"Johnson wird seine Wahlen am 12. Dezember nicht bekommen", titelt Le Soir. "Johnson schafft es immer noch nicht, seine Neuwahlen durchzusetzen", schreibt auch La Libre Belgique auf Seite eins. "Jetzt streiten die Briten auch noch über das Wahldatum", so die Schlagzeile von De Standaard.
Der britische Premierminister Boris Johnson ist gestern mit seinem Vorhaben gescheitert, vorgezogene Neuwahlen am 12. Dezember abzuhalten. Im Parlament bekam er dafür nicht die notwendige Unterstützung.
De Morgen kommentiert: Die Chance ist groß, dass trotzdem heute ein Kompromiss für vorgezogene Neuwahlen gefunden wird. Die Labour-Partei verlangt noch eine Garantie, dass ein Brexit ohne Vertrag definitiv vom Tisch ist. Die Liberaldemokraten wollen den Wahltermin drei Tage früher haben, weil dann noch viele Studenten vor ihrem Urlaub wählen können.
Für die Wahlen selbst hat die Opposition dann allerdings zurzeit schlechte Karten: Sie ist zerstritten. Der große Trumpf für Boris Johnson wird sein Brexit-Deal sein, mit dem er für sich werben kann. Die allgemeine Brexit-Müdigkeit wird dann noch der große Unsicherheitsfaktor bei den Wahlen werden, analysiert De Morgen.
Ein unüberwindlicher Graben
Ein Gericht in Brüssel hat gestern entschieden, dass über den Kindermörder Marc Dutroux ein neues psychiatrisches Gutachten erstellt werden soll. Abhängig von dem Ergebnis des Gutachtens könnte es ein wichtiges Element für die Dutroux-Anwälte werden, um eine vorzeitige Haftentlassung ihres Mandanten zu beantragen.
Dazu meint L'Avenir: Die Chance, dass Dutroux eines Tages wirklich wieder freigelassen wird, ist äußerst gering. Selbst, wenn die Justiz jetzt wirklich bereit ist, das Dossier Dutroux durch die Erstellung des Gutachtens wieder zu öffnen, bedeutet das nicht, dass die Justiz auch bereit ist, ihn freizulassen. Denn der Graben zwischen dem, was das Gesetz vorschreibt, und dem, was ein großer Teil der Bürger empfindet, scheint immer noch unüberwindlich, hält L'Avenir fest.
Gazet van Antwerpen kritisiert: Die gestrige Entscheidung des Gerichts ist schwer zu verdauen. Dutroux hat es nicht verdient, dass man sich erneut mit ihm beschäftigt. Er ist ein gefährlicher Psychopath und sein ganzes Verhalten bis hin zu dem, was man zwischendurch an Neuigkeiten von ihm aus dem Gefängnis hört, spricht dafür, dass er sich kein bisschen geändert hat. Die Erstellung des neuen Gutachtens ist kein Dienst am Rechtsstaat. Sie ist vielmehr eine weitere Qual, die den Opfern von Dutroux und ihren Familien zugemutet wird, schimpft Gazet van Antwerpen.
Verantwortungsvoll ist das nicht
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich mit dem Nothaushalt für die Monate November und Dezember, über den am Donnerstag in der Kammer abgestimmt wird, und erinnert: Eine ungewöhnliche Koalition aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und Vlaams Belang will 67 Millionen Euro zusätzlich für den Gesundheitssektor durchdrücken. Natürlich muss man stutzig werden, wenn man diesen Schulterschluss sieht, gerade zwischen den beiden extremen Parteien am rechten und linken Rand.
Aber sowohl PTB als auch der Vlaams Belang zeigen dadurch guten politischen Instinkt. Es ist ein durchaus gutes Anliegen, für das sie sich stark machen. Dass das den Regierungsparteien, beziehungsweise den anderen Parteien der politischen Mitte nicht passt, ist deren Problem. Sie könnten solche Vorstöße vermeiden, indem sie sich endlich mal dazu aufraffen, eine neue Regierung zu bilden. Dann hätten sie die Mehrheit und könnten bestimmen, wofür Geld ausgegeben wird, empfiehlt Het Laatste Nieuws.
De Standaard weiß: Es ist zurzeit leicht für die Opposition in der Kammer, den Nikolaus zu spielen. Verantwortungsvoll ist das nicht. Denn mit dem Geld, das der Staat hat, muss umsichtig umgegangen werden. Die Regierung, die dafür eigentlich verantwortlich ist, ist allerdings machtlos. Um das maßlose Verteilen von Geschenken zu beenden, sollte schnellstmöglich eine handlungsfähige Regierung gebildet werden, fordert auch De Standaard.
Ein Erfolg trotz oder wegen Donald Trump?
La Libre Belgique kommt auf den Tod des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi zurück und führt aus: Dieses Erfolgserlebnis kommt für US-Präsident Donald Trump wie gerufen. Dass amerikanische Spezialeinheiten es geschafft haben, den IS-Anführer zu beseitigen, kann er als seinen Erfolg verkaufen. Das tut ihm auch deshalb gut, weil er sonst nicht viele Erfolge vorweisen kann.
Und auch wenn er jetzt sagt, dass die Welt durch den Tod von al-Bagdadi sicherer geworden sei, muss auf eine Umfrage von YouGov verwiesen werden: Darin sagen 27 Prozent der befragten Amerikaner, dass sie Trump als die größte Bedrohung für den Frieden in der Welt sehen. Noch vor Kim Jong-un, Wladimir Putin oder Xi Jinping, notiert La Libre Belgique.
L'Echo ist der Meinung: Trump stellt die Eliminierung von al-Bagdadi als seinen Erfolg dar. Dabei könnte es gut sein, dass die Wirklichkeit etwas anders aussieht: Im Pentagon gibt es Stimmen, die sagen, dass die Operation gegen al-Bagdadi trotz und nicht wegen Donald Trump gelungen ist. Der Rückzug der amerikanischen Truppen in Syrien, den der Präsident vor Kurzem veranlasst hatte, hätte die ganze Sache beinahe scheitern lassen, zitiert L'Echo die Quellen aus dem Pentagon.
Kay Wagner