Zentral steht dabei, ob Albert II. auch die Liberalen zu sich bitten wird, und ob diese, nachdem sie bisher außen vor geblieben sind, nunmehr an den Verhandlungen beteiligt werden.
MR mit an den Verhandlungstisch …
De Morgen notiert dazu auf Seite 1, die N-VA drängt das Staatsoberhaupt, die Liberalen wenigstens zu empfangen und sich ihre Meinung anzuhören. Dagegen will die PS davon nichts wissen, weil sie ohnehin nicht mit den Liberalen regieren möchte. Dieser Gegensatz zwischen den beiden stärksten Parteien bringt den König in eine nicht beneidenswerte Lage.
Auch L'Avenir beschäftigt sich eingehend mit diesem Thema, unter anderem mit der Feststellung, dass PS, cdH und Ecolo der liberalen MR vorwerfen, die Verhandlungen torpediert zu haben, indem sie De Wever hinter vorgehaltener Hand deutlich größere Konzessionen in Aussicht stellten. Dazu heißt es, die MR will mit aller Gewalt in die neue Föderalregierung, zumal dies für ihren Parteichef Didier Reynders zweifellos die letzte Chance ist, nicht politisch sang- und klanglos unterzugehen. Das Problem ist nur, dass die flämischen Liberalen ihrerseits an einer Regierungsteilnahme kaum interessiert sind, nachdem sie beim letzten Urnengang eine schwere Niederlage hinnehmen mussten.
… oder verhungert sie in der Oppositionskur?
Het Nieuwsblad stellt fest, dass sich die MR fast auf Knien bei De Wever anbietet, um sich den politischen Marsch durch die Wüste zu ersparen. Wenn sie in die neue Föderalregierung kommt, kann sie parallel dazu probieren, auch auf wallonischem Regionalniveau in die Mehrheit zurückzukehren. Das macht für die kommenden Jahre für die Partei von Reynders einen Riesenunterschied. Jetzt den Einstieg in die Regierung zu verpassen, könnte für die Liberalen erneut eine lange politische Durststrecke in der Opposition zur Folge haben.
De Standaard räumt den Liberalen allerdings nur wenig Chancen ein, vom König für die Wiederaufnahme der Regierungsverhandlungen berücksichtigt zu werden. Es ist eine Konstante in der Politik des Palastes, so schreibt dazu die Zeitung wörtlich, einer Regierung aus Sozialisten und Christlichsozialen den Vorzug zu geben.
MR steht allein im frankophonen Lager
La Dernière Heure sieht drei Gründe dafür, dass die MR von den übrigen frankophonen Parteien abgelehnt wird. Erstens: Mit der MR wird eine linksgerichtete Sozial- und Wirtschaftspolitik schwer durchzuführen sein. Zweitens befürchten sie, dass die frankophonen Liberalen bei einer Regierungsteilnahme unbedingt auch in der wallonischen Regionalregierung dabei sein wollen. Und drittens wollen sie vermeiden, dass die MR sich schon bald von der tiefen internen Krise erholt, die sie derzeitig erschüttert.
Der König muss auch mit den Liberalen reden
La Libre Belgique findet allerdings, dass der König es sich nach fast vier Monaten Regierungskrise nicht leisten kann, jetzt nicht wenigstens mit den Liberalen zu reden, zumal die N-VA sie ja unbedingt mit ins Boot nehmen will. Auf das 'warum' sieht die Zeitung zwei mögliche Antworten. Die optimistische wäre, dass die N-VA mit den Liberalen eine Einigung für möglich erachtet. Die pessimistische hingegen besagt, dass die flämischen Nationalisten nur beweisen wollen, dass es auch mit den Liberalen nicht geht und Belgien folglich keinen Sinn mehr hat. Weiter heißt es in La Libre Belgique: Da die N-VA unumgänglich ist, ist es wichtig, dass sich jetzt im Norden und Süden des Landes Politiker mit Verantwortung finden, die eine tiefgreifende Staatsreform mit größerer Verantwortung für die Regionen und Gemeinschaften auf die Beine bringen, zugleich aber auch den Mehrwert, den Belgien nach wie vor bedeutet, erhalten.
Belgien braucht die Staatsreform
Het Belang van Limburg regt sich auf über jene, die nicht begreifen, dass eine tiefgreifende Staatsreform für Belgien so wichtig ist. Deshalb erinnert die Zeitung daran, dass man die wichtigen Sozial- und Wirtschaftsfragen nur lösen kann, wenn die Gliedstaaten endlich homogene Befugnisse erhalten, um eine Wirtschaftspolitik zu führen, für die sie steuerlich und finanziell auch die Verantwortung tragen. Genau das muss die Staatsreform als Ergebnis haben, und deshalb ist sie von kapitaler Bedeutung.
Proficiat, Yves Leterme (50)!
Zum Schluss noch ein Blick auf die Brüsseler Zeitung Le Soir, die den geschäftsführenden Premierminister Leterme zu seinem 50. Geburtstag gratuliert. Dazu heißt es unter anderem, während die Regierungsverhandlungen bisher ergebnislos vor sich hin dümpeln, gibt Leterme eine recht gute Figur ab. Der laufende Staatshaushalt ist einigermaßen im Gleichgewicht, und der belgische EU-Vorsitz läuft bisher praktisch reibungslos.
Bild: belga