"12.500 obdachlose Flüchtlinge in Moria – Zwölf Kinder in Belgien willkommen", titelt heute Het Nieuwsblad. "SP.A und Groen nicht einverstanden mit De Blocks Zwölf", so die Schlagzeile bei De Standaard. Und De Morgen schreibt auf Seite eins: "Nur ein erster Schritt versichert die Regierung"
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit der Entscheidung der Föderalregierung, zwölf Kinder aus dem abgebrannten Flüchtlingslager in Moria auf der griechischen Insel Lesbos nach Belgien zu holen. Sozialisten und Grüne finden das zu wenig und sprechen von einer Schande. Die für Asyl und Migration zuständige Föderalministerin Maggie De Block verspricht aber, das ist nur ein erster Schritt.
Es braucht echte Politik – ohne Angst
"Das ist ja nicht mal ein Schulbus", schreibt Het Nieuwsblad in seinem Kommentar. Zwölf. So viele Kinder und Minderjährige ist unser Land vorläufig bereit aufzunehmen. Wie hohl kann eine Geste, wie leer kann eine ausgestreckte Hand nur sein? Zwölf. In Moria saßen und sitzen 12.500 Menschen gefangen. 40 Prozent davon sind minderjährig. Zwölf davon fliegen wir jetzt also rüber. Von insgesamt 400 Kindern, die von Deutschland, Frankreich und Belgien aufgenommen werden.
Die deutsche Regierung gab gestern bekannt, dass sie darüber hinaus nochmal insgesamt 1.500 Flüchtlinge willkommen heißen wird, aus verschiedenen Lagern in Griechenland. Es ist etwas mehr als fünf Jahre nach dem "Wir schaffen das!" von Angela Merkel. Das würde ihr Untergang werden, verkündeten in- und ausländische Stimmen, inklusive N-VA-Chef Bart De Wever. Aber Merkels Partei, die CDU schneidet bei regionalen Wahlen wieder prima ab. Die deutsche Bundeskanzlerin ist populärer denn je. Viele Deutsche hoffen, dass sie ihren Ruhestand verschiebt. Das passiert, wenn man echte Politik macht, ohne Angst zu haben. Nicht vor dem eigenen Schatten und sicher nicht vor Extrem-Rechts. Das ist die Lehre aus "Wir schaffen das!"
Wir wissen doch, was zu tun ist
De Morgen kann es gar nicht glauben. Es sei zwar nur ein erstes Angebot, verdeutlicht Ministerin De Block, aber zwölf? Das sind drei Prozent von den 400 Minderjährigen, die die EU verspricht aufzunehmen. Das gilt als fairer Anteil für das kleine Belgien. Ein Roboter hätte es nicht anders entschieden. Diese Entscheidung, nur eine minimale Zahl Minderjähriger aufzunehmen, ist bezeichnend für die Beschlussfähigkeit eines Landes ohne nationale, vollwertige Regierung.
Het Belang van Limburg sieht es so: Es gibt einige Argumente, diese zwölf genug zu finden. Unsere Auffangstrukturen sind gerammelt voll. Und vergangenes Jahr haben wir schon 1.200 Kinder aufgenommen, die ohne ihre Eltern oder Familie auf der Flucht sind. Das ist drei Mal mehr als wir nach inoffiziellen Berechnungen, basierend auf Einwohnerzahl und Einkommen, aufnehmen müssten. Nur die Griechen machen es da besser. Aber fokussieren wir uns nicht nur auf die unbegleiteten Minderjährigen. Kinder mit Eltern sind genauso hoffnungslos. Den Geschichten von ganzen Familien ohne Essen, Trinken, Bett oder Toilette können wir nicht zuhören, ohne einen tatsächlichen Plan als Antwort.
Dennoch wissen wir schon seit Jahren, wie die Asylkrise geregelt werden muss: auf europäischem Niveau. Kommende Woche folgt der x-te Versuch. Die traurige Nachricht ist, dass die Asylkrise Wählerstimmen bringt. Populisten zehren davon. Aber, wenn Europa nicht weiter auseinanderfallen will, muss es Antworten liefern. Die Lösungen kennt jeder, und sie werden sowohl von links wie von rechts akzeptiert: eine gerechte Verteilung der Asylsuchenden auf die Mitgliedsstaaten, schnelle Prozeduren und Rückführung derer, deren Antrag nicht genehmigt wird.
Einigt Euch endlich!
Das Coronavirus ist heute ein Thema auf Seite eins von Het Laatste Nieuws. "Jetzt schon 1.000 Infektionen pro Tag – Und immer noch sind sie sich nicht einig." Sie - das sind hier Virologe Marc Van Ranst und Gesundheitsministerin Maggie De Block. Laut Van Ranst hat die Politik keine richtige Strategie. De Block findet hingegen, dass Virologen keine politischen Ratschläge zu erteilen haben.
Der Leitartikel der Zeitung wird da zu einem dringenden Appell. Liebe Ökonomen, hört damit auf, offene Briefe zu schreiben, die die Autorität der Virologen untergraben. Und liebe Virologen, Stopp mit schweren Anschuldigungen gegenüber den Ökonomen. Denn es war niemals ihr Ziel, die Zahl der Infektionen steigen zu lassen. Sie versuchen nichts Anderes, als denen eine Perspektive zu geben, die kein Licht am Ende des Tunnels mehr sehen.
Und liebste Politiker, hört auf, die Ratschläge der Virologen in Zweifel zu ziehen. Sie wagen es zumindest, die schlechten Nachrichten zu verkünden, weil sie keine Angst haben müssen, Wählerstimmen zu verlieren. All die Tweets, offenen Briefe und Seitenhiebe vor den Fernsehkameras helfen den Bürgern keinen Meter weiter. Zieht Euch lieber zusammen zurück, zur Not auch in einem schicken Schloss und bleibt darin solange, bis Euch klar ist, was wir jetzt tun dürfen und was nicht. Und kommt danach klar und deutlich erklären warum, notfalls eine Million Mal.
Volker Krings