"Eins von drei Kindern hat Angst, krank zu werden", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. Het Laatste Nieuws bringt ein Zitat der EU-Kommissarin für Kinderrechte Caroline Vrijens auf seiner Titelseite: "Eins von fünf Kindern spielt seit zwei Monaten alleine – traurig, oder?"
"Auch Teenager haben die Corona-Krise satt: 'Doof, lästig und ärgerlich'", so die Überschrift bei Gazet van Antwerpen.
Drei Kinderrechteorganisationen haben eine Online-Umfrage unter 44.000 flämischen Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Die Ergebnisse sind für Het Nieuwsblad überraschend. Und beunruhigend. Eigentlich ging man davon aus, dass Kinder und Teenager sehr anpassungsfähig sind.
Und doch müssen die ständigen Bilder, die allgegenwärtigen Mundschutzmasken, die Opferstatistiken sie viel schwerer getroffen haben, als zunächst gedacht. Nach den heulenden Sirenen, die uns vor dem Schlimmsten bewahrt haben, müssen jetzt Realität und Rationalität das Gebot sein. Die Angst vor dem Virus bei Kindern ist nämlich höchst ungesund und kann für bleibende Narben sorgen.
Der ökonomische und politische Fußabdruck von Kindern ist klein, ihre Belange werden deshalb oft denen anderer untergeordnet. Sie verdienen jetzt eine prioritäre Behandlung bei der Rückkehr zur Normalität. Das ist auf lange Sicht viel wichtiger als eine schnelle Wiederöffnung der Cafés und Restaurants. Denn sie sind nicht nur die Wähler, sondern auch die Verbraucher von morgen, erinnert Het Nieuwsblad.
Het Belang van Limburg greift in seinem Leitartikel die Leiden eben des Horeca-Sektors auf: Für ihn ist die Corona-Krise eine nie dagewesene Katastrophe. Neben dem wirtschaftlichen Blutbad gibt es aber noch eine weitere Gefahr: Der gastronomische Ruf unseres Landes ist bedroht. Es ist also nicht nur im Interesse der Angestellten und Unternehmer, sondern in dem von uns allen, eine Implosion des Horeca-Sektors zu verhindern, fordert Het Belang van Limburg.
Die Gefahr der Selbst-Aufhebung der Corona-Beschränkungen
Die Entwicklung der Corona-Zahlen ist besser und schneller als erwartet, hält Le Soir fest. Und das ist ein Problem für die Regierung und die Expertengruppe, die für die phasenweise Aufhebung der Beschränkungen verantwortlich ist. Wie sollen sie den Menschen vermitteln, dass sie bei der Rückkehr zur Normalität noch teilweise warten sollen? Die Gefahr, dass so mancher zu einer Selbst-Aufhebung greift, ist real.
Und dennoch müssen wir noch etwas durchhalten, weil wir noch nicht die Folgen der Lockerungen vom 11. Mai komplett absehen können. Und weil wir eigentlich auch schon viel wieder dürfen. Ist es zu viel verlangt, noch bis zum 3. Juni zu warten? Ist die Ungeduld Anarchie und das Risiko wert, die Kontrolle über die Pandemie zu verlieren?, fragt Le Soir.
Für De Morgen liegt das eigentliche Problem nicht in den Rufen nach schnelleren Lockerungen. Sondern in einer mangelnden Vorbereitung auf die Zeit danach. Das Kontakt-Tracing droht, ein langsamer und schleppender Prozess zu werden. Wir sind, kurzgesagt, vom Balanceseil der Corona-Krise gesprungen, ohne dass das Sicherheitsnetz aufgespannt war.
Einmal mehr droht Optimismus mit Übermut verwechselt zu werden. Und das kann ein ernstes Problem werden, wenn es zu einem Wiederaufflammen der Epidemie kommt. Manche Politiker schwören ja, dass es keinen zweiten Lockdown geben wird. Und wir hoffen natürlich, dass sie Recht behalten. Aber die Frage bleibt: Haben unsere Regierungen genug getan, um ein solches Katastrophenszenario zu verhindern, kritisiert De Morgen.
Wieviel ist uns die Privatsphäre wert?
Gazet van Antwerpen blickt auf das Problem des Datenschutzes beim Kontakt-Tracing per App. Natürlich ist die Sorge um den Schutz sensibler persönlicher Daten wichtig. Aber was ist, wenn dadurch die Wirksamkeit beeinträchtigt wird? Noch sehen die Corona-Kurven gut aus. Heißt: Noch können wir uns den Luxus einer Privacy-Diskussion leisten.
Aber man muss dann hoffen, dass sich das Dilemma zwischen dem Schutz der eigenen Daten und der Volksgesundheit beziehungsweise Wirtschaft nicht eines Tages wieder viel schärfer abzeichnen wird. Wieviel wird uns die Privatsphäre dann wert sein? Und müssten wir die Diskussion darüber nicht gründlicher führen, wundert sich Gazet van Antwerpen.
L'Avenir erinnert daran, wie es zu Beginn der Krise überall hieß, dass wir uns und unser Verhalten allgemein ändern müssten, dass wir weiser werden müssten. Aber was ist nach zehn Wochen von diesen guten Vorsätzen noch übriggeblieben? Wir haben offensichtlich das meiste davon vergessen. Der Neustart der Wirtschaft, die Wiederaufnahme des Waren- und Geldverkehrs - Das ist das, was die meisten interessiert. Auch wenn die Krise uns gezeigt hat, dass das Menschliche ein wichtigerer und oft vernachlässigter Wert war. Ja, Eile ist geboten. Aber nicht, um wieder die gleichen Fehler zu begehen, appelliert L'Avenir.
"Hilf dir selbst, indem du anderen hilfst"
De Tijd kommt in ihrem Kommentar auf den für heute angekündigten Corona-Rettungsplan der Europäischen Kommission zurück. Beim unvermeidlichen Feilschen um jeden Cent dürfen die EU-Staaten das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Nämlich, dass der wirtschaftliche Schaden enorm ist. Und dass man wieder auf die Beine kommen muss. Und die Tatsache, dass der Großteil des Corona-Schocks vom jeweiligen EU-Land selbst aufgefangen wird.
Deswegen ist es essentiell, dass über all dem ein gemeinsamer europäischer Plan steht. Man hilft sich selbst, indem man den anderen hilft. Man verhindert, dass die wichtigsten Handelspartner zugrunde gehen. Und man stellt sicher, dass politische Bundesgenossen das auch in Zukunft bleiben, gerade angesichts einer immer explosiveren geopolitischen Weltlage. Und man muss einsehen, dass es einem selbst schadet, wenn man dieses große Ganze nicht sieht, mahnt De Tijd.
Boris Schmidt