"FNG will 287 Arbeitsplätze streichen", schreibt L'Echo auf Seite eins. Het Belang van Limburg ist präziser: "Bei der Modegruppe FNG werden 47 Geschäfte dicht gemacht und 287 Jobs vernichtet".
Bei der Modegruppe FNG mit Hauptsitz in Mechelen ist eine Bombe geplatzt. Das Unternehmen ist bekannt für seine Tochtergesellschaften, wie Brantano, Fred & Ginger oder Miss Etam. "Jetzt trifft es auch den Textilsektor", so die allgemeinere Diagnose von L'Avenir. "Der Sturz der Modegruppe FNG lässt alle bluten", titelt seinerseits De Standaard. Neben den Mitarbeitern gibt es nämlich auch noch andere Geschädigte, allen voran die Banken und andere Gläubiger. FNG hatte nämlich Schulden in Höhe von über 700 Millionen Euro.
Erfolgsstory verwandelt sich in einen Skandal
Und mindestens das macht die ganze Geschichte zum Skandal, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Die Geschichte von FNG klang lange Zeit wie eine klassische Erfolgsstory. Alles begann mit dem Traum von drei Ingenieuren, die den belgischen Modesektor aufmischen wollten. Das funktionierte zunächst auch. Lange ging es steil bergauf.
Jetzt endet dieser Traum in Tränen. Hinter der Erfolgsgeschichte verbirgt sich ein Schuldenberg von 734 Millionen Euro. Das bringt FNG in die Liga der größten Wirtschaftsskandale der letzten Jahrzehnte, Stichwort Fortis, Stichwort Lernout & Hauspie.
Wir müssen die Lehren aus dem FNG-Debakel ziehen, glaubt denn auch L'Echo. Die Modegruppe aus Mechelen hat einen fast beispiellosen Aufstieg hingelegt. Einer Übernahme folgte die nächste. Da entstand ein explosiver Cocktail aus unverhältnismäßigen Investitionen, zu einfachen Schulden und einem totalen Mangel an Transparenz. Das konnte nur in die Luft fliegen.
Die Coronakrise ist dabei aber nur der Auslöser, nicht der eigentliche Grund. Der Fall von FNG ist beispielhaft. Hier zeigt sich, dass man immer mal genauer hinschauen sollte. So schön manche Träume auch sein mögen, man sollte sie auch schon mal gegen das Licht der Wirklichkeit halten.
Für L'Avenir kann das alles letztlich eine Chance sein. Was wir hier sehen, das ist vielleicht das Ende einer Ära, der Abgesang auf die großen Handelsketten mit ihren großzügigen Geschäftsräumen. Längst gibt es die Konkurrenz des Onlinehandels. Und in die jetzt entstehende Bresche können auch kleine unabhängige Geschäfte springen. Man darf ja mal hoffen.
Maskenpflicht in Geschäften?
Doch auch die eigentliche Coronakrise sorgt heute wieder für Schlagzeilen. "Experten fordern eine Maskenpflicht für Geschäfte", titeln De Morgen, Het Nieuwsblad und De Standaard. Die Fachleute wurden ganz offensichtlich aufgeschreckt durch die Bilder vom Wochenende. In Brüssel und anderen großen Städten gab es ja wilde Party-Szenen, Dutzende wenn nicht Hunderte Menschen dichtgedrängt, ohne Masken. "
So kann es sehr schnell wieder in die falsche Richtung gehen", warnt der Virologe Steven Van Gucht auf Seite eins von Het Belang van Limburg. "Überall sehen wir Alarmsignale, aber die Belgier werden immer nachlässiger", bemerkt auch Het Laatste Nieuws. Das Fazit der Zeitung in Form einer dicken Schlagzeile: "Wir können mit unserer wieder gewonnenen Freiheit nicht umgehen". Auch deswegen plädieren die Virologen eben für eine Maskenpflicht in Geschäften und Supermärkten, eben um die Menschen daran zu erinnern, dass die Epidemie noch nicht vorbei ist.
Het Nieuwsblad würde das wohl so unterschreiben. Die Corona-Partys vom Wochenende haben aufgerüttelt. Die Bilder von Menschen, die ausgelassen feiern, unter Missachtung sämtlicher Sicherheitsregeln, diese Bilder haben den Eindruck vermittelt, dass der Orkan weitergezogen ist. Die demonstrative Sorglosigkeit steht in schrillem Kontrast zu den historischen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO, die belegen, dass die Pandemie stärker denn je ist.
Es bedarf jetzt eines Weckrufes! Wir brauchen ein starkes Signal, um die Menschen wieder zur Vernunft zu bringen. Ein solches Signal, das wäre eine Maskenpflicht für Geschäfte und Supermärkte. Der Nationale Sicherheitsrat sollte diese Regel morgen beschließen, mit sofortiger Wirkung!
Beängstigende Rückkehr zur Normalität
De Morgen sieht das ähnlich. Es gibt zwar noch keinen Beweis, aber es steht zu befürchten, dass die spontanen Partys in Ixelles und anderswo noch dramatische Folgen nach sich ziehen werden. In einer solchen Situation reichen nur wenige Infizierte, um für ein neues Aufflammen der Epidemie zu sorgen.
Schuld ist auch die diffuse Kommunikation der Behörden, die dafür gesorgt hat, dass niemand mehr weiß, welche Regeln noch in Kraft sind und welche nicht. Eine Ausweitung der Maskenpflicht wäre jedenfalls bestimmt keine schlechte Idee. Es geht darum, wieder auf den Mittelweg zurück zu finden.
Auch Het Laatste Nieuws ärgert sich immer noch über die Bilder vom Wochenende. Warum in Gottes Namen ist die Polizei nicht eingeschritten? Der Bürgermeister von Ixelles Christos Doulkeridis beschränkte sich darauf, die Ereignisse am nächsten Tag weinerlich zu bedauern.
Hier bestätigt sich das Bild einer Hauptstadt, die schlichtweg nicht beziehungsweise schlecht geführt wird. Der ganze Staat funktioniert nicht! Es scheint unmöglich zu sein, Gesetze und Regeln durchzusetzen. In diesem Land regiert das Mittelmaß. Das hat schon tausende Menschenleben gekostet und weitere werden folgen.
Die Rückkehr zur Normalität beginnt tatsächlich beängstigend zu werden, meint auch Le Soir. Immer bedrohlicher werden die Meldungen aus dem Ausland, wo sich stellenweise die Neuinfektionen wieder häufen. Immer mehr dunkle Wolken am Himmel. Parallel dazu wirkt es so, als gäbe es hierzulande keine Leitplanken mehr, um die Normalität in Bahnen zu lenken. Sollte die sanitäre Krise wieder aufflammen, dann muss in diesem Land jemand am Ruder stehen.
Roger Pint