Bart De Wever verspricht Kompromiss, heißt es im Grenz-Echo. Der N-VA-Vorsitzende hat für morgen einen Kompromissvorschlag angekündigt. Die sieben Parteien die an den Gesprächen zur Staatsreform und Regierungsbildung beteiligt sind, sollen sich bis Montag äußern.
Dies ist die letzte Chance einen Ausweg aus der Krise zu finden, heißt es dazu in Le Soir. De Wever macht ein letztes Angebot, ist der Aufmacher in De Morgen. Zitiert wird der N-VA-Chef mit dem Satz: Auch meine Partei wird in diesem Text Dinge lesen, die ihr nicht gefallen werden. De Wevers Kompromiss wird allen Parteien Schmerzen bereiten, titelt Het Laatste Nieuws.
La Derniere Heure meint: De Wever setzt die frankophonen Parteien unter Druck. Vor allem die PS hatte ihm die Schuld für das bisherige Scheitern der Verhandlungen gegeben, jetzt dreht De Wever den Spieß um. Sollten die französischen Parteien seinen Vorschlag ablehnen, kann der NVA-Präsident ihnen die Verantwortung für das Scheitern der Regierungsbildung aufbürden. Dann wäre der Weg frei für eine Beteiligung der Liberalen, meint La Derniere Heure.
Am Montag wissen wir mehr
Im Kommentar schreibt De Standaard: Jetzt dürfen wir gespannt sein, was am Wochenende geschieht. Ist jetzt endlich der Moment der Wahrheit angebrochen und muss nun jede Partei Zugeständnisse machen. De Wevers Vorstoß geht auf jeden Fall in eine andere Richtung als die Forderungen des N-VA-Fraktionsvorsitzenden, Jan Jambon, der vergangene Woche die Maximalforderungen seiner Partei für eine Regierungsteilnahme formulierte.
Le Soir meint im Leitartikel, ist dies jetzt endlich der Startschuss für echte Koalitionsverhandlungen? Oder spielt Bart De Wever nur Bluff-Poker und legt er Vorschläge auf den Tisch, die für die Französischsprachigen völlig inakzeptabel sind, um ihnen die Schuld am Scheitern der Gespräche in die Schuhe schieben zu können. Sollte dies der Fall sein, sind Neuwahlen wohl unausweichlich. Die Frage bleibt, will Bart De Wever erfolgreich sein, oder stellt er nur eine Falle.
Auch Gazet Van Antwerpen wartet voll Spannung auf das was der kommende Montag bringt. Dann werden wir wissen, ob die Verhandlungen endlich durchstarten können, meint der Leitartikler. Nach vier Monaten steriler Verhandlungen haben wir ein Recht darauf endlich in Erfahrung zu bringen woran wir sind.
Bahnstreik: Chaos vorprogrammiert?
Belgien droht ein schwarzer Montag, erfahren wir auf Seite 1 in La Libre Belgique. Die größte Bahngewerkschaft, die sozialistische Gewerkschaft, bleibt bei ihrer Streikankündigung. Das dürfte im ganzen Land für Chaos sorgen.
De Tijd reagiert im Kommentar wütend auf den angekündigten Bahnstreik. In einer Zeit wo tausende Belgier darum kämpfen ihren Arbeitsplatz erhalten zu können, tausende sich mit Einkommenseinbussen zufrieden stellen müssen und immer mehr Menschen Sozialhilfe beantragen, finden es die sozialistischen Gewerkschaften notwendig das ganze Land lahm zu legen, nur weil man ihnen einige Privilegien streichen will. Laut De Tijd heißt so etwas: streiken bis zum Tod.
Auch La Libre Belgique bedauert im Kommentar den Bahnstreik, da inzwischen schon eine Einigung zwischen Gewerkschaften und Bahnmanagement ausgehandelt wurde. Die Tatsache, dass trotzdem gestreikt wird, beweist, dass die Beschäftigten der Bahn zutiefst unzufrieden sind. Ihre Arbeitsbedingungen verschlechtern sich dauernd und die Politik ist nicht bereit mehr Geld in diesen öffentlichen Dienst zu investieren.
Léonard in der Defensive
Léonard will sich nach umstrittenen Äußerungen über Aids nicht entschuldigen, heißt es in Het Nieuwsblad. Der Primas der katholischen Kirche Belgiens hatte sich gestern gegenüber der Presse geäußert, weil seine Behauptung, Aids sei eine naturgegebene imminente Gerechtigkeit, für einen Sturm der Empörung gesorgt hatte. Léonard führte dies auf ein Missverständnis zurück.
Mit dieser Analyse stößt er auf wenig Gegenliebe bei den Leitartiklern. Het Nieuwsblad schreibt, der Erzbischof will sich überhaupt nicht entschuldigen, im Gegenteil, er griff erneut die Homosexuellen an. Das alles hat den Vorteil der Klarheit. Die Kirche outet sich nicht als Hort der Barmherzigkeit. Auch Het Laatste Nieuws findet, Léonard habe die Dinge mit seiner Pressekonferenz noch weiter verschlimmert.
Nicht nur brandmarkte er Aids als Folge eines ausschweifenden Sexuallebens, jetzt bezeichnet er sogar Lungenkrebs als verdienten Lohn der Raucher. Wer gegen die Natur sündige müsse sich nicht wundern, wenn ihm die Natur eine Rechnung präsentiere. Das ist anscheinend die Position des Erzbischofs. Wenn das so weiter geht, wird die Kirche schon bald ein existenzielles Problem haben, meint Het Laatste Nieuws.
L'Avenir kommentiert: „Mit seinen Äußerungen hat Monseigneur Léonard den Nicht-Gläubigen gehörig Munition verschafft. Und nicht nur das, auch viele Christen erkennen sich nicht in den Worten des Erzbischofs. Es wird höchste Zeit, dass dieser sich rückbesinnt oder will Léonard mit seinen harten Worten nur eine gefährliche Marketing-Operation starten, um die katholische Kirche neu zu positionieren.
De Morgen schließlich meint, Léonard hat mit seiner Position die Debatte über die Einführung einer Kirchensteuer beschleunigt. Eine solche Steuer hätte den Vorteil, dass diejenigen, die mit Léonard einverstanden sind dies auf der Steuererklärung kundtun können. Wer Léonards Ideen ablehnt, braucht sie dann auch nicht mehr mitzufinanzieren.
bild:belga archiv