weil nur so eine echte finanzielle Eigenverantwortung der Teilstaaten erreicht werden könne.
Die französischsprachigen Parteien sind die Antwort auf diese Forderung bisher jedoch schuldig geblieben, und antworteten mit dem Aufruf, die Gespräche zur Regierungsbildung wieder aufzunehmen.
Ultimatum der N-VA: Ende der Verhandlungen?
Daraus schlussfolgern die meisten flämischen Zeitungen, dass der Bruch zwischen den bisher verhandelnden sieben Parteien wohl nicht mehr zu vermeiden ist. Gazet van Antwerpen bringt dazu die Balkenüberschrift auf Seite 1: "Das Ende naht". Heute muss fast schon ein Wunder geschehen, um die Koalitionsgespräche noch zu retten.
De Morgen beschreibt die Situation als total festgefahren. Ohne frankophone Antwort auf das Ultimatum der N-VA, so urteilt die Zeitung, werden die flämischen Nationalisten den Verhandlungstisch wohl definitiv verlassen. Weiter heißt es im Kommentar von De Morgen, es ist noch immer nicht klar, ob die verhandelnden Parteien wirklich einen Kompromiss wollen oder lediglich darauf bedacht sind, im Falle eines Scheiterns der Gegenseite den Schwarzen Peter zuzuschieben. Das bisher fehlende Vertrauen bei diesen Verhandlungen wird sich unter den gegeben Umständen wohl kaum noch einstellen.
Het Laatste Nieuws schreibt zum Ultimatum der N-VA, man sollte nicht vergessen, dass die Frankophonen genau so ein Ultimatum für ihre Forderung nach mehr Geld für die Region Brüssel hätten stellen können. Dass sie darauf verzichtet haben, lässt die Schlussfolgerung zu, dass bei ihnen der Wunsch, eine Einigung zu erzielen, größer ist als bei den flämischen Nationalisten.
N-VA will alles
Indessen ist La Libre Belgique inzwischen überzeugt, dass die N-VA in Wirklichkeit überhaupt keine Einigung will. Alles was sie will, so heißt es im Leitartikel der Zeitung, ist die Unabhängigkeit Flanderns. Dabei liegen auf dem Tisch genügend Punkte, um eine historische Staatsreform auf die Beine zu bringen: Deutlich mehr Kompetenzen für die Regionen, ein neues Finanzierungsgesetz und eine Einigung über Brüssel-Halle-Vilvoorde. All das jedoch reicht der N-VA noch immer nicht. Für sie kommt offenbar nur ein Abkommen in Frage, das ihr eigenes Parteiprogramm komplett berücksichtigt. Das Drama ist, dass ohne die N-VA nichts geht. Folglich befinden wir uns derzeit hinsichtlich der Regierungsneubildung in einer totalen Sackgasse.
Neuwahlen nicht auszuschließen
Le Soir weist darauf hin, dass die frankophone Seite eine Einigung innerhalb von ein bis zwei Wochen immer noch für möglich hält, unter der Voraussetzung, dass auch die N-VA zu Zugeständnissen bereit ist. In dem Ultimatum der N-VA sehen die Französischsprachigen in erster Linie, zumindest nach Ansicht von Le Soir, ein weiteres Druckmittel, um am Verhandlungstisch ihre Sicht der Dinge durchzusetzen.
Im gleichen Kontext notiert Het Nieuwsblad: Sollte die Partei von Bart De Wever heute die Gespräche für gescheitert erklären, sind Neuwahlen nicht länger auszuschließen. Im Kommentar der Zeitung heißt es, von den Wahlsiegern Di Rupo und De Wever hätte man erwarten können, dass sie alles tun, um einen Kompromiss zu erreichen. In Wirklichkeit jedoch hat De Wever nie die Initiative ergriffen, und auch Di Rupo hat seit dem Ende seines Auftrags als Präformateur kaum noch etwas getan, um den Gesprächen Richtung und Führung zu geben.
Angst der Frankophonen vor finanzieller Verantwortung
De Standaard gibt den Frankophonen die Schuld an einem voraussichtlichen Scheitern der Regierungsgespräche, weil sie angeblich nicht bereit sind, auf jene Forderungen einzugehen, die die flämischen Wähler am 13. Juni deutlich zum Ausdruck gebracht haben - nämlich mehr Kompetenzen und deutlich mehr finanzielle Eigenverantwortung der Gliedstaaten.
Diese Auffassung vertritt auch Gazet van Antwerpen, die sich in ihrem Leitartikel dafür einsetzt, dass alle flämischen Parteien am Verhandlungstisch eine Front bilden, um eine Isolierung der N-VA zu vermeiden. Dabei hat die N-VA recht, wenn sie eine echte finanzielle Eigenverantwortung der Gliedstaaten als Kernstück der Staatsreform fordert. Den Französischsprachigen graut davor, weil sie das Schlimmste befürchten, wenn sie ihre Ausgaben mit eigenen Steuermitteln finanzieren müssen. Deshalb wird eine starke flämische Front von Tag zu Tag wichtiger. Schließlich ist sie das einzige Mittel, um hierzulande eine Staatsreform durchzuführen, die diesen Namen verdient.
Bild: belga