"Hoffen auf Besserung", titelt heute Het Nieuwsblad und meint damit den Nationalen Sicherheitsrat, der heute zusammenkommt. Dabei geht es in erster Linie darum, im Detail zu klären, wie die Wiedereröffnung der Geschäfte am kommenden Montag ablaufen soll. Eigentlich ist das soweit klar, die Zahl der Corona-Patienten und die der Todesfälle gehen runter. Aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail. Wer darf öffnen, wer nicht? Das müssen heute die Regierungen des Landes klären.
So kompliziert wie noch nie
La Libre Belgique schreibt dazu in ihrem Leitartikel: Es gibt in Belgien elf Millionen Premierminister, elf Millionen Gesundheitsminister, elf Millionen Epidemiologen und Virologen, elf Millionen Fachleute für Quarantäne und elf Millionen Kommunikationsexperten. Alle Belgier haben eine Meinung darüber, was in einer Pandemie zu tun ist, und vor allem, was nicht zu tun ist.
Heute wird die Aufmerksamkeit der Belgier erneut auf die Entscheidungen des Nationalen Sicherheitsrates gelenkt werden. Und nur eine Minute nach ihrer Ankündigung, wird ein Drittel die Entscheidungen in Frage stellen, ein Drittel sie begrüßen und ein Drittel sich perplex fragen, welchem der beiden anderen Lager es sich anschließen soll. Warum ist es denn so kompliziert klare Informationen zu vermitteln?
Und die Zeitung gibt auch gleich die Antwort darauf: Weil es so kompliziert ist, wie noch nie. Im Konzert der unterschiedlichen Stimmen der einzelnen Regierungen, Parteivorsitzenden und Experten muss der Nationale Sicherheitsrat vor der ganzen Bevölkerung ein Machtwort sprechen und dabei alle Meinungen zusammenmixen. Da ist es am Ende unvermeidbar, dass das irgendwie gekünstelt wirkt.
Erwartungen übertreffen statt enttäuschen
Das GrenzEcho kommentiert: Zwei Mal hat der Nationale Sicherheitsrat enttäuscht. Es ist höchste Zeit, dass das Gremium nicht weniger, sondern mehr liefert, als man von ihm erwartet hätte. Es geht, mittelfristig, um nicht weniger als das Überleben unseres Systems der repräsentativen Demokratie. Der Nationale Sicherheitsrat wäre also gut beraten, die Erwartungen der Menschen, die man nun lange genug auf die Folter gespannt hat, nicht zu enttäuschen. Und, warum nicht, zu übertreffen.
Gazet van Antwerpen blickt dabei speziell auf Premierministerin Sophie Wilmès: Für die Liberale ist es die dritte öffentliche Prüfung. Bei den vorigen zwei ist sie peinlich durchgefallen. Die gute Nachricht: Es kann nur besser werden.
Ein ferner Traum
Großes Thema dürfte bei der Sitzung auch der Sport sein. Darauf nimmt De Morgen auf Seite Eins Bezug: "Schoppen ja, Supporten nein" Die Zeitung schreibt: "Fußballspiele im vollen Stadion, das ist vorerst ein ferner Traum. Wie fern entscheidet sich dann heute im späten Nachmittag oder frühen Abend. Virologe Marc Van Ranst wird zu diesem Thema in Het Laatste Nieuws zitiert: "Stadionbesuch? Den gibt es erst, wenn es einen Impfstoff gibt. Sprich wahrscheinlich erst im Sommer 2021".
Drei Fragen zu Atemschutzmasken
Le Soir hat heute eine große Analyse im Angebot: "Masken: zwei Monate Chaos", so die Schlagzeile. Anfang März gab es in Belgien 50 Corona-Fälle, die Föderalregierung lancierte daraufhin einen Ankauf von Atemschutzmasken. Zwei Monate später, also heute, herrscht immer noch Mangel an den sogenannten FFP2-Masken für die Krankenhäuser.
In ihrem Leitartikel stellt sich die Zeitung drei Fragen: Wie erklärt und wie rechtfertigt es sich, dass ein technologisch so fortgeschrittenes und zivilisiertes Land wie das unsere erstens keine ausreichende Menge davon auf Lager hat, um sein Krankenhauspersonal zu schützen?
Zweitens: Was ist mit der Fähigkeit, sie in dringenden Fällen innerhalb der gebotenen Frist zu bestellen? Und drittens: Warum kann man nicht lokale Unternehmen mobilisieren, diese zu produzieren, wenn man sie anderswo nicht finden kann?
EZB bekommt es alleine nicht hin
Einige Zeitungen kommen heute auf das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts zurück. Das hatte gestern die Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank EZB zur Stabilisierung des Euro für teilweise verfassungswidrig erklärt.
De Standaard schreibt dazu: Das Urteil hat vorerst keine unmittelbaren Folgen für die noch viel massiveren Ankäufe der EZB in der Corona-Krise, die damit das Finanzsystem stabilisieren will, jetzt wo die Wirtschaft - sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite - vor dem Zusammenbruch steht.
Das Bundesverfassungsgericht gibt der EZB drei Monate Zeit, um bessere Argumente zu liefern, was ihr wohl gelingen wird. Aber in Zukunft könnten weitere Klagen gegen die EZB-Politik folgen, die sich auf das gestrige Urteil stützen werden. Die Unabhängigkeit der EZB scheint angegriffen, jetzt wo sie sich vor einem deutschen Gericht verantworten muss.
Das wirft einen Schatten auf die finanzielle Stabilität der Eurozone in den kommenden Monaten und Jahren. Die Beträge, die die EZB schon seit Jahren aus dem Nichts heraus kreiert, werden allmählich unheimlich. Es ist an der Zeit zu erkennen, dass die EZB es alleine nicht hinbekommt. Die Euroländer müssen ihre eigene Verantwortung übernehmen, um die aufeinander folgenden Krisen gemeinsam zu bekämpfen. Der Euro wird diese dauernde Zerstrittenheit nicht ewig überleben.
Volker Krings