„3… 2… 1… - An die Masken“, so die Überschrift bei La Dernière Heure. „Maske nicht nur in Geschäften Pflicht“, präzisiert das GrenzEcho. „Keine Mundschutzmaske? Bis zu 250 Euro Strafe“, warnt Gazet van Antwerpen auf Seite eins mögliche Maskenmuffel.
Am Samstag tritt die erweiterte Maskentragepflicht für Geschäfte und viele andere belebte Orte in Kraft, die relativ überraschend und kurzfristig Donnerstagnacht beschlossen worden war.
Ja, die Entscheidung kam spät, im Krebsgang und mit verpfuschter Kommunikation. Trotzdem muss man die Ausweitung der Maskenpflicht begrüßen, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Und man muss zur Einhaltung der neuen Regeln ermutigen.
Wir müssen erneut auf den Verantwortungssinn, die Weisheit und die Intelligenz der Bevölkerung setzen. Ignorieren wir für einen Augenblick die Verwirrung, die in der Politik zu herrschen scheint. Und rufen wir uns stattdessen in Erinnerung, dass diese Maskenpflicht nicht eingeführt wird, um den Menschen auf die Nerven zu gehen oder den Handel und die Kinos zu drangsalieren.
Die neue Maßnahme ist keine politische Laune, hier geht es allein darum, uns dabei zu helfen, uns selbst zu schützen. Und zwar sowohl, was unsere Gesundheit angeht, als auch für die bestmögliche Rückkehr zu einer Art wirtschaftlicher Normalität, erinnert Le Soir.
Die einzig richtige Entscheidung
Jetzt sind die verdammten Masken also doch zur Pflicht geworden, scheint Het Belang van Limburg weit weniger enthusiastisch. Aber muss nicht eigentlich jeder normale Mensch mit den Augen rollen, angesichts des Hickhacks und der Kehrtwenden in der Masken-Politik? Zugegeben, Einsicht auf Basis neuer Erkenntnisse ist nie verkehrt. Außerdem gab es nun wirklich kein Drehbuch für eine solche Pandemie, auf das man hätte zurückgreifen können.
Dass nun, quasi in letzter Minute, die Maskenpflicht beschlossen wurde, war die einzig richtige Entscheidung. Ja, selbst wenn sie reichlich spät fiel. Und hier steckt noch eine andere Botschaft drin, nämlich an unsere Politiker: Es braucht nur fünf Minuten Mut. Schluss mit dem Lavieren, Probleme müssen benannt und angegangen werden. Sonst kommen sie nämlich wie ein Bumerang zurück, mahnt Het Belang van Limburg.
Gazet van Antwerpen blickt auch auf die politischen Kehrtwenden der vergangenen Monate in puncto Masken. Jetzt heißt es, unter anderem von der föderalen Gesundheitsministerin Maggie De Block, aber auch von anderen, dass man ja nie gegen das Tragen von Masken gewesen sei. Nur dagegen, das zur Pflicht zu machen. Ob sie damit ihr Gesicht wahren können, bleibt allerdings abzuwarten.
Jedenfalls sind es jetzt vor allem die Geschäfte und Betriebe, denen das Leben schwergemacht wird. Weil sie es sind, die dafür sorgen sollen, dass sich die Menschen auch an die Maskenpflicht halten.
Nach dem ständigen Hü und Hott sowohl der Politiker als auch der Virologen ist es jetzt umso schwieriger, den Bürgern die Maßnahme zu vermitteln. Auch, weil es vielen eher wie ein Schritt zurück als vorwärts erscheint. Das hätte man vermeiden können, wenn die Föderalregierung früher eine Maskenpflicht für Supermärkte und andere Orte beschlossen hätte, kritisiert Gazet van Antwerpen.
Was gibt es zu feiern?
Der 11. Juli ist auch der Tag der Flämischen Gemeinschaft. Nach Feiern ist Het Laatste Nieuws allerdings nicht zumute. Diese Woche wurde wieder einmal deutlich, dass nicht alles, was wir selbst tun, per se auch besser ist, seufzt die Zeitung. Stichwort Lohnerhöhungen für das Pflegepersonal auf föderalem Niveau, aber nicht in Flandern. Stichwort Corona-Krisenmanagement, gerade in den Altenheimen.
Und während die N-VA in der Kammer verbissen gegen das Ausgeben von ungedeckten Schecks in Zeiten klammer Kassen kämpft, wird zu Hause genau das praktiziert. Natürlich wissen wir schon, was uns die flämischen Nationalisten antworten werden: Flandern habe zu wenige Befugnisse. Und man wolle die Unabhängigkeit, und zwar jetzt! Oder Konföderalismus, auch jetzt! Aber damit kann man nicht alle Probleme wegerklären. Es mangelt schlicht an Initiative. Um einzugreifen, wenn es Not tut. Oder, um etwas gegen die flämische Bürokratie und Kontrollwut zu unternehmen, beklagt Het Laatste Nieuws.
Für De Standaard hat sich Belgien kaputt reformiert. Wie dieses Land noch seinen 200. Geburtstag in zehn Jahren erreichen soll, ist ein Rätsel. Nach sechs Staatsreformen stellen wir fest: Das ist alles Nichts. Aber für etwas Besseres haben wir auch keine Idee, ganz zu schweigen von einem Plan. Geschrei gibt es dafür schon. Alles aufspalten! Oder: Alles zusammenlegen! Intellektuell unterfüttert ist aber weder die eine, noch die andere Forderung. Das ist ein Nährboden für eine fortschreitende Entfremdung zwischen der Bevölkerung und den politisch Verantwortlichen. Und alle Reden zum 11. Juli, die die Wörter „selbst“, „tun“ und „besser“ enthalten, werden im heutigen Kontext wie Hohn klingen, so De Standaard.
Nicht täuschen lassen
L'Avenir bemerkt in seinem Kommentar, dass der flämische Ministerpräsident Jan Jambon seit Beginn der Gesundheitskrise erstaunlich diskret geworden ist. Selbst der von seiner Regierung propagierte berüchtigte „flämische Kanon“ scheint fürs Erste im Keller gelandet zu sein. Aber davon darf man sich nicht täuschen lassen. Auch wenn die Gemeinschaftspolitik in den letzten Jahren eher auf Sparflamme drehte, wartet sie nur darauf, wieder mit Macht zutage zu treten.
Und je länger die föderale Ebene in der Sackgasse steckt, je länger die Unfähigkeit, einen der berühmten belgischen Kompromisse zu finden, andauert, desto stärker wird auch die flämische extreme Rechte. Das Erwachen wird dann umso schmerzhafter werden. Bereiten wir uns also besser darauf vor, warnt L'Avenir.
Boris Schmidt