"Bis zum nächsten Wochenende friert es Tag und Nacht", titelt Het Laatste Nieuws. "Temperaturen von minus 12 Grad oder noch kälter", prognostiziert Het Belang van Limburg. "Die erste rüde Kältewelle seit 2013", schreibt Le Soir auf Seite eins...
Viele Zeitungen beschäftigen sich auf ihren Titelseiten erst mal mit dem Wetter. In weiten Teilen des Landes liegt eine feine Schneedecke. Das kommt, zumal in Flandern, nicht sehr häufig vor. Einige Blätter heben denn auch die "Winterfreuden" hervor: "Dann doch Ski-Vergnügen", freut sich Het Nieuwsblad. "Und das noch mindestens für eine Woche", hakt Gazet van Antwerpen ein. "Mal eben Corona vergessen", schreibt De Morgen. Die Zeitung kann nur feststellen, dass ein bisschen Schnee in vielen Menschen das Kind zum Vorschein bringt...
Ein minderwertiger Impfstoff als Trumpf?
Daneben steht heute vor allem die Impfkampagne im Mittelpunkt: "Der angeblich 'minderwertige' Impfstoff kann sich als ein Trumpf erweisen", titelt etwa De Standaard. "Angeblich 'minderwertig'", damit ist der Impfstoff von AstraZeneca gemeint. Der kann ja erst mal Über-55-Jährigen nicht verabreicht werden. Hinzu kommt: Seine Wirksamkeit wird als doch etwas geringer eingeschätzt.
Gerade erst hat Südafrika beschlossen, seine Impfkampagne auszusetzen. Der Grund: Der Impfstoff von AstraZeneca wirkt anscheinend nur bedingt gegen die südafrikanische Variante des Coronavirus. Laut De Standaard will die Impf-Taskforce aber zunächst weiter auf das Präparat setzen. Es ist so: Der Wirksamkeitsgrad des Impfstoffes kann merklich erhöht werden, wenn man nach zwölf Wochen ein zweites Mal impft.
Zwölf Wochen, das ist eine lange Zeit. Deswegen kann man die Dosen sofort verimpfen, man muss keine Charge für die zweite Spritze zurücklegen. Deswegen kann der Astrazeneca-Impfstoff dafür sorgen, dass man die Impfkampagne beschleunigen kann.
Die politische Waffe "Sputnik V"
"Europa schielt auf den russischen Impfstoff", titelt seinerseits De Morgen. Nach ersten Studien bietet der russische Sputnik V-Impfstoff doch einen sehr guten Schutz. Bislang wusste man das nicht, weil es schlichtweg keine Daten gab. "Aber, ist der russische Impfstoff wirklich eine Alternative?", fragt sich De Morgen. Die Frage stellt sich nämlich nicht nur aus rein medizinischen Gründen. Um es mal zugespitzt auszudrücken: Ist es vernünftig, die Impfstoffe eines Präsidenten zu kaufen, der seine politischen Gegner vergiften lässt?
Hinzu kommt: Sputnik V ist auch eine politische Waffe, und das zudem von einem der am wenigsten vertrauenswürdigen Politiker. Putin will mit dem Impfstoff offensichtlich sein angekratztes Image wieder aufpolieren. Das erklärt auch die Desinformationskampagnen gegen die westlichen Impfstoffe. Man sollte aber die Dinge getrennt voneinander betrachten. Geopolitik, das ist eine Sache, einen Impfstoff muss man aber als das sehen, was es ist: eine Waffe gegen das Virus, meint De Morgen.
Linksruck bei der N-VA
Viele Leitartikler beschäftigen sich aber auch mit der Vorstandswahl bei der N-VA. Die flämischen Nationalisten haben zwei neue Vize-Präsidenten. Die Delegierten sprachen sich für Valerie Van Peel und Lorin Parys aus. Beide stehen eher im politischen Zentrum. Der ehemalige Asylstaatssekretär Theo Franken wurde nur dritter...
"Was heißt das jetzt?", fragt sich unter anderen Gazet van Antwerpen. Bedeutet das, dass sich die N-VA von Theo Franken und seiner harten Linie ab- und dem Zentrum zuwendet? Nicht unbedingt. Wenn man an den Fall Kucam denkt, dann ist es wohl doch keine Überraschung, dass Francken nicht zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. Diese Affäre um Visa-Missbrauch hat dem ehemaligen Staatssekretär und damit auch der Partei schwer geschadet. Die Wahl von Valerie Van Peel und Lorin Parys mag ein Ruck in Richtung des politischen Zentrums sein, sie muss aber nicht wegweisend sein...
L'Avenir sieht das genauso. Auf den ersten Blick kann man tatsächlich einen "Linksruck" beobachten. Valerie Van Peel und Lorin Parys haben beide ein ausgeprägtes soziales Profil. Theo Francken erschien vielen wohl als zu polarisierend. Mit ihrer Wahl wollten die Delegierten wohl einen Kurswechsel einfordern. Dennoch kann man Theo Francken immer noch als eine langfristige Strategieoption betrachten. Nach wie vor hindert ihn nichts daran, 2023 den Dauerpräsidenten Bart De Wever zu beerben. Damit verbunden wäre ein erneuter Kurswechsel - diesmal in Richtung extrem rechts.
Klassische Volkspartei unter Hochspannung
Für Theo Franken ist das in jedem Fall eine bittere Niederlage, meint Het Laatste Nieuws. Und hier geht es nicht nur um die Affäre Kucam. Viele N-VA-Mitglieder scheinen ihn dafür verantwortlich zu machen, dass ihre Partei derzeit in der Parteienlandschaft so isoliert ist, nachdem sie die Regierung Michel verlassen hatte wegen eines Migrationspaktes, von dem heute niemand mehr spricht.
Verlierer ist aber auch der Vlaams Belang. Wenn die N-VA einen neuen Zentrumskurs einschlägt, dann können die Rechtsextremisten erst mal jede Regierungsbeteiligung wieder getrost vergessen. Aber auch OpenVLD und CD&V werden sich anschnallen müssen, denn diese Richtungsentscheidung ist zugleich ein Angriff auf das politische Zentrum, also die liberalen und christdemokratischen Wähler.
Die nächsten Monate werden dennoch schwierig für die N-VA, glaubt De Standaard. Valerie Van Peel forderte einen Reset, einen Neubeginn. Doch ist das leichter gesagt als getan. Der Vlaams Belang wird ein Störsender bleiben. Theo Francken, der immer noch über eine große Zahl von Unterstützern verfügt, wird auch weiterhin an der Seitenlinie stehen. Die N-VA muss die Quadratur des Kreises hinbekommen: Auf der einen Seite zuverlässig und warm, auf der anderen Seite stramm rechts und hart. Eine klassische Volkspartei eben, allerdings unter Hochspannung.
Briefkastenfirmen – Rote Teufel aber auch Waffenhändler
"10.000 Belgier haben ein Unternehmen in Luxemburg", so schließlich die Aufmachergeschichte von Le Soir. Zusammen mit anderen europäischen Zeitungen hat das Blatt vier Millionen Dokumente ausgewertet. Die Recherche zeigt, dass das öffentliche Register, das eigentlich die wahren Besitzer von Briefkastenfirmen in Luxemburg offenlegen sollte, weitgehend wirkungslos ist. Le Soir hat jedenfalls ein klareres Bild von den Belgiern bekommen, die über Beteiligungen in Luxemburg verfügen und so kann man auch den wirklichen Besitzer von Immobilien oder Grundstücken ermitteln.
Die Recherche mit dem Titel "OpenLux" zeigt auch, dass Luxemburg nach wie vor nicht nur Reiche und Promis aus dem Ausland anzieht - unter anderem sind darunter elf Rote Teufel - sondern auch zwielichtige Gestalten wie Waffenhändler. Das Fazit von Le Soir: Steuertransparenz ist nur möglich, wenn man sie wirklich zu hundert Prozent garantiert...
Roger Pint