Hollywood hätte es nicht besser gekonnt
So heißt es in Het Laatste Nieuws, gestern fühlte sich jeder von uns wie ein halber Chilene. Die kollektive Freude über die 33 Geretteten übertrifft bei weitem die Trauer um die vielen tausend Toten, die die Katastrophen in diesem Jahr, wie das Erdbeben in Haiti oder die Überschwemmungen in Pakistan gefordert haben.
Der Grund liegt auf der Hand: Reißender und packender als die Rettung im chilenischen Jan José hätten auch die Hollywood-Regisseure dieses Drama nicht inszenieren können.
De Standaard schreibt, der Erfolg dieser Rettungsaktion ist im besonderen Masse auch der internationalen Zusammenarbeit zu verdanken. So stellte die NASA ihr Fachwissen zur Verfügung, indem sie Amerikaner aus Afghanistan abzog, um am Unglücksschacht die Bohrmaschine zu handhaben.
Das Stahlkabel an der Rettungskapsel war Made in Germany und die Moral dieser Geschichte: Solidarität lohnt sich immer und sie inspiriert außerdem zu heldenhaften Taten.
B.H.V ist wieder da
Kommen wir von Chile ins eigene Land mit der heutigen Sitzung des Parlaments, auf der die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde erneut Staub aufwirbeln könnte.
Diesbezüglich weist La Derniere Heure darauf hin, dass der Vlaams Belang die Dringlichkeit bei der Besprechung eines entsprechenden Gesetzesvorschlages fordern wird. Folglich wird dieser Text wohl in Kürze bereits erneut in der Kommission für innere Angelegenheiten zur Sprache kommen, möglicherweise abermals mit einem einseitigen Votum der Flamen gegen die Frankophonen.
Im gleichen Zusammenhang notiert Gazet Van Antwerpen, normalerweise werden die flämischen Parteien, einschließlich der N-VA, mindestens noch eine Woche warten, ehe sie dem Vorschlag zustimmen werden. Sollte es bis dann allerdings immer noch keine Aussicht auf eine Verhandlungslösung für B.H.V geben, wird das Karussell mit allen nur denkbaren Alarmglocken und Interessenkonflikten wohl erneut in Gang gesetzt.
Diesbezüglich haben die letzten Wahlen den Zähler auf null gestellt. Es ist also nicht verwunderlich, dass in letzter Zeit des Öfteren von Neuwahlen die Rede ist, auch wenn diese wahrscheinlich das Ergebnis vom letzten Mal nur bestätigen würden.
Reynders will cdH und Ecolo ausschalten
La Libre Belgique lässt in einem ausführlichen Interview MR-Präsident Didier Reynders zu Wort kommen. Darin plädiert dieser dafür, die von Flandern gewollte große Staatsreform von den vier größten Parteien des Landes, nämlich PS und MR auf frankophoner Seite sowie N-VA und CD&V auf flämischer Seite, aushandeln zu lassen.
In ihrem Kommentar plädiert La Libre Belgique für eine gemeinsame Strategie der frankophonen Parteien, die das Einende und nicht das Trennende in den Vordergrund stellen sollten, um auf dieser Basis ein gemeinsames Projekt für ein neu gestaltetes Belgien zu Papier zu bringen. Dabei spielt es keine ausschlaggebende Rolle, ob sie auch alle mit am Verhandlungstisch der Regierungsbildung sitzen.
Neuwahlen sind keine Lösung
Vor dem gleichen Hintergrund lässt die Brüsseler Zeitung Le Soir den früheren Ecolo-Spitzenpolitiker Olivier Deleuze zu Wort kommen, der als Fraktionschef von Ecolo in der Kammer erneut eine führende politische Position übernimmt.
In dem Gespräch plädiert Deleuze für eine von Flamen und Frankophonen ausgehandelte Staatsreform und warnt vor dem sogenannten Plan B, d.h. vor der Spaltung Belgiens, von der es besser sei, nicht fortwährend zu reden. Sollte es dennoch eines Tages dazu kommen, werde Flandern auf jeden Fall auf Brüssel verzichten müssen. Entschieden wehrt sich Deleuze ebenfalls gegen die Ausschreibung von Neuwahlen, denn diese seien wirklich keine Lösung.
Ob bald ein Ausweg aus der festgefahrenen Situation gefunden wird, dürfte nach Ansicht von Het Nieuwsblad weitgehend von dem heutigen Treffen De Wevers mit Di Rupo und Milquet abhängen. Angeblich fühlt sich der PS-Vorsitzende psychologisch kaum noch in der Lage mit De Wever zu verhandeln und denkt bereits an andere Möglichkeiten wie z.B. an eine Regierung ohne die N-VA. Eine solche wird allerdings von den übrigen flämischen Parteien zurzeit jedenfalls noch abgelehnt. Insofern ist der Gedanke an Neuwahlen gar nicht so abwegig.
De Standaard ist da allerdings anderer Ansicht, wenn die Zeitung schreibt, selbst bei einem Scheitern des De Wever-Auftrages ist die Aussicht auf einen neuen Urnengang eher gering, denn praktisch sämtliche Parteien sind sich in einem Punkt einig: Neuwahlen wären allein Zeit- und Geldverschwendung.
bild:epa