"Stilvolles Familienfest", titelt Het Nieuwsblad. "Stolze Eltern", so die Schlagzeile bei Het Belang van Limburg. "Das Land kann auf mich zählen", zitieren gleichlautend La Libre Belgique und Gazet van Antwerpen Prinzessin Elisabeth auf ihren Titelseiten.
Die Thronfolgerin hat gestern ihren 18. Geburtstag gefeiert. Die Zeitungen freuen sich über ein gelungenes Fest und eine überraschend verantwortungsvoll auftretende Prinzessin.
Im Detail schreibt Le Soir: Es war beeindruckend, von dieser jungen Frau, deren Zukunft schon festgelegt ist, diesen überraschenden Satz zu hören: "Das Land kann auf mich zählen". Von diesem Satz und der Art, wie Elisabeth ihn aussprach, ging eine Kraft aus. Zumal ihn sehr wenige in diesem Land so in der Öffentlichkeit ausgesprochen hätten, zumindest wenn sie ehrlich wären.
Denn mit Blick auf die politische Klasse kann man feststellen, dass die Mitglieder der Regierung sich einer nach dem anderen aus dem Staub machen und niemand es mehr für nötig hält, sich für das Land aufzuopfern. Es ist umso bemerkenswerter, dass Elisabeth ihre Bereitschaft dazu an ihrem Geburtstag öffentlich angekündigt hat, lobt Le Soir.
Gelungener Auftritt oder altmodisches Korsett?
Gazet van Antwerpen kommentiert: Das war ein äußerst gelungener Auftritt der Prinzessin. Sie hat alles mit Bravour bestanden, ein gutes Bild abgegeben und Vorfreude auf ihre Zeit als Königin aufkommen lassen. Aber wird so eine Feier, wie wir sie gestern erleben durften, einer 18-Jährigen gerecht? Wer will sich schon mit 18 Jahren hinstellen und sagen: Das Land kann auf mich zählen? Vor allem, wenn du weißt, dass du selbst nicht auf dein Land zählen kannst.
Die N-VA, die größte Partei in Flandern, schickte keinen Gratulanten zur Feier. Die Mitglieder der Regierung lassen einer nach dem anderen ihre Verantwortung fallen. Ein Glück, dass wir zumindest auf Elisabeth zählen können, so Gazet van Antwerpen.
L'Avenir gibt sich kritisch: Mit großem Pomp wurde gestern die Volljährigkeit der Prinzessin gefeiert. Aber war das angebracht? Warum musste dieses Ereignis so hochgespielt werden, mussten zahlreiche Medien Sondersendungen dazu schalten? Für ein junges Mädchen, das wahrscheinlich erst in vielen Jahren Königin der Belgier werden wird?
Die Feier hat noch einmal deutlich gemacht, wie weit Elisabeth vom normalen Leben ihrer Altersgenossen entfernt ist. Wäre es nicht besser, die Prinzessin etwas mehr an diesem normalen Leben teilnehmen zu lassen, anstatt sie schon jetzt, wie gestern gesehen, in ein protokollarisches Korsett zu stecken? Die niederländische Königsfamilie schafft es, mit ihrer Zeit zu leben. Die belgische Monarchie hingegen wirkt weiterhin altmodisch und steif, urteilt L'Avenir.
"Normal ist das nicht"
Mit dem Abschied von Charles Michel als Premierminister beschäftigt sich Het Belang van Limburg: Jetzt verlässt also der Kapitän das sinkende Schiff, um ab dem 1. Dezember Vorsitzender des Europäischen Rates zu werden. Vorzeitig wohlgemerkt tritt Michel ab.
Und das ist mittlerweile ein gewohntes Bild, das man auf föderaler Ebene beobachten kann. Normal ist das nicht. Selbst auf der sinkenden Titanic hatte das Orchester noch den Anstand, bis zum Schluss zu spielen, ätzt Het Belang van Limburg.
Het Nieuwsblad stellt fest: Wenn Michel jetzt noch die Regierung verlässt, sind von den 18 Kabinettsmitgliedern, die vor fünf Jahren an den Start gegangen waren, nur noch sechs übrig. Und die Frage stellt sich: Wer soll jetzt das Ruder übernehmen? Ausrichten wird ein Übergangspremier sowieso nicht viel können. Denn wie schwierig es ist, dass die aktuelle Minderheitsregierung ordentlich weiter regieren kann, zeigt sich gerade beim Haushalt.
Der Not-Haushalt für die Monate November und Dezember ist bislang nicht angenommen worden, weil die Opposition zusätzliches Geld für das Gesundheitswesen fordert. Das Wort "Shutdown" macht schon die Runde, nächsten Donnerstag wird es zum Showdown kommen im Parlament. Wenn dann kein Haushalt für November beschlossen wird, droht ein Chaos, fürchtet Het Nieuwsblad.
So sieht es auch De Tijd und meint: Zwei Lehren sind aus dieser misslichen Situation rund um den Not-Haushalt zu ziehen. Erstens: In diesen außergewöhnlichen Zeiten ohne mehrheitsfähige Regierung sollte auch die Opposition ihre Verantwortung wahrnehmen, ihre parteipolitischen Spielchen lassen und zum Wohle des Landes handeln.
Zweitens: Eine neue Regierung muss jetzt wirklich bald kommen. Solche Probleme wie gerade mit dem Haushalt kann Belgien sich nun wirklich nicht leisten, weiß De Tijd.
Eine beängstigende Tendenz
La Libre Belgique blickt auf die Landtagswahlen im deutschen Thüringen am Sonntag und führt aus: Dem Bundesland geht es gut, und trotzdem rechnen Wahlbeobachter mit mindestens 20 bis 25 Prozent für die AfD. Und selbst die Menschen, die die AfD wählen wollen, sagen, dass es ihnen gut geht.
Das bedeutet, dass diese Menschen die AfD nicht aus dem alten Komplex der Ostdeutschen wählen. Nämlich aus dem Gefühl heraus, ungerecht behandelt zu werden. Sondern wegen der identitären und radikalen Identität der Partei. Das ist beängstigend zu sehen in dem Land, in dem die Nazis und die Kommunisten ihre Regimes aufbauen konnten. Gegen diese Tendenz muss unbedingt angegangen werden, fordert La Libre Belgique.
Kay Wagner