"Trump vom eigenen Botschafter verleugnet", titelt Le Soir. "Wie Gordon Sondland Trump in Bedrängnis bringt", heißt es bei De Standaard. Und De Morgen zitiert: "Ich folgte den Befehlen von Präsident Trump". Die gestrige Aussage vom US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, wonach Donald Trump ihm den Auftrag gegeben habe, den ukrainischen Präsidenten Selensky unter Druck zu setzen, ist heute das Thema Nummer eins auf vielen Titelseiten.
Dazu schreibt Het Belang van Limburg: Seit Wochen versuchen die Demokraten, die die Mehrheit im Repräsentantenhaus und in der Untersuchungskommission haben, zu beweisen, dass Trump ukrainische Korruptionsermittlungen gegen den Sohn von Joe Biden zur Bedingung für einen Besuch im Weißen Haus machte, den der frisch gebackene ukrainische Präsident Selensky so wichtig fand für seine internationale Glaubwürdigkeit. Sondland ließ daran nicht den Hauch eines Zweifels aufkommen.
Gab es ein Quid pro quo? Die Antwort ist: ja. Trump und seine Unterstützer in der Untersuchungskommission gaben ihr Bestes, um Sondlands Wichtigkeit und Glaubwürdigkeit als Zeuge herunterzuspielen. Gestern bezeugte aber ein von Trump selbst ernannter Botschafter, dass der Präsident die Außenpolitik seines Landes für seine eigenen politische Ziele manipulierte. Die Frage ist, was es bringt. Sollte es nach den noch nicht abgeschlossenen Verhören zu einem Impeachment-Prozess im Senat kommen, sitzt die republikanische Mehrheit dort am Hebel. Und die lässt ihren Präsidenten nicht im Stich, prophezeit Het Belang van Limburg.
Sondland wird zum Kronzeugen der Anklage
De Morgen schreibt zum selben Thema: Der amerikanische EU-Botschafter hat mit seiner Aussage eine tickende Zeitbombe für die Präsidentschaft von Trump gelegt. Es ist nun nicht länger die Frage ob, sondern wann diese explodieren wird. Zum ersten Mal in dieser Affäre ist es ein Anhänger der ersten Stunde, der sich öffentlich gegen den Präsidenten wendet. Trump kann nun nicht länger behaupten, dass dies ein politisches Komplott der Opposition ist. Sondland wird so, ob er will oder nicht, zu einem Kronzeugen der Anklage, der auch in einem möglichen Senatsprozess – dem nächsten Schritt im Impeachment-Verfahren – eine Schlüsselrolle spielen kann, glaubt De Morgen.
IS-Kinder haben eine Chance verdient
De Standaard beschäftigt sich in seinem Leitartikel mit den beiden belgischen IS-Frauen, die aus Syrien in die Türkei geflüchtet sind und über kurz oder lang nach Belgien zurückkehren werden. Dazu schreibt das Blatt: Auf eine verdrehte Art und Weise stellt die Rückkehr der beiden die grundlegende Ordnung des Rechtsstaates wieder her. Ihr Fall ist die perfekte Illustration für die Widersprüche, die hier vorhanden sind.
Politisch gesprochen will Belgien sie nicht zurück. Offiziell aber lässt die belgische Justiz sie per internationalem Haftbefehl suchen, damit sie hier ihre Strafe absitzen sollen. Ohne dass die belgische Diplomatie einen Finger gerührt hat, behält die richterliche Logik die Oberhand. Die Regierung respektiert den unverbrüchlichen Grundvertrag mit ihren Bürgern. Einen Vertrag, den sie niemandem übertragen kann. Egal was der Bürger auch auf dem Kerbholz hat, notiert De Standaard.
Dass mit den beiden Frauen auch ihre insgesamt sechs Kinder nach Belgien zurückkehren, findet Gazet van Antwerpen eine gute Nachricht. Es wird wohl nicht viele Menschen geben, die den IS-Frauen hier ein neues komfortables Leben gönnen. Ein Leben, das sie erwartet, wenn sie ihre fünfjährige Strafe abgesessen haben. Nicht nur, dass sie 2013 mit IS-Terroristen nach Syrien gezogen waren. Nachdem ihre Männer gefallen waren und sie nach Belgien zurückgekehrt waren, sind sie erneut dorthin gegangen, um wieder die Frauen von IS-Kämpfern zu werden.
Darauf waren sie auch immer stolz. Erst als der IS den Krieg verloren hatte, kamen die Reuebezeugungen und flehentlichen Bitten, doch zumindest ihren Kindern eine Chance zu geben. Die Kinder verdienen alle Chancen. Die Idee, dass sie tickende Zeitbomben sind, die über kurz oder lang eine genauso große Gefahr für die Gesellschaft werden können wie ihre Eltern, klingt wenig überzeugend. Man kann ein sechsjähriges Kind indoktrinieren, aber sein späteres Verhalten jetzt schon programmieren, das ist noch was ganz anderes, glaubt Gazet van Antwerpen.
Schockvideo schießt übers Ziel hinaus
La Libre Belgique kritisiert das schockierende Video der Kinderschutzorganisation Child Focus, in dem mit expliziten Bildern auf das Thema Kinderpornografie aufmerksam gemacht werden soll. Dazu schreibt die Zeitung: Der Kampf gegen den perversen und kriminellen Kinderpornomarkt, dessen Opfer immer jünger werden, ist nötiger denn je. Child Focus hat im vergangenen Jahr mehr als 500 Bilder von sexuellem Kindesmissbrauch erhalten. Kaum sichtbar ist dieses Phänomen doch umso reeller und muss angeprangert und verfolgt werden.
Rechtfertigt diese fehlende Sichtbarkeit aber eine solche Schockkampagne? Sicher nicht. Und das aus drei Gründen. Erstens: Diese Kampagne hat kein Zielpublikum, das Video richtet sich an alle Erwachsenen ohne Unterschied. Zweitens: Was ist das Ziel überhaupt? Musste man, um Kindesmissbrauch anzuklagen, dieselbe pornographische Bildsprache benutzen? Und drittens: Ist dieses Video überhaupt effektiv? Eine Kampagne, deren Botschaft erklärt und rechtfertigt werden muss, geht an ihrem Ziel vorbei.
Volker Krings