"Das sehr soziale Programm des Informators", titelt Le Soir. "Magnette vergrault N-VA mit seinem ersten Bericht", heißt es im Aufmacher bei De Standaard. "Bericht von Magnette weist deutlich auf Regenbogen hin", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Der Bericht von Paul Magnette, den er als Informator dem König am 18. November vorgelegt hat bei seinen Bemühungen um eine neue Föderalregierung, wird heute von vielen Zeitungen analysiert. Die Dokumente wurden den Zeitungen aus einer nicht veröffentlichten Quelle zugespielt.
Gazet van Antwerpen kommentiert: Jetzt ist es also doch geschehen – Unterlagen aus den Verhandlungen, die Magnette mit den einzelnen Parteien führt, sind an die Öffentlichkeit gelangt. Das ist selbstmörderisch bei so einer delikaten Aufgabe wie dem Schmieden einer neuen Regierungskoalition. Wenn unpopuläre Maßnahmen bekannt werden, die in so einem Bericht stehen, wird man sie schon im Vorfeld in der Luft zerreißen. Und auch mit dem Finger auf die Partei zeigen, die wahrscheinlich verantwortlich für diese Maßnahmen ist. Eines ist sicher: Wenn die Verhandlungen von Magnette nicht weiter in völliger Diskretion ablaufen können, dann geht der Zirkus nie zu Ende, warnt Gazet van Antwerpen.
Het Nieuwsblad geht auf die Inhalte ein und schlussfolgert: In dem Bericht steht eigentlich nichts drin, was mit den Zielen der N-VA übereinstimmt. Jetzt, wo dieser Bericht öffentlich ist, kann das jeder erkennen. Die N-VA hat damit das beste Argument, um zu sagen: Aus diesen Verhandlungen steigen wir aus. Das sollte die Partei jetzt auch ruhig machen – den Schwarzen Peter würde sie dafür nicht bekommen. Also N-VA, zieh den Stecker und schau, was danach passiert, fordert Het Nieuwsblad.
Wo soll das Geld herkommen?
Het Laatste Nieuws schimpft: Der Bericht von Magnette ist wie ein Wunschzettel an den Nikolaus – viele Pläne, die an sich auch Sinn machen, wie zum Beispiel die hohen Investitionen in die Bahn und die Maßnahmen für die Armutsbekämpfung. Aber nirgends steht, wo das Geld dafür herkommen soll. Solange das nicht passiert, sind solche Berichte das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind, wettert Het Laatste Nieuws.
L'Echo hingegen findet: Es ist völlig normal, dass im Bericht von Magnette noch kein Wort über die Finanzierung steht. Natürlich wäre das schön, aber der Bericht ist ja nur ein Arbeitspapier, eine Etappe auf dem Weg, der vielleicht zu einer neuen Föderalregierung führt. Und was da so an Ideen formuliert wird, hört sich zumeist schon recht verheißungsvoll an, lobt L'Echo.
Ein Sieg für alle Frauen, die Opfer sexueller Gewalt sind
In Antwerpen ist gestern der in Flandern bekannte Urologe Bo Coolsaet zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Vor 13 Jahren soll der mittlerweile 80-Jährige bei einer Blasenbehandlung an einem damals 15-jährigen Mädchen sexuelle Handlungen vorgenommen haben. Nach drei Jahren brach das Mädchen die Behandlung ab.
De Standaard jubelt: Das Urteil ist ein Sieg für alle Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt werden. Das Urteil ist umso bedeutender, da selbst die Staatsanwaltschaft bis zum Schluss auf Freispruch für den Angeklagten plädiert hatte. Aussage stünde hier gegen Aussage, so die Argumentation. Die junge Frau wurde während des Prozesses auch als "hysterisches Mädchen" abgewertet. Die Richter ließen sich davon aber nicht beeindrucken. Zumal auch andere Zeugenaussagen die Anschuldigungen des Mädchens glaubwürdig erscheinen ließen, zeigt sich De Standaard zufrieden.
De Morgen hebt hervor: Das Urteil ist auch ein Beweis dafür, dass der oft angeprangerte Klüngel im Gerichtswesen zumindest in diesem Fall nicht funktioniert hat. Coolsaet ist Teil des flämischen Establishments. Solche Menschen haben viel Einfluss, und Anschuldigungen gegen sie wurden früher oft in Hinterzimmern von der Justiz geregelt. Die Staatsanwaltschaft scheint das auch in diesem Fall wieder versucht zu haben. Gut, dass die Richter sich nicht darauf eingelassen haben, freut sich auch De Morgen.
Hört sich gut an, aber ...
Le Soir beschäftigt sich mit der neuen Bank NewB, die heute ihre Kapitalbeschaffung abschließen muss, und stellt fest: Noch fehlen ein paar Millionen Euro. Und selbst, wenn die Kapitalbeschaffung bis heute Abend gelingen sollte, werden noch weitere Hürden vor der neuen Bank stehen. Die Bank ist als Kooperative organisiert, will ethische Prinzipien verfolgen und eine Alternative zu den bisherigen Banken sein. Das hört sich gut an, doch ob die Bank diesen Prinzipien treu bleiben kann in einem Umfeld, das ganz anders tickt, ist doch sehr fraglich, zweifelt Le Soir.
L'Avenir findet: Der Vorsitzende des Projekts NewB, Bernard Bayot, und die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg haben viele Gemeinsamkeiten. Sie begeistern gerade junge Menschen, die sich eine andere Zukunft wünschen. Sie wollen sich für eine nachhaltige und ethische Art des Zusammenlebens einsetzen, für eine bessere und gerechtere Welt. Sie wollen Alternativen fördern, das Lokale dem Globalen vorziehen. Vielleicht sollten Bayot und Thunberg ihre Kräfte bündeln. Greta könnte vielleicht auch dabei helfen, die letzten Millionen Euro einzusammeln, die für die Kapitalbeschaffung von NewB noch nötig sind, schlägt L'Avenir vor.
Kay Wagner