"Generalprokurator sieht keinen Beweis für eine Schuld bei den Polizeibeamten", schreibt Het Nieuwsblad. "Polizeibeamte im Fall Chovanec aus der Schusslinie", titelt De Morgen. Und De Standaard macht auf mit der Schlagzeile: "Slowakisches Parlament prangert Belgien an". Die Affäre um den Tod des Slowaken Jozef Chovanec beherrscht heute erneut einen Teil der Tagespresse.
Die wichtigste Wendung ist wohl, dass die Staatsanwaltschaft von Charleroi sich am Mittwoch zum ersten Mal geäußert hat. Sie sieht keine Beweise, dass die Polizeibeamten eine direkte Schuld am Tod Chovanecs hätten.
Die zweite wichtige Neuentwicklung im Fall Chovanec: Das Slowakische Parlament hat am Mittwoch eine Resolution verabschiedet, und zwar mit zwei Dritteln der Stimmen. Darin fordert es das EU-Parlament auf, eine ehrliche und schnelle Untersuchung des Falls zu überwachen. Die slowakischen Parlamentarier wollen auch, dass die EU-Kommission einer unmenschlichen Behandlung nachgeht. Das slowakische Parlament erhebt darüber hinaus Einspruch gegen eine ungerechtfertigte Verzögerung bei den Ermittlungen, und das Zurückhalten von Beweisen.
Ein anderes Thema bei Le Soir: "Verhandlungen: Die CD&V treibt den Preis nach oben", so die Schlagzeile. Der Vorsitzende der flämischen Christdemokraten, Joachim Coens, will keine sogenannte Vivaldi-Koalition, sondern schlägt eine Avanti-Koalition vor.
CD&V in der Existenzkrise
Das heißt: Die gleichen Parteien, allerdings mit mehr christdemokratischen Inhalten. Het Nieuwsblad kommentiert das Ganze so: Damit die CD&V ihren Kurs wechseln und ohne die N-VA in See stechen kann, scheint die Wahrnehmung genauso wichtig wie der Inhalt. Der Name Vivaldi musste vom Tisch. Coens lancierte den Begriff Avanti, um die Spitze seiner Partei zu überzeugen. Ein Wortspiel ist scheinbar ausschlaggebend, um alle nach anderthalb Jahren an Bord zu bekommen und eine Regierung zu formen. Es ist ein Zeichen, dass die existentielle Krise bei der CD&V noch schlimmer ist, als gedacht.
Ähnlich sieht es auch De Morgen: Das Zaudern der CD&V hat wenig mit Inhalten zu tun. Es ist getrieben von Angst. Einerseits befürchten die CD&V-Bürgermeister, dass der Bruch mit der N-VA ihnen vor Ort sauer aufstoßen könnte.
Die flämischen Fraktionsführer und vor allem die flämischen Minister sorgen sich um das Funktionieren ihrer eigenen Regierung. Auf der anderen Seite sind die föderalen Abgeordneten vornehmlich "Vivaldisten". Sie fürchten sich vor der Oppositionsbank und schlimmer noch: Sie bangen um ihren Sitz im Parlament. Das Drama ist, dass die CD&V nicht den Vorsitzenden hat, um die ganze Partei hinter sich zu scharen.
Aufrechte Verteidiger der Freiheit
Vor dem Hintergrund des am Mittwoch begonnenen Charlie Hebdo-Prozesses kommen einige Zeitungen auf die Mohammed-Karikaturen zurück, die die französische Satirezeitschrift aus gegebenem Anlass erneut veröffentlicht hat. Le Soir kommentiert: Mit der Veröffentlichung der bereits 2006 erschienen Karikaturen hat Charlie Hebdo keine Provokation begangen, ob man ihren Humor schätzt oder nicht, er hat niemals zu Hass angestachelt. Die Satirezeitschrift hat einen unglaublichen Mut bewiesen, um der ganzen Welt zu zeigen, dass die Verteidiger der Freiheit immer noch aufrecht stehen.
L'Avenir ist der Ansicht, die gewagte Wiederveröffentlichung der berühmten Mohammed-Karikaturen wiegt wie Blei über dem Prozess. Nicht wenige verurteilten diese Hommage an die Opfer als ultimative Provokation. Andere wiederum sehen in ihr eine sehr starke Bejahung ihrer Meinungsfreiheit und eine Verweigerung, sich einschüchtern zu lassen.
In jedem Fall ist es eine Charlie Hebdo-würdige Entscheidung. Niemals aus Feigheit niederknien, niemals das Haupt vor der Finsternis senken, niemals der Angst nachgeben, die lähmt und mundtot macht.
"Eine starke Titelseite", findet Het Belang van Limburg. Das sehen die Gegner anders. Sie finden, dass Charlie Hebdo den Ärger sucht. Es zeigt, wie sehr die Empfindlichkeiten verschoben sind. Wir mögen den Krieg gegen den Islamischen Staat mehr oder weniger gewonnen haben, der Terror hat aber den Weg zur Selbstzensur und einer übertrieben selbstkritischen Haltung gepflastert.
Wout van Aert nicht aufzuhalten
In einem immer noch diversen Europa bleibt es wichtig zu betonen, dass keine einzelne Karikatur Grund sein kann für Gewalt. In unserer Gesellschaft hat niemand das Monopol auf Empörung.
Wer im freien Westen leben will, muss akzeptieren, dass hier über alles gelacht werden darf, dass die freie Meinungsäußerung heilig ist. Wer eine Zeichnung nicht lustig findet oder sich durch sie verletzt fühlt, hat die Wahl, sie zu ignorieren. Darum ist der Triumph des Rechtsstaats über den Terror auch ein wichtiges Signal.
Auf allen Titelseiten ist Wout van Aert zu sehen; der 25-jährige Radprofi ersprintete am Mittwoch den ersten belgischen Etappensieg bei der Tour de France. "Der unaufhaltbare Wout van Aert", "Wout van Aert ist nicht zu bremsen" oder "Wout – wer sonst?", so dann auch heute die Schlagzeilen.
Volker Krings