehen, sowohl dem Betroffenen selbst als auch dem Papst einen Rücktritt Léonards nahezulegen.
Beschließen wir dieses Kapitel mit der Ansicht von Het Nieuwsblad, wo es schlussfolgernd heißt, die Kirche Belgiens steht vor einer Wahl: Wird sie den Weg ihres Erzbischofs gehen, der vielleicht auf die Zustimmung des Papstes rechnen kann, aber meilenweit von den Gläubigen entfernt ist, oder nimmt sie Abstand von Léonard und entscheidet sich für den Weg zurück zu den Gläubigen.
Vermittlermission Vande Lanotte: Ein wenig Vertrauen, noch weniger Inhalt
Wie eingangs erwähnt, kommentieren verschiedene Zeitungen auch den gestrigen Zwischenbericht Johan Vande Lanottes an den König. Dazu heißt es in Gazet van Antwerpen, dem königlichen Vermittler ist es offenbar gelungen, das Vertrauen zwischen den frankophonen und flämischen Verhandlungsparteien wenigstens teilweise wiederherzustellen.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass nach einer Einigung über Staatsreform sowie Brüssel-Halle-Vilvoorde noch so manche andere harte Nuss zu knacken ist. Dazu zählt die Zeitung in erster Linie die Haushaltssanierung, die Vergreisung und die damit zusammenhängende Pensionsreform, sowie nicht zuletzt eine für Belgien tragbare Asylpolitik.
Finanzierungsgesetz: Warten auf die Berechnungen der Ökonomen
La Libre Belgique will erfahren haben, dass der königlichen Vermittler heute die beiden Hauptkontrahenten Elio Di Rupo und Bart De Wever zu einem weitere Treffen empfangen wird, doch ist eine Vollversammlung der sieben Parteien nach wie vor nicht anberaumt.
Allerdings dürfte es bei den Verhandlungen kaum neue Entwicklungen geben, solange der Bericht von Nationalbank und Planbüro über die Auswirkungen des Finanzierungsgesetzes nicht vorliegt, und dieser ist bekanntlich frühestens Anfang kommender Woche zu erwarten.
Bild:belga