"Endlich wieder in die Schule!", schreibt Het Nieuwsblad. "Guten Schulanfang, trotzdem", wünscht La Dernière Heure. "Schulen starten mit wenig Spielraum", erklärt De Standaard.
Viele belgische Tageszeitungen nehmen heute auf ihren Titelseiten Bezug auf den Schulanfang. Das ist ja eigentlich immer so, doch in diesem Jahr ist ja coronabedingt alles ein bisschen anders. Und einige haben ja schon seit März ihre Schule nicht mehr von innen gesehen.
Dazu schreibt La Libre Belgique: Dieser Schulanfang verlangt Vorsicht, Wachsamkeit, aber auch Anspruch. Es wurde höchste Zeit, dass die Kinder wieder ein mehr oder weniger normales Leben fortführen, nach Monaten, die sie ohne ihre Freunde, ohne ihre Lehrer verbracht haben.
Ungleichheiten zwischen Schülern verstärkt
Das Social Distancing, das ihnen auferlegt wurde, war zu Beginn des Lockdowns notwendig, da niemand mit Sicherheit die Gefahr einschätzen konnte, die das Virus für die Jungen bedeutete. Nach der ersten Schockstarre und der darauffolgenden Analyse sind sich die Kinderärzte glücklicherweise einig darüber, dass den Kindern ihr soziales Leben zurückgegeben werden muss. Denn Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens. Sie ist auch eine unersetzliche Lebenserfahrung und ein Ort der menschlichen Kontakte. Kinder brauchen ihre Familie, aber auch ihre Freunde.
Während Monaten waren die Schüler mehr schlecht als recht auf sich selbst gestellt, um die wenigen Kenntnisse, die sie bis dahin erlangt hatten, auch beizubehalten. Die Gesundheitskrise hat die Ungleichheiten nicht nur aufrechterhalten, sondern auch vergrößert. Nicht alle Kinder hatten Zugang zu den Lehrinhalten, nicht alle konnten in der gleichen Weise von ihren Eltern, großen Brüdern oder Schwestern begleitet werden. Die Herausforderung dieses Schulbeginns wird es sein, diese Ungleichheiten zu beheben. Aber Vorsicht und Wachsamkeit dürfen nicht Anspruch verhindern. Es steht außer Frage, das Lernniveau zu senken. Die Angleichung nach unten ist keine Option, auch nicht in Pandemie-Zeiten.
Ähnlich sieht es auch De Standaard: Die ersten Tage werden nicht nur ein frohes Wiedersehen sein, sondern auch eine Bestandsaufnahme des Schadens. Das eine Zuhause ist nicht das andere. In normalen Jahren vergrößern zwei Monate Sommerferien die Ungleichheit zwischen den Schülern. Vier Monate selbstständigen Lernens haben eine Kluft geschlagen. Starke Schulen und ihre besten Schüler plädierten dafür, die Freiheit des Abstandsunterrichts beizubehalten.
Sie mögen die Konzentration, die Selbstständigkeit, das höhere Tempo und die Exzellenz. Sie haben das Beste aus ihren digitalen Plattformen herausgeholt. In den Corona-Monaten haben sie sich einen kaum einzuholenden Vorsprung erarbeitet, im Vergleich zu Schülern mit wenig Selbstdisziplin, ohne eigenen Computer, ohne eigenes Zimmer, mit anderssprachigen oder wenig gebildeten Eltern. Wie groß dieser Unterschied zwischen den Schulen geworden ist, wissen wir noch nicht.
Schüler haben Normalität verdient
Het Nieuwsblad meint: Der erste September ist immer ein spannender Moment. Doch an den Start dieses Schuljahres wird man sich noch Generationen später erinnern. Es ist der Beginn eines unvorstellbaren und unbequemen Jahres. Ab heute muss jeder sich hinter ein Ziel scharen: Unserer Jungend ein so normales Schuljahr wie möglich vorzugaukeln. Die Jugendlichen, die sich in ihrer Möglichkeit und in ihrer natürlichen Entwicklung eingeschränkt sahen, verdienen das. Wir haben sie gebeten, schwere Anstrengungen zu tun, aus Sorge vor den verwundbarsten Gruppen, die meistens ihre Großeltern waren. Um ihnen eine Chance zu geben, im Kampf gegen das Virus. Trotz oft ungerechtfertigter Kritik haben sie sich, genauso wie andere Altersgruppen, im Befolgen der Corona-Regeln tadellos verhalten. Es ist Zeit, um ihnen etwas zurückzugeben.
Die Wirtschaftszeitung De Tijd notiert: Wir wissen nicht, wie der Kampf gegen die Pandemie weitergeht. Vielleicht gibt es in ein paar Monaten einen Impfstoff, vielleicht ist aber auch in fünf Jahren noch keiner da. Ein halbes Jahr nach dem Ausbruch der Pandemie in unserem Land, sind wir deshalb verpflichtet an diesem ersten September den Schalter umzulegen. Wir können das Leben nicht auf ewig stilllegen. Dabei geht es nicht nur um den Unterricht. Nach dem Lockdown, dem zarten Neuanfang des wirtschaftlichen Lebens und den Sommerferien ist heute für uns alle der wichtigste Schritt, um uns das Leben zurückzuerobern. Die Schülerinnen und Schüler werden deshalb etwas lernen, was jeder von uns auch noch kapieren muss: Das Leben mit dem Virus.
Affäre Chovanec - Warum erst jetzt?
De Morgen kommentiert den Fall Chovanec, für den sich der damalige Innenminister Jan Jambon heute in der Kammer erklären muss. Die Zeitung schreibt: Immer noch gibt es Mechanismen, die die Wahrheitsfindung behindern und Straftaten unter den Teppich kehren. Die zweieinhalb Jahre alten Videoaufzeichnungen mit einer extrem gewalttätigen Überwältigung und einem Hitlergruß können nicht für jeden in der Polizeiführung überraschend oder neu sein. Warum werden jetzt erst Fragen gestellt über einen Polizeibeamten, der 16 Minuten lang mit seinem vollen Gewicht auf einem Inhaftierten sitzt? Warum wird jetzt erst Anstoß an einem Hitlergruß vor laufender Kamera genommen? Warum wird jetzt erst verwundert auf einen Arzt geschaut, der ohne vorhergehende Untersuchung, unter Zwang eine Injektion vollzieht. Und auch: Denkt erst jetzt der damalige Innenminister darüber nach, dass ein Dossier, auf das der slowakische Botschafter mit Nachdruck hinweist, vielleicht doch eine nähere Untersuchung wert gewesen wäre.
Volker Krings