"Die Generalprokuratoren pfeifen die Polizei zurück", titelt De Standaard. "Der Einsatz von Drohnen gegen Corona-Muffel ist verboten", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Doch keine Drohnen, dafür aber höhere Geldbußen", so die Schlagzeile von De Morgen.
Höhere Geldstrafen für Verstöße und Vorgaben für Polizei
Die Generalprokuratoren des Landes haben sich auf eine einheitliche Marschrichtung bei der Ahndung von Verstößen gegen die Corona-Regeln geeinigt. Hier gibt es zwei große Kapitel: Auf der einen Seite wurden der Polizei einige Leitplanken gesetzt. Zunächst dürfen beim Aufspüren von möglichen Corona-Verstößen keine Drohnen eingesetzt werden. Darüber hinaus darf die Polizei auch bei konkretem Verdacht keine Wohnung mehr betreten ohne das Einverständnis des Bewohners bzw. - im Falle einer Weigerung - nur nach der Billigung durch einen Magistraten. Auf der anderen Seite werden aber auch die Geldbußen für Teilnehmer bzw. Organisatoren von Lockdown-Partys drastisch erhöht: 750 bzw. bis zu 4.000 Euro.
"Uff!", kann man da nur sagen, meint L'Echo in seinem Leitartikel. In den letzten Tagen konnte es fast so aussehen, als landeten wir schnurstracks in einem Big-Brother-Staat. Vor allem als bekannt wurde, dass die Polizei in einigen flämischen Provinzen Drohnen gegen Corona-Muffel einsetzen wollte.
"Unverhältnismäßig!", haben die Generalprokuratoren jetzt geurteilt. Natürlich ist es total frustrierend, wenn die Anstrengungen einer großen Mehrheit der Bürger durch die respektlose Haltung einer kleinen Minderheit zunichte gemacht werden. Aber eine rein repressive Reaktion bringt das Vertrauen nicht zurück. Akzeptanz muss man sich auch verdienen.
Angefangen damit, dass Schluss sein muss mit der ewigen Kakophonie. Kaum wurden Maßnahmen beschlossen, da findet sich immer der eine oder andere politische Verantwortliche oder Gesundheitsexperte, der gleich wieder zum Ausdruck bringen muss, dass er nicht einverstanden ist. Und auch zu viele Unternehmen halten sich nicht an die Regeln, etwa in puncto Telearbeit. Hier muss wirklich an einem Strang gezogen werden.
"Aber, bitte jetzt nicht gleich wieder nach Hintertürchen suchen", so der Appell von Gazet van Antwerpen. Jetzt stehen doch gleich wieder erbsenzählerische Fragen im Raum. Zum Beispiel die: "Ab wann ist eine gesellige Zusammenkunft von mehreren Menschen nun tatsächlich eine Lockdown-Party?". Muss man hier gleich wieder die Grenzen ausloten, sich in Wortklaubereien üben? Semantische Diskussionen über die genaue Bedeutung des Wortes "Lockdown-Party", die sind im Moment so nötig wie Kopfweh. Können wir uns nicht einfach an die Regeln halten? Dies auch aus Respekt dem Krankenhauspersonal gegenüber, denn in den Kliniken ist die Lage nach wie vor sehr kritisch.
Eine politische Gratwanderung
"Die Schrauben werde angezogen, um einen harten Lockdown zu verhindern", so jedenfalls das Fazit von Le Soir. Denn: Auch in Belgien steigen die Zahlen schon wieder. In den Nachbarländern gelten ja schon strenge Lockdowns. "Ist das schon die dritte Welle", fragt sich besorgt De Morgen. "Noch nicht", kann man im Moment noch für Belgien behaupten.
"Und eine dritte Welle ist noch zu vermeiden", schreibt Het Laatste Nieuws. Mit Blick auf den Konzertierungsausschuss vom Freitag gibt es denn auch für viele Zeitungen kein Vertun: Mögliche Lockerungen sind wohl vom Tisch. Aber auch strengere Regeln will derzeit noch niemand ins Auge fassen: "Wenig Begeisterung für Verschärfungen, oder Lockerungen", so resümiert es auch Het Laatste Nieuws.
"Wir sind hier wieder auf einem schmalen Grat", analysiert De Morgen. Belgien steht in puncto Infektionsgeschehen wieder mal an einem Scheitelpunkt. Wie in den Niederlanden ist es auch hier nicht ausgeschlossen, dass die Zahlen urplötzlich wieder durch die Decke gehen. Und, was machen wir dann? Entsprechend muss die Regierung jetzt eine heikle Entscheidung treffen. Sollte man beschließen, die Regeln nicht nachzuschärfen, dann sollte man aber zumindest sicher sein, dass die Lehren aus der Vergangenheit gezogen wurden: Dann muss etwa das Tracing auch wirklich funktionieren. Erst muss die Politik ihre Arbeit machen, dann hat sie auch ein Argument, um die Bürger ermahnen zu können. Nur mit Drohnen stimuliert man nicht den Bürgersinn.
"Die Akzeptanz bröckelt", ist De Standaard überzeugt. Die Zahl der groben Verstöße gegen Corona-Regeln nimmt sichtbar zu; hier und da droht sogar regelrecht Anarchie. Ob die Regierung und die Justiz das allein mit strengeren Strafen in den Griff bekommen können, das ist fraglich. Deswegen ist es auch wichtig, dass es endlich eine Perspektive gibt: Ein Impfstoff ist zum Greifen nah und auch das Frühjahr steht bevor. Die Botschaft der Regierung muss entsprechend jetzt auch lauten: "Beißt noch ein letztes Mal auf die Zähne!" Wenn wir jetzt noch die Zügel schleifen lassen, dann wäre das eben wegen der Perspektiven unverzeihlich.
EU: Klare Spielregen für Tech-Giganten wie Google und Amazon
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit den Plänen der EU, die großen Internet-Konzerne etwas mehr an die Leine zu nehmen. Die Rede ist vor allem von den sogenannten "Gafam", das steht für Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft.
Diese Unternehmen haben digitale Dienste entwickelt, die das Leben vieler Menschen zweifellos erleichtern. Nur gibt es durchaus eine Kehrseite der Medaille, meint De Tijd. Diese Konzerne nehmen es nämlich oft mit dem Datenschutz nicht so genau. Darüber hinaus nutzen sie ausgeklügelte Konstruktionen, um Steuern zu vermeiden. Einige von ihnen bieten Menschen und Organisationen eine Plattform, um Fake-News, Verschwörungserzählungen und Hass zu verbreiten. Bislang haben diese Unternehmen die gegen sie erhobenen Strafen oft mit einem müden Lächeln quittiert. Der neuerliche Vorstoß der EU könnte dennoch seine Wirkung nicht verfehlen. Denn: Auch die amerikanischen Aufsichtsbehörden beginnen, sich auf die Gafam einzuschießen. Sie werden vorsichtiger werden müssen.
"Europa erwacht", freut sich ihrerseits La Libre Belgique. Endlich will die EU den amerikanischen Digitalriesen die Stirn bieten; jenen Konzernen, die unsere Wirtschaft und auch unsere Demokratien bedrohen. Klar: Auf den ersten Blick kann es so aussehen, als versuche die EU, die amerikanische Vorherrschaft in diesem Bereich zu brechen; schließlich gibt es hier leider keinen europäischen Champion. Aber: Letztlich geht es hier doch nur darum, diese Konzerne nachdrücklich daran zu erinnern, dass sie nicht über dem Gesetz stehen.
"Wir müssen technologischen Fortschritt und europäische Werte unter einen Hut bringen", glaubt Le Soir. Und das ist möglich! Klar hat Europa die digitale Kurve verschlafen. Dafür müssen wir uns jetzt aber nicht dem Gutdünken der amerikanischen Konzerne beugen. Schluss mit den Wild-West-Methoden! Unser Ziel in Europa muss es sein, dass die Technologie in erster Linie der Menschheit dient. Durch das neue Regelwerk, das die EU vorschlägt, wird endlich die Möglichkeit geschaffen, dass diese Zukunftstechnologien auch in Europa entwickelt werden können. Und diesmal nach unseren Vorstellungen...
Roger Pint